Sehr geehrter Mandant,
gerne möchte ich versuchen, auf Basis Ihrer Angaben ein wenig "Licht ins Dunkel" zu bringen.
Ich gehe zunächst einmal davon aus, dass sich die von Ihnen angesprochenen Ermittlungen vornehmlich gegen die Verantwortlichen bei der Unternehmensberatung richten, die für das (zivilrechtliche und insolvenzrechtliche) Ergebnis Ihrer GmbH zur Verantwortung gezogen werden sollen.
In diesem Zusammenhang sprechen Sie selbst von Betrug und das ist auch der Deliktsbereich, den ich nach Ihrer Zusammenfassung der - sicherlich bereits sehr umfangreichen - Abläufe als berührt sehe.
Darüber hinaus sprechen Sie von Bedrohungen und dem Zerstechen Ihrer Autoreifen, das Sie - verständlicher Weise - gleichfalls als Bedrohung aufgefasst haben.
Wie die Bedrohungen im übrigen aussahen, kann ich Ihrer Schilderung noch nicht entnehmen.
Selbstverständlich haben Sie als Anzeigenerstatter, der hier zugleich auch Zeuge und Opfer von möglichen Straftaten geworden ist, die Möglichkeit, Ihre Rechte auch im laufenden Ermittlungsverfahren wahrzunehmen:
1.
So lange Sie "nur" Zeuge sind, haben Sie leider nach der herrschenden juristischen Auffassung kein Recht auf Einsichtnahme in die Ermittlungsakte. Eine solche Aktenkenntnis wäre allerdings sinnvoll, um effektiv auf den Lauf des Verfahrens einwirken zu können. Ohne diese Aktenkenntnis würden Sie nach erfolgter Anzeige die Rolle eines Beobachters einnehmen, der erst in einer möglichen mündlichen und öffentlichen Verhandlung vor einem Strafgericht wieder Einsicht in die Dinge hätte.
2.
Ein Akteneinsichtsrecht bestünde für Sie allerdings, wenn Sie als Nebenklagevertreter beigeordnet würden. Eine solche Beiordnung sieht das Gesetz in § 395 StPO
vor. Danach werden vornehmlich die Opfer von Gewaltdelikten wie etwa Mord, Totschlag und Vergewaltigung dem Verfahren als Nebenklagevertreter beigeordnet.
3.
Für andere Delikte, die dort nicht benannt sind, ist eine Beiordnung nur nach § 395 Abs. 3 StPO
im Ausnahmefall möglich. Danach müssen für die Beiordnung besondere Gründe vorliegen, die zum Beispiel auch in den erlittenen Folgen der Tat liegen können.
Rein theoretisch kann eine Zulassung zur Nebenklage also auch bei einem Betrugsopfer grundsätzlich in Frage kommen. Es ist allerdings zu beachten, dass alleine ein durch die Tat erlittener finanzieller Verlust hierfür nicht ausreichend ist. Der Bundesgerichtshof hatte bereits mit Fällen von Betrug zu tun, bei denen er eine Beiordnung des Opfers zur Nebenklage abgelehnt hat.
Ob diese ausnahmsweise deshalb zugelassen wird, weil die Tat geradezu existenzvernichtende Folgen hatte, ist eine Entscheidung, die richterlich im Einzelfall zu treffen ist. Ob dies in Ihrem Fall in Frage kommt, muss anhand der Akte geprüft werden, was mir in diesem Rahmen mithin nicht möglich ist.
4.
Sollte eine Beiordnung als Nebenkläger für Sie in Frage kommen, kann diese auch bereits im laufenden Ermittlungsverfahren erfolgen, "offiziell" erfolgen kann sie zwar erst im Gerichtsverfahren. Allerdings hätten Sie bereits im Laufe der Ermittlungen umfangreiche Teilhaberechte.
So könnten Sie beispielsweise Beweisanträge stellen, unter Umständen an Zeugenvernehmungen teilnehmen und den Akteninhalt einsehen.
Alle diese Rechte könnten Sie gemeinsam mit einem Rechtsanwalt wahrnehmen, der Ihnen als Opfervertreter beigeordnet würde.
5.
Zu Ihrer finanziellen Situation ist zu sagen, dass die Kosten eines solchen Opferanwalts unter Umständen im Wege der Prozesskostenhilfe von der Staatskasse übernommen werden können.
Dafür müsste die Sach- und Rechtslage schwierig sein, so dass Sie sich ohne fachkundigen Rat nicht alleine effektiv helfen können. Außerdem müssen Sie Ihre finanzielle Bedürftigkeit nachweisen.
Erfolgt eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht, müssen Sie die Ihnen entstehenden Kosten eines beauftragten Anwalts schlimmstenfalls selbst tragen.
6.
Es ist grundsätzlich möglich, dass Sie Ihre zivilrechtlichen Ansprüche gegen die am Ende des Ermittlungsverfahrens festgestellten Verantwortlichen in einem Adhäsionsverfahren geltend machen.
Dies läuft so ab, dass Sie bei dem Gericht, an dem der Strafprozess läuft, einen schriftlichen Antrag hierauf stellen. Dieser muss die konkret geltend gemachte Entschädigung in der Höhe, deren Begründung und auch die hinzugezogenen Beweismittel, z. B. in Form von Ihren Unterlagen enthalten.
Weitere Voraussetzung ist, dass Sie diese zivilrechtlichen Ansprüche noch vor keinem anderen Gericht geltend gemacht haben.
Hieran habe ich auf Basis Ihrer Schilderung allerdings Zweifel. Wenn ich Sie korrekt verstehe, hat es bereits einen Zivilprozess gegen die Unternehmensberatung gegeben, den Sie eingeleitet haben.
Sollte ich dies falsch aufgefasst haben, wäre ein Adhäsionsantrag Ihrerseits im laufenden Strafverfahren zu jeder Zeit zulässig.
7.
Eine anwaltliche Vertretung in diesem Rahmen ist nicht vorgesehen. Allerdings empfiehlt es sich, sich jedenfalls bei der Abfassung der Antragsschrift rechtlich beraten zu lassen. Sofern Sie die Option einer Nebenklagevertretung wählen und die Beiordnung erfolgreich durchsetzen können, kann Ihr Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin selbstverständlich auch die Führung des Adhäsionsverfahrens übernehmen. Auch die hierfür entstehenden Mehrkosten können im Rahmen einer bewilligten Prozesskostenhilfe mit abgedeckt werden.
Vorteil eines solchen Verfahrens ist für Sie als Opfer eine eintretende Beschleunigung dadurch, dass ein weiteres Verfahren vermieden werden kann.
Außerdem besteht seitens des Angeklagten oft ein hohes Interesse daran, an einer entsprechenden Entschädigung des Opfers mitzuwirken, insbesondere auch, um die eigene Bestrafung positiv zu beeinflussen.
Weiterhin ist erwähnenswert ist, dass auch bei einer Ablehnung des Adhäsionsverfahrens durch das Strafgericht der Weg zu den Zivilgerichten nicht verschlossen ist. Sie "vertun" sich damit also keine Chance.
8.
Abschließend würde ich Ihnen daher in jedem Fall dazu raten, einen Kollegen oder eine Kollegin vor Ort aufzusuchen und unter Vorlage der Ihnen zur Verfügung stehenden Dokumente prüfen zu lassen, ob eine Nebenklagevertretung und ein Adhäsionsverfahren, gegebenenfalls mit Hilfe von Prozesskostenhilfe, in Frage kommen.
Des Weiteren empfehle ich Ihnen, das Mandat von vorne herein zunächst auf diese Überprüfung zu beschränken und mögliche weitere Schritte erst später in Auftrag zu geben. Im Regelfall ist es auch kein Problem, insoweit ein festes Pauschalhonorar zu vereinbaren, damit sich Ihre Kosten im Rahmen halten und für Sie abschätzbar bleiben.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen einen ersten Überblick über Ihre rechtlichen Möglichkeiten geben konnte. Für eventuelle Verständnisfragen nutzen Sie bitte die hierfür vorgesehene Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Fritsch,
vielen Dank für die sehr umfangreiche Beantwortung meiner Frage.
Die angesprochene Anzeige und die daraus resultierenden Ermittlungen beschränken sich nicht nur auf die Unternehmensberatung. Vielmehr sind darin auch explizit die Commerzbank eingeschlossen, sowie die MBG Sachsen. Ohne deren aktives und passives Zutun (nicht sehen wollen) wäre der Betrug und alles Drumherum unmöglich gewesen! Ebenfalls darin involviert ist ein Rechtsanwalt.
Auch liegen prozessuale Äußerungen/Einlassungen der Unternehmensberatung vor (zivilrechtlich und als Schriftsatz für das Gericht), die die anderen Parteien schwer belasten.
Kurz: Am Betrug sind definitiv mehrere Parteien beteiligt und haben den Gesamtschaden mehr oder weniger gemeinschaftlich verursacht. In der Folge wurden auch Ermittlungen bezüglich Bestechung/Bestechlichkeit/Korruption/gegenseitige Vorteilsnahme angeregt.
Eine entscheidende Frage wurde in diesem Zusammenhang noch nicht beantwortet. Diese ist wichtig hinsichtlich des Schrittes einer möglichen Privatinsolvenz!
Kann ich Zurückbehaltung ausüben und so die Forderungen nach Einlösung von Bürgschaften etc. zurückweisen?? Nochmals kurz: Alle Forderungen resultieren aus dem Kreditgeschäft (identisches Rechtsgeschäft), bei dem betrogen und manipuliert wurde, unter aktiver Mitwirkung der Commerzbank (Filialleiter einer Gebietsfiliale) sowie der MBG Sachsen (nachgewiesen und auch so durch die Unternehmensberatung geäußert)? Auch bestehen ernsthafte und begründete Zweifel an der Echtheit diverser Erklärungen. Angeforderte Kopien von Unterlagen wurden mir von allen Seiten bisher verweigert.
Vielen Dank!
Sehr geehrter Mandant,
die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind erst einmal rechtlich unabhängig von den zivilrechtlichen Fragen nach dem Bestehen oder Nichtbestehen der Forderungen gegen Sie.
Eventuell mögen aber Anfechtungsgründe in Frage kommen, die Ihnen die Möglichkeit geben, die rechtlichen Grundlagen der Verträge anzufechten. Auch dies kann man prüfen.
Ebenfalls in Frage kommen können Ihrerseits Schadensersatzansprüche gegen die beteiligten Stellen, mit denen Sie aufrechnen können.
Diese müssten Sie dann für den Fall, dass die Bank und die anderen Beteiligten ihrerseits gegen Sie vorgehen würden, natürlich nachweisen können.
Da Sie von schriftlichen Belegen sprechen, wird die Lage für Sie insofern günstig liegen.
Die Einzelheiten müssten natürlich geprüft werden, aber so wie Sie die Situation schildern, würde ich durchaus davon ausgehen, dass eine Zurückweisung von gegen Sie geltend gemachten Forderungen erfolgversprechend sein dürfte.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin