Lernplattform mit Fotos von Plakaten / Werbung / Dokumenten etc.

| 21. November 2016 13:35 |
Preis: 50€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Urheberrecht, Markenrecht, Patentrecht


Beantwortet von


07:07

Hallo!
Ich bin gerade dabei, eine Plattform zu entwickeln, auf der ich Lehrmaterial für Deutsch als Fremdsprache anbieten werde. Zusätzlich zu meinem eigenen Material möchte ich eine Rubrik "In Deutschland" erstellen, in der ich von mir selbst gemachte Fotos von Werbung / Schriftzügen, die man auf der Straße sehen kann sowie von Briefauszügen, abbilden möchte.
Zum Beispiel:
1. ein Schild von einem Bäcker, auf dem das Tagesangebot steht (mit Logo des Bäckers), oder ein Foto von einem Lieferwagen einer Tischlerei, auf dem die angebotenen Dienstleistungen aufgelistet sind, oder ein Sonderangebot eines Juweliers.
2. auch Teile von Briefen, z.B. einer Wahlbenachrichtigung, oder die Ankündigung einer Personalversammlung in der Kita.
3. dazu noch Nahaufnahmen von Verpackungen, z.B. die Beschreibung, die auf Brillenputztüchern steht, Inhaltsstoffe eines Kuchens, die Warnung auf einem Spülmittel etc. - jedoch ohne, dass der Markenname erscheint.
4. dann noch Zettel, die an die Haustüren gehängt werden - wie "Unterbrechung der Gasversorgung am…", "Ablesung Ihres Stromzählers", "Wartung der Warmwassergeräte", etc.
5. auch Informationen von Schaufenstern: "Wir haben Urlaub", Gewerbefläche zu vermieten", "Geschäftszeiten", "dieser Bereich wird Videoüberwacht", das Schild "kostenlose Parkplätze" von Lidl (einige mit und einige ohne Firmennamen / -logo).
6. Anzeigen, z.B. "Schlüssel verloren", "Wer braucht einen Babysitter", "Verkaufe meine Couch", an Bäumen oder in Supermärkten, teilweise handschriftlich…
Telefonnummern und Namen verdecke ich dabei immer.
Die Plattform wird auf der Basis von Mitgliedschaft sein, das heißt nur Mitglieder werden diese Fotos sehen können - mit Ausnahme einiger, die als Vorschau gezeigt werden sollen.
Verstoße ich damit gegen irgendwelche Gesetze oder Urheberrechte? Ich mache damit keine Werbung für die Produkte und ich möchte die Fotos nicht verkaufen - auf jedes der Fotos habe ich außerdem mein eigenes Logo gesetzt.
Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Hilfe.
Mit freundlichen Grüßen,

21. November 2016 | 14:49

Antwort

von


(2753)
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Das Abfotografieren ist urheberrechtlich gesehen eine Vervielfältigung, die Sie anschließend verbreiten bzw. veröffentlichen.

Diese Verwertungsrechte stehen ausschließlich dem Urheber zu, für die von Ihnen angedachte Nutzung benötigen Sie daher grundsätzlich eine Einwilligung des Urhebers. Allerdings sieht das Gesetz in § 59 UrhG hiervon eine Ausnahme vor, die so genannte Panoramafreiheit:

"Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben."

Hierunter fallen z.B. der bedruckte Lieferwagen und wohl auch fest auf Dauer angebrachte Schilder wie "Dieser Bereich ist videoüberwacht" oder "Kostenlose Parkplätze". Entscheidend ist, dass die Fotos ohne Hilfsmittel wie Leiter oder Teleobjektiv vom öffentlich zugänglichen Verkehrsraum (z.B. Strasse oder Bürgersteig) aus gemacht werden. Zudem müssen Sie bleibend angebracht sein.

Das Tagesangebot, der Urlaubshinweis oder die Zettel an den Haustüren fallen daher nicht unter die Panoramafreiheit, da diese nicht auf Dauer angebracht werden. Hier müsste geprüft werden, ob die Gestaltung oder der Inhalt des Zettels urheberrechtlich geschützt ist, also ausreichende individuelle Schöpfungshöhe im Sinne des § 2 Absatz 2 UrhG besitzt. Bei den Informationszetteln "Ablesung Ihres Stromzählers" wäre dies regelmäßig zu verneinen, bei einem Tagesangebot mit originellem Namen in Verbindung mit einer Grafik oder einem Logo kann dies aber anders aussehen und müsste im Einzelfall überprüft werden. Gleiches gilt für andere ausgehängte Anzeigen.

Auch Verpackungsbeilagen, Gebrauchsanweisungen etc. können im Einzelfall urheberrechtlich geschützt sein, in der Regel wird eine kurze Bechreibung ebenso wie ein Wahlbenachrichtigungstext aber keine ausreichende Schöpfungshöhe ausweisen. Bitte beachten Sie aber, dass auch eine originelle Gestaltung eines Textes geschützt sein kann. Lichtbilder sind immer geschützt.

Neben den Urheberrechten haben Sie auch die Persönlichkeitsrechte zu beachten. Daher sollten personenbezogene Daten wie Namen und Telefonnummer, aber auch Autokennzeichen und Hausnummern aus den Fotos entfernt werden.

Kurz gesagt: In den meisten der von Ihnen genannten Fälle wird unter Berücksichtigung meiner obigen Ausführungen die von Ihnen geplante Nutzung zulässig sein, insbesondere für eine rein mitgliederinterne Nutzung. Sind Sie sich unsicher, sollten Sie um eine Einwilligung bitten; also z.B. den Ladenbesitzer fragen, ob Sie ein Foto von seinem Schaufenster für das von Ihnen geplante Projekt nutzen dürfen.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

Rückfrage vom Fragesteller 24. November 2016 | 00:12

Vielen herzlichen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Frage.
1. Das heißt also, dass ich, wenn es sich um auf Dauer angebrachte Schilder / bleibende Werbung handelt, auch Logos / Grafiken auf den Fotos zeigen dürfte, richtig?
2. Bei saisonal wechselnder Schaufensterbeklebung wäre das jedoch nicht der Fall, oder?
3. Müssen Hausnummern auch aus dem Foto genommen werden, wenn kein Straßenname oder Ort erkenntlich ist?
4. Wenn in einem Text nur ein Vorname erwähnt wird, ohne dass er einer bestimmten Person zugeordnet werden könnte, muss ich ihn auch entfernen?
5. Wie verhält es sich bei Werbeflyern, die in den Briefkasten geworfen werden oder bei Benachrichtigungen von DHL ("Ihre Sendung ist da" - wenn sämtliche Personennamen entfernt werden)? Können hier Logos / Grafiken mitfotografiert werden?
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen,

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. November 2016 | 07:07

Vielen Dank für Ihre Nachfragen.

1. Das ist korrekt, wenn Sie vom öffentlichen Verkehrsraum aus fotografieren.

2. Ebenfalls korrekt, hier fehlt es am Merkmal "bleibend".

3. Nein.

4. Ein gängiger Vorname muss nicht entfernt werden.

5. Bei Werbeflyern müsste dies im Einzelfall geprüft werden, da diese oftmals urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Bei der Benachrichtigung von DHL habe ich dagegen keine Bedenken

Mit freundlichen Grüßen
Jan Wilking, Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 24. November 2016 | 00:13

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Jan Wilking »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 24. November 2016
5/5,0

ANTWORT VON

(2753)

Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Internet und Computerrecht, Vertragsrecht, Kaufrecht, Urheberrecht, Arbeitsrecht, Wettbewerbsrecht, Medienrecht, Miet- und Pachtrecht