Gesundheitsfragen im BU Antrag (Fluguntauglichkeitsversicherung)

18. Februar 2019 21:43 |
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Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Ralf Hauser, LL.M.

Ich bin Pilot und muss jährlich zum medizinischen Dienst (innerhalb der Firma), um mein Medical zu bekommen. Dabei werden verschiedene Untersuchungen gemacht, um zu schauen, ob die Voraussetzungen zum Erhalt des Medicals erfüllt sind. Behandlungen erfolgen dabei nicht. Jetzt möchte ich eine Fluguntauglichkeitsversicherung abschließen, die bei Fluguntauglichkeit zahlen soll. Ich selber habe eine Hörstörung, die aber lizenzrechtlich momentan nicht relevant ist und auch nicht therapiebedürftig. Auch beruflich habe ich keine Einschränkungen. Zuletzt bin ich wegen dieser Vorerkrankung vor knapp zehn Jahren beim HNO-Arzt gewesen. Es fanden also in den letzten Jahren keine Behandlungen aufgrund dieser Störung statt.
Nun gibt es zwei Fragen im Antrag bzgl. der Ohren:
Abfragezeitraum beträgt 5 Jahre:
Anzugeben sind nur solche Erkrankungen, Störungen oder Beschwerden, wegen denen die zu versichernde Person bei einem Arzt oder Therapeuten in Behandlung war.
Bestanden in den letzten 5 Jahren oder bestehen bei Ihnen Krankheiten oder Störungen oder Beschwerden der Ohren?
Unter weitere Fragen kommt dann noch:
Haben Sie derzeit oder in den letzten 3 Monaten gesundheitliche Beschwerden im Bereich der Ohren, die nicht mit einer Untersuchung oder Behandlung durch einen Arzt oder Therapeuten verbunden waren.

Die erste Frage würde ich wahrheitsgemäß mit "Nein" beantworten, da ich in den letzten 5 Jahren nicht beim Arzt wegen einer Behandlung an den Ohren war.
Die zweite Frage würde ich auch mit "Nein" beantworten, zum einen habe ich keine Beschwerden, da mich diese Hörminderung nicht einschränkt. Zum Anderen war ich bereits vor Jahren damit beim Arzt, wird halt nur nicht mit der anderen Frage abgedeckt, da der Zeitraum auf 5 Jahre begrenzt ist.

Deshalb nun meine Fragen:
Interpretiere ich die Fragen richtig, und antworte ich dementsprechend wahrheitsgemäß?
Muss ich bei den Gesundheitsfragen mehr offenbaren als gefragt wird?

Mir ist bewusst, dass ich mich hier evtl. im Graubereich bewege, und hätte gerne gewusst, ob man eine reelle Chance vor Gericht hätte, sollte man die Fragen mit "Nein" beantworten, und der Versicherer versucht sich später aufgrund von Missachtung der vorvertraglichen Anzeigepflicht aus der Leistungspflicht zu entziehen?
Wäre es möglich zunächst den Versicherungsvertrag abzuschließen, dann darauf hinzuweisen, dass mein Ohrproblem nicht abgefragt wurde, die Reaktion des Versicherers abwarten, und dann evtl. vor Gericht ziehen?

Der Versicherungsmakler und laut seiner Aussage auch zwei Risikoprüfer sind der Meinung, dass ich es nicht angeben muss, hätte aber gerne obige Fragen einmal rechtlich geklärt.

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die Aussagen des Versicherungsmaklers und auch der Risikoprüfer sind meiner Ansicht nach falsch. Sollten Sie aufgrund von Problemen, die mit der Hörstörung in Verbindung stehen und diese nicht von Ihnen angegeben wird, fluguntauglich werden, wird die Versicherung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung bzw. arglistiger Täuschung nicht leisten.

Der Versicher fragt, ob Störungen im Bereich der Ohren vorhanden sind. Die Hörstörung liegt bei Ihnen vor, auch wenn sie derzeit keine Beschwerden verursacht oder nicht zur Fluguntaulichkeit führt. Dabei ist unbeachtlich, dass Sie wegen dieser Störung aktuell oder seit über 5 Jahren nicht mehr in Behandlung sind.

Deutlich wird durch die Fragen, dass nach „Vorschäden" gefragt werden, die bei Ihnen ja leider gegeben sind. Dass der Versicherungsmakler Ihnen sagt, dass Sie die Frage mit „Nein" beantworten können, wundert mich nicht. Wenn die Risikoprüfer der Ansicht sind, dass die Hörstörung unbeachtlich für das zu versichernde Risiko ist, könnten Sie die Störung auch unproblematisch angeben.

Ich rate Ihnen dringend davon ab, die Frage nach bestehenden Störungen der Ohren mit „Nein" zu beantworten. Im Leistungsfall müssten Sie damit rechnen, dass der Versicherer den Vertrag anfechtet oder vom Vertrag zurücktritt.
Sollten Sie mit „Nein" antworten, empfehle ich nicht, die Versicherung nachträglich zu informieren, weil diese sicher den Rücktritt erklären wird. Wenn allerdings nach Abschluß des Vertrages 10 Jahre vergangen sind, kann die Versicherung nicht mehr anfechten oder zurücktreten.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Hauser, LL.M. Versicherungsrecht)
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 21. Februar 2019 | 15:09

Nochmal nachgefragt:
Es ist mir bewusst, dass die Versicherung versuchen wird, aufgrund von vorvertraglicher Pflichtverletzung oder Arglist nicht zu leisten. Ich selber habe bereits seit über 15 Jahren eine Fluguntauglichkeitsversicherung, aber mit Ausschluss. Ich habe nun diese Versicherung gefunden, bei denen ich bei der Beantwortung der Fragen wahrheitsgemäß mit "Nein" antworten kann. Natürlich möchte die Versicherung Vorschäden genannt bekommen, aber muss ich nun alles offenbaren? Ich muss doch nur die Fragen wahrheitsgemäß beantworten, oder nicht? Die Versicherung fragt ganz klar, ob es Krankheiten, Schäden etc. gibt, die von einem Arzt innerhalb der letzten 5 Jahre behandelt wurden. Dies kann ich ohne lügen zu müssen, mit "Nein" beantworten.
Deshalb nochmal die Frage:
Wenn der Versicherer den Vertrag anfechtet oder kündigt, hätte ich eine Chance dagegen vor Gericht anzugehen?
Mir ist auch bewusst, dass eine solche Klage lange dauern kann.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 21. Februar 2019 | 18:17

Sehr geehrter Fragesteller,
Sie müssen das offenbaren, was offensichtlich für die Risikoeinschätzung der Versicherung von Bedeutung ist. Wenn laut Antrag tatsächlich nur Beschwerden oder vorliegende Störungen angegeben werden sollen, die in den letzten 5 Jahren ärztlich behandelt worden sind, kann man- wie Sie es wollen- alle Fragen mit "Nein" beantworten. Für mich deutet der Passus " oder bestehen bei Ihnen Krankheiten oder Störungen oder Beschwerden der Ohren?" darauf hin, dass hier nicht nur in den letzten 5 Jahren ärztlich behandelte Störungen gemeint sind. Eine Störung besteht ja unstreitig.
Ich bin der Ansicht, dass der Versicherer gute Aussicht auf Erfolg hat, den Vertrag anzufechten.
Es tut mir leid, dass ich Ihnen keine günstigere Auskunft erteilen kann. Aber ich greife auch auf meine umfangreichen Gerichtserfahrungen zurück.
Wenn Sie mögen, kann ich den Antrag aber auch im Ganzen mal prüfen. Vielleicht ergibt sich aus dem Kontext ein anderes Bild. Ich unterbreite Ihnen hierfür ein Angebot.

Beste Grüße
Ralf Hauser, LL.M. (Versicherungsrecht)
Rechtsanwalt

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