Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich - die Richtigkeit Ihrer Angaben vorausgesetzt - anhand der von Ihnen gemachten Angaben gerne wie folgt summarisch beantworten möchte:
Die Frage, ob die am 03.03.2006 geschlossene Vereinbarung den alten Mietvertrag ersetzt, ist eine Frage der Vertragsauslegung. Diese beurteilt sich im Wesentlichen danach, was in dieser neuen Vereinbarung dem Wortlaut nach geregelt ist und was die Parteien tatsächlich gewollt haben. Sollte die Vereinbarung vom 03.03.2006 ausschließlich die Kündigungsfrist neu regeln, so deutet bereits der reine Wortlaut darauf hin, dass Sie und Ihre Vermieter lediglich die Frage der Kündigungsfrist neu haben regeln wollen (andernfalls wären ja voraussichtlich noch andere Punkte wie Renovierung, Schönheitsreparaturen, Nebenkosten etc. geregelt worden) und dass die neue Vereinbarung die alten Verträge auch nur insoweit ersetzt. Es können auch Begleitumstände in die Auslegung einfließen, z.B. worüber die Parteien gesprochen haben, als sie die Vereinbarung geschlossen haben, welchen Hintergrund die neue Vereinbarung hatte (etwa eine Vereinfachung der Kündigung) etc. Sollte die Frage der Renovierung in den Begleitumständen keine Rolle gespielt haben, dann ist im Zweifel davon auszugehen, dass die alte Regelung durch die neue Vereinbarung nicht hat ersetzt werden sollen und dass die Parteien dies auch nicht wollten.
Die Frage, in welchem Zustand die Praxis zurückgegeben werden muss, schließt sich unmittelbar an die Frage der Auslegung der neuen Vereinbarung vom 03.03.2006 an. Gilt nämlich noch die alte Vereinbarung aus dem Jahre 1993, so muss man prüfen, welcher Zustand bei der Rückgabe der Praxis dem vertragsgemäßen Zustand entspricht. Hierbei wird ein Gericht im Zweifel den Text des Mietvertrages heranziehen und die Streichungen im Vertragstext würdigen. Dabei kommt es u.a. darauf an, ob die Streichungen von einer Person gemacht wurden, ob sie im beiderseitigen Einverständnis bei Vertragsabschluss oder einseitig von Vermieterseite danach erfolgten etc. Grundsätzlich kommt einem Mietvertrag als Privaturkunde nämlich im Prozess eine Beweiswirkung zu. Privaturkunden begründen nach § 416 ZPO
, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind. Demnach würde der Mietvertrag den Beweis dafür erbringen, dass Sie die Pflicht zur bezugsfertigen Übergabe bei Beendigung des Mietverhältnisses übernommen haben (weil der handschriftliche Zusatz „bezugsfertig“ quasi zuletzt angebracht und nicht durchgestrichen wurde). Diese Beweiswirkung einer Privaturkunde kann jedoch nach § 419 ZPO
dadurch abgeschwächt werden, dass Durchstreichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel die Beweiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise aufheben oder mindern. Das Gericht entscheidet hier nach freier Überzeugung. Auf gut deutsch: Sie sind in einem Prozess darauf angewiesen, dass das Gericht einer der Parteien glaubt. Inwieweit dies der Fall ist, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalles (z.B. der Darlegung von Verhandlungen während der Vertragsunterzeichnung, die mehrere Streichungen erforderlich gemacht haben) und welchen Vortrag die Gegenseite bezüglich der Streichungen macht. Die endgültige Würdigung kann dabei je nach Gericht vollkommen unterschiedlich ausfallen und ist nicht vorhersehbar, so das man Ihre Frage leider - so unbefriedigend das jetzt für Sie sein mag - nicht abschließend beantworten kann.
Bitte beachten Sie, dass Sie Ihren Mietvertrag hier nur auszugsweise wiedergegeben haben. Die rechtliche Beurteilung des Falles kann sich erheblich ändern, wenn in dem Vertrag selbst anderweitige Vereinbarungen (z.B. über die Durchführung von Schönheitsreparaturen oder anderen Verpflichtungen) enthalten sind, von denen ich bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage derzeit keine Kenntnis habe. Eine abschließende Prüfung Ihrer Rechtsfrage ist daher nur möglich, wenn dem antwortenden Anwalt der gesamte Mietvertrag zur Einsicht vorliegt.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Prüfung der Rechtslage eine erste rechtliche Orientierung vermittelt zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern ausschließlich dazu dient, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Sofern Sie eine abschließende Beurteilung Ihres Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem konkret zu erörtern. Bitte beachten Sie, dass bei dieser Vorgehensweise weitere Kosten für die Beratung anfallen.
Gerne bin ich auch bereit, die weitere Vertretung und Beratung in der Angelegenheit für Sie zu übernehmen. Sie können mich jederzeit für eine weitere Beauftragung kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Herzliche Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Es ist noch ein kurzer Passus bzgl. Schönheitsreparturen im alten Vertrag. Im Wortlaut: "Die Schönheitsreparaturen und Ersatz von Glasscheiben und Spiegeln übernimmt der Mieter auf eigene Kosten, sofern sie die gemieteten Räume betreffen." Kann das bedeuten, daß ich die Renovierung nicht machen muß, da ich ja erwiesenermaßen beim Einzug renoviert habe?
Welche Gebühren kämen auch mich zu, wenn ich Ihnen eine Kopie des kompletten Mietvertrags mit Zusatzvereinbarungen zur Prüfung schicken würde?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworten möchte:
Die Frage, ob Sie zu einer Renovierung verpflichtet sind, lässt sich ebenfalls nur anhand des Mietvertrages in seiner Gesamtheit überprüfen. Denn Schönheitsreparaturen sind grundsätzlich etwas anderes als eine Renovierung und können durchaus neben einer solchen vereinbart werden (so dass die von Ihnen zitierte Klausel nicht bedeuten muss, dass auf eine Renovierung verzichtet wird).
Ergänzend zu meiner Ausgangsantwort möchte ich darauf hinweisen, dass auch der Begriff „bezugsfertig“ nicht auf eine Endrenovierung hindeuten muss. Die Mietsdache muss hier regelmäßig lediglich so verlassen werden, dass ein Nachmieter jederzeit einziehen kann.
Sie können mich gerne wegen einer weiteren Prüfung des Mietvertrages telefonisch kontaktieren, wir besprechen dann die Einzelheiten.
Ich hoffe, Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen