Begrifflichkeiten im Kaufvertrag

15. August 2013 13:43 |
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Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt C. Norbert Neumann

Zusammenfassung

Verträge und Willenserklärungen sind nach Treu und Glauben, mit Rücksicht auf die Verkehrssitte und dem wirklichen Willen der Parteien auszulegen (§§ 133, 157 BGB). "Brandschutzmauer" als Gebäudeabschlusswand zum Nachbarreihenhaus ist als Brandwand im Sinne der Bauordnung auszulegen.

Hallo,

ein Kaufvertrag über ein Reihenhaus wurde abgeschlossen. Verkäufer und Käufer einigen sich vorher, dass auf Kosten des Verkäufers eine Brandschutzmauer erstellt werden muss.
Dies wurde auch als Zusatzpunkt im Kaufvertrag aufgenommen.
Kaufvertrag ist in der Zwischenzeit notariell erledigt. Nun stellt sich heraus, dass die Kosten für eine Brandschutzmauer bezgl. der Kosten nicht im Verhältnis zur Immobilie stehen und es wurde stattdessen vom Verkäufer eine Wohntrennwand erichtet, die auch den baurechtlichen Anforderungen genügt.
Käufer besteht aus diversen Gründen auf Mauer, Verkäufer sieht keine Notwendigkeit, da das Wort im Vertrag "Brandschutzmauer" nicht existiere und damit hat er eine keine Brandwand sondern nur eine Wohnungstrennwand mit feuerhemmender Wirkung gemeint.
Der korrekte technische Begriff wäre in diesem Zusammenhang Brandwand gewesen.. Wie ist dieser Sachverhalt der Begrifflichkeiten zu werten?

Beste Grüße


Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer vertraglichen Willenserklärung der wirkliche Wille zu ermitteln und nicht an dem buchstäblichen Ausdruck zu haften. Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Wie Sie richtig ausführen, gibt es lediglich die Begriffe "Brandwand" und "Trennwand", die rechtlich definiert sind. Der Begriff "Brandschutzmauer" hat keinen eindeutig definierten Inhalt. Es kommt also darauf an, was bei Abschluss des Vertrages von beiden Parteien übereinstimmend gewollt war, bzw. wie der andere Teil Ihre abgegebene Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auffassen musste.

Hierbei ist davon auszugehen, dass nach dem Inhalt des Vertrages nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zumindest eine den gesetzlichen Brandschutzvorschriften entsprechende Abschlusswand zum Nachbarhaus gewollt war.

Nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 der Hessischen Bauordnung sind Brandwände herzustellen zum Abschluss von Gebäuden, bei denen diese Abschlusswände an der Nachbargrenze errichtet werden. Dies ist bei Reihenhäusern der Fall. Die Bauteile, aus denen Brandwände bestehen, müssen feuerbeständig und aus nicht brennbaren Baustoffen sein (§ 27 Abs. 4 Nr. 3 Hess.BO). Ferner müssen sie den Anforderungen nach Nr. 4 der Anlage zu § 13 Abs. 2 Satz 1 Hess.BO entsprechen, also Brandschutz der Stufe F90-A+M sowie nach DIN 4102 eine Dicke von 24 cm haben.

Demgegenüber befinden sich Trennwände zwischen "Nutzungseinheiten" bzw. Nutzungseinheiten und "anderen Räumen" (§ 26 Abs. 1 Hess.BO). Dies bezieht sich auf Räume und Nutzungseinheiten innerhalb eines Gebäudes. (In § 2 Abs. 3 Hess.BO werden Nutzungseinheiten als Unterteilungen eines Gebäudes genannt.) Eine Trennwand ist aber nicht als Gebäudeabschlusswand an der Grundstücksgrenze zulässig.

Der Begriff "Brandschutzmauer" im Vertrag ist, soweit die Mauer als Abschlusswand zum Nachbarhaus errichtet wird, als "Brandmauer" im Sinne des § 27 Hess.BO, Anlage 1 Nr. 4 zu § 13 Abs. 2 Satz 1 Hess.BO auszulegen.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Carsten Neumann, Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 15. August 2013 | 15:44

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

danke für Ihre schnelle Antwort und die Ergänzung.
Eine Brandwand ist in dem vorliegendem Fall nicht bautechnisch vorgeschrieben. Trennwand ist ausreichend nach der Bauordnung.
Dieser Sachverhalt ist aber erst kürzlich bei Hinzuziehen eines Experten aufgedeckt worden während der Planung der besagten "Brandschutzmauer". Dies kommt den Verkäufer natürlich entgegen und und argumentiert nun, dass dies eigentlich sein Wille war.
Kann der Käufer dennoch auf Erfüllung hoffen und wie stehen seine Chancen und wäre dies evtl. ein Grund für eine Rückabwicklung?

Mit freundlichen Grüßen
Der Fragesteller

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. August 2013 | 16:10

Sehr geehrter Fragesteller,

"Brandschutzmauer" kann sowohl Brandwand als auch feuerhemmende Trennwand bedeuten; m.E. kann dem Begriff im Weg der Vertragsauslegung kein weitergehender Inhalt beigelegt werden, als was nach den brandschutzrechtlichen Vorschriften erforderlich ist, wenn ansonsten im Sachverhalt keine Anhaltspunkte für einen anderweitigen Willen der Vertragsparteien ersichtlich sind.

Nur vorsorglich erlaube ich mir den Hinweis, dass nach dem von Ihnen mitgeteilten Sachverhalt eine Brandwand nach der Bauordnung erforderlich ist. In diesem Fall hat der Käufer ein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag, wenn sich der Verkäufer weigert, innerhalb einer angemessenen, ihm zu setzenden Frist eine Brandwand einzubauen. Wenn vorliegend dennoch - warum auch immer - keine Brandwand erforderlich sein sollte, wie der hinzugezogene "Experte" meint, dann ist dem Verkäufer keine mangelhafte Vertragserfüllung vorzuwerfen, so dass der Käufer in diesem Fall kein Rücktrittsrecht vom Vertrag hat.

Mit freundlichen Grüßen,
Neumann
Rechtsanwalt

Ergänzung vom Anwalt 15. August 2013 | 15:21

Das Kalkulationsrisiko hinsichtlich der Baukosten bei einem gemischten Hauskauf- und Bauvertrag trifft den Verkäufer. Der Käufer als fachlicher "Laie" kann gar nicht einschätzen, welche Kosten für eine Brandwand einkalkuliert werden müssen.

Die zu hohen Kosten einer Brandmauer können daher im Rahmen der Vertragsauslegung nicht gegen eine Brandmauer ins Feld geführt werden.

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