Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Maßgeblich sind zum einen die Vorschriften des Sächsischen Nachbarrechtsgesetzes (SächsNRG), zum anderen die allgemeinen Vorschriften aus dem BGB.
Das SächsNRG regelt in § 9, dass Bäume und Sträucher, die über 2 m hoch sind, mindestens 2 m Abstand zur Grundstücksgrenze haben müssen. Bei bis zu 2 m genügt ein Grenzabstand von 0,5 m. Da die Lebensbäume bereits 3,50 m hoch sind, wäre also ein Grenzabstand von 2 m erforderlich. Dieser ist nicht eingehalten, wenn die Bäume auf der Grundstücksgrenze stehen. Das wäre daher auch dann der Fall, wenn die Bäume noch unter 2 m wären, da dann ebenfalls ein Abstand von 0,5 m erforderlich wäre. Weitere Regelungen zu Maximalhöhen enthält das SächsNRG nicht. Würden die Bäume also 2 m von der Grenze wegstehen, gäbe es keine Begrenzung in der Höhe nach oben.
Der Nachbar kann daher also erstmal grundsätzlich das Zurückschneiden oder sogar die Beseitigung der Bäume verlangen, § 14 SächsNRG. Dieser Anspruch verjährt allerdings nach § 31 SächsNRG innerhalb von 3 Jahren seit Kenntnis der Störung. Es besteht dann ein gewisser Bestandsschutz.
Allerdings kann Ihr Nachbar den Anspruch nach § 14 SächsNRG nur dann geltend machen, wenn das SächsNRG für ihn überhaupt gilt. Und das ist dann nicht der Fall, wenn er lediglich Pächter des Grundstücks ist. Denn nach § 1 SächsNRG gilt das Gesetz nur für Grundstückseigentümer, Erbbauberechtigte und Nutzer nach dem Sachenrechtsänderungsgesetz, nicht aber für Mieter oder Pächter. Diese sind lediglich dazu verpflichtet, sich ihrerseits so zu verhalten, dass nicht ihr Vermieter oder Verpächter von einem beeinträchtigten Nachbarn in einen Rechtsstreit verwickelt werden kann. Der Pächter selbst kann aber keinen Anspruch gegen Sie aus dem Nachbarrechtsgesetz geltend machen. Dieser Anspruch steht dem Eigentümer, also dem Verpächter des Grundstücks gegen Sie zu. Der Pächter muss sich also insoweit an seinen Verpächter wenden.
In Betracht kommt aber ein Anspruch Ihres Nachbarn nach den allgemeinen Bestimmungen des BGB. Möglich ist ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1
, 1004 BGB
. Dieser so genannte quasi-negatorische Anspruch schützt analog auch die durch § 823 Abs. 1 BGB
geschützten Rechtsgüter, wozu auch der Besitz gehört. Erforderlich für diesen Anspruch ist eine fortdauernde gegenwärtige Beeinträchtigung des Besitzes durch Sie. Eine solche Beeinträchtigung kann auch die Vermoosung des Grundstücks darstellen, wobei es hierbei darauf ankommen dürfte, wie weit diese fortgeschritten ist, welche Ausmaße hat sie hat und welche Folgen sich daraus ergeben (können). Im Urteil 3 O 140/10
vom 10.09.2010 hat das LG Dortmund jedenfalls schon einmal einer Beseitigungsklage aufgrund Vermoosung stattgegeben.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Krüger-Fehlau
Rechtsanwältin
Liebe Frau Krüger-Fehlau,
vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort. Ich habe das so verstanden, dass das Zurückschneiden nicht verlangt werden kann, da die Bäume vor 10 Jahren gemeinsam (also in Kenntnis) auf die Grundstücksgrenze gepflanzt wurden und der Nachbar nicht der Eigentümer des Grundstücks ist. Der Eigentümer hat in Bezug auf die Baumhöhe keine Einwände.
Eine Beeinträchtigung durch Vermoosung kann auch deshalb nicht dargestellt werden, weil auch bei angenommen 2m Höhe der Bäume der Schatten, der dadurch entsteht, nicht weniger wäre, weil sich gleich daran das Gebäude anschließt und darauf ja kein Moos wächst (oder stört).
Herzliche Grüße und nochmals Danke.
Gerne beantworte ich Ihre Nachfrage:
Die Verjährungsfrist beginnt nicht mit dem Zeitpunkt der Anpflanzung, sondern dann, wenn Kenntnis von der Störung erlangt wird. Störung ist in diesem Fall das Überschreiten der Höchstgrenzen des § 9 SächsNRG. Nur wenn diese Höchstgrenzen überschritten werden, besteht ein Anspruch auf Zurückschneiden oder Beseitigung nach § 14 SächsNRG. Dieser Anspruch wiederum verjährt in 3 Jahren. Es kommt also darauf an, seit wann das Überschreiten der Höchstgrenzen bekannt ist.
Da Ihr Nachbar nicht Eigentümer, sondern nur Pächter ist, kann er keinen Anspruch aus dem SächsNRG geltend machen. Denn das Gesetz gilt nur zwischen den Eigentümern bzw. den anderen dort genannten Personen. Der Verpächter ist der Eigentümer und dieser müsste den Anspruch geltend machen. Es sei denn, er hat dem Pächter die Befugnis erteilt, diese Ansprüche in seinem Namen geltend zu machen. Wenn er aber nichts dagegen hat, ist das eher unwahrscheinlich.
Ob die Vermoosung tatsächlich eine konkrete Beeiträchtigung darstellt, muss im Streifall ein Sachverständiger beurteilen.
Mit freundlichem Gruß
A. Krüger-Fehlau
Rechtsanwältin