Sehr geehrter Herr,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage, die ich wie folgt nach Ihren Angaben und Einsatzes beantworten möchte:
Für Vereinsstrafen (in Form des Vereinsausschlusses) gibt es keine gesetzlichen Grundlagen.
Die rechtliche Grundlage bildet daher die Satzung.
Die Ausschlussgründe müssen eindeutig sein, aber auch Generalklauseln sind zulässig (z. B. "schwere Verstöße gegen die Satzung", "vereinsschädigendes Verhalten", "Schädigung des Ansehens des Vereins").
Bei dem Vereinsausschluss selbst muss jedoch detailliert angegeben werden welches vereinsschädigende Verhalten sich der Auszuschließende hat zuschulden kommen lassen.
Sie müssen also im Einzelnen die von Ihnen beschriebene „Rufmordkampagne“ detailliert darlegen und ausführen, dass der Vorstand seinen geschäftlichen Belangen kaum noch nachkommen kann, weil sich dieser permanent den Angriffen der Auszuschließenden erwehren muss.
Das Ausschlussverfahren selbst wird durch die Satzung geregelt und meist durch Antrag eingeleitet.
Antragsteller kann dabei jedes Mitglied sein.
Zuständig für das Verfahren ist das dafür in der Satzung benannte Organ, im vorliegenden Fall also der Vorstand.
Die erforderliche Mehrheit für den Ausschluss richtet sich ebenfalls nach der Satzung. Fehlt hier eine Regelung, gelten die allgemeinen Vorschriften für die Beschlussfassung bzw. nach BGB die einfache Mehrheit.
Gesetzliche Verfahrensvorschriften für den Ausschluss selbst gibt es nicht.
Das betroffene Mitglied hat im Verfahren gegenüber dem Verein jedoch einen Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG
). D. h., das Mitglied muss in geeigneter Form angehört werden und Gelegenheit erhalten, sich zu den erhobenen Vorwürfen zu äußern bzw. zu rechtfertigen; dies kann in der Regel durch eine schriftliche Stellungnahme des Mitglieds geschehen. Wird dieser Anspruch verletzt, ist der Ausschließungsbeschluss rechtswidrig und damit unwirksam.
Wichtig ist die Protokollierung des Beschlusses, um eine Überprüfung zu ermöglichen.
Wirksam wird der Ausschluss mit Zugang des Beschlusses an das Mitglied.
Soweit in der Vereinssatzung die Möglichkeit vorgesehen ist, dass Vereinsstrafen vereinsintern überprüft werden können, treten der Ausschluss erst ein, wenn die in der Satzung bezeichnete (hilfsweise eine angemessene) Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs ungenutzt verstrichen ist. Wird ein Rechtsbehelf eingelegt, hat dieser auch wenn dies in der Satzung nicht ausdrücklich vorgesehen ist eine aufschiebende Wirkung. Die Ausschlussentscheidung wird daher erst dann wirksam, wenn auch das vereinsinterne Überprüfungsverfahren den Ausschluss aus dem Verein bestätigt und die Entscheidung dem Mitglied bekannt gegeben wurde.
Die aufschiebende Wirkung des vereinsinternen Rechtsbehelfs entfällt nur, wenn dies in der Satzung des Vereins ausdrücklich bestimmt ist.
Die ordentlichen Gerichte können erst dann um die Überprüfung des Ausschlusses ersucht werden, wenn das vereinsinterne Verfahren (sofern eines besteht) erfolglos durchlaufen wurde.
Eine Klage vor den ordentlichen Gerichten hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn dies ausdrücklich in der Satzung bestimmt ist. Hebt ein staatliches Gericht den Vereinsausschluss auf, gilt auch hier die Vereinsmitgliedschaft als nicht unterb
ochen. Zwischenzeitlich ergangene Beschlüsse der Mitgliederversammlung behalten jedoch ihre Gültigkeit.
Sieht die Satzung vor, dass eine Strafentscheidung durch ein Schiedsgericht im Sinne §§ 1025 ff. ZPO
überprüft werden kann, wird die Ausschlussentscheidung unmittelbar mit Bekanntgabe an das betroffene Mitglied wirksam. Soweit die Satzung nichts anderes bestimmt, hat die Anrufung eines Schiedsgerichts im Gegensatz zur vereinsinternen Prüfung keine aufschiebende Wirkung. Rechtlich ist dies unproblematisch, wenn die Entscheidung des Schiedsgerichts den Ausschluss bestätigt. Schwierigkeiten bestehen hingegen, wenn die Vereinsentscheidung aufgehoben wird. Die Mitgliedschaft lebt in diesem Fall mit rückwirkender Kraft wieder auf, was dazu führt, dass die entsprechenden Mitgliedsbeiträge zu entrichten sind.
Ob also eine Mitgliederversammlung ohne Einladung an die Ausgeschlossenen stattfinden kann, hängt somit davon ab, ob eingelegte Rechtsbehelfe aufschiebende Wirkung haben.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte und weise bei Unklarheiten auf die kostenlose Nachfragefunktion hin.
Sollten Sie eine darüber hinausgehende Vertretung in Erwägung ziehen, empfehle ich Ihnen eine Kontaktaufnahme über die unten mitgeteilte E-Mail-Adresse. Einstweilen verbleibe ich
mit besten Grüßen
RA, Dipl.-Fw. Schweizer
E-Mail: reinhard.schweizer@gmx.net
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, sodass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.
Antwort
vonRechtsanwalt Reinhard Schweizer
Muldestr. 19
51371 Leverkusen
Tel: 0214 / 2061697
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Reinhard-Schweizer-__l103443.html
E-Mail:
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
herzlichen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Frage. Sie wirkt kompetent und wohl überlegt. Erlauben Sie mir jedoch trotzdem folgende Nachfrage:
Unsere Satzung sagt unter § 3 wörtlich:
"Der Vorstand kann ein Mitglied ausschließen, wenn es gegen die Zwecke oder das Ansehen der Gesellschaft gehandelt hat oder mit Beiträgen länger als drei Monate nach erfolgter Mahnung im Rückstand geblieben ist."
Eine weitergehende Regelung, weder hinsichtlich des Einspruchs, noch hinsichtlich eines Schiedsverfahrens existieren.
Wenn nun der Vorstand den Ausschluß dem Mitglied gegenüber wohlbegründet und nachweislich (durch Boten/ Rückschein etc.) zur Kenntnis gebracht hat, so hat das Mitgied selbstverständlich Anspruch auf rechtliches Gehör nach 103 GG. Dem muß aber der Vorstand nicht entsprechen. Jetzt kann das ausgeschlossene Mitglied ein ordentliches Gericht anrufen usw. usw. Das dauert und geht seinen Gang.
Stellen Sie sich aber folgenden Extremfall vor: Dem Mitglied wird sein Ausschluß drei Tage vor einer Mitgliederversammlung zur Kenntnis gebracht, zu der es zwar fristgerecht (laut Satzung drei Wochen vorher) eingeladen wurde, jatzt aber selbstverständlich keinen Zugang mehr hat.
Muß der Ausschluß so lange vor einer Mitgliederversammlung ausgesprochen und dem Ausgeschlossenen zu Kenntnis gebracht werden, dass dem Ausgeschlossenen die Möglichkeit des Einspruchs und vielleicht sogar die Möglichkeit, ein ordentliches Gericht anzurufen, gegeben ist.
Kann das Mitglied durch Erlass einer ´Einstweiligen Verfügung´ den Zugang zu der Mitgliederversammlung erzwingen.
Sind alle Beschlüsse einer Mitgliederversammlung, zu der das ausgeschlossene Mitglied keinen Zugang hatte, uneingeschränkt und unabhängig vom Stand des Einspruches gült, oder hat der Einspruch des Mitgliedes doch vielleicht aufschiebende oder einschränkende Wirkung auf die Rechtskraft von Beschlüssen der Mitgliederversammlung.
Gelten Ihre Überlegungen grundsätzlich auch für institutionelle Mitglieder z.B. Stiftungen, Vereine etc.
Mit herzlichem Dank und besten Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich Ihnen gerne wie folgt beantworten möchte:
Da die Satzung bezüglich des Zeitpunktes des Ausschlusses keine Regelung enthält, wird der Ausschluss mit dem Zugang des Beschlusses voll wirksam.
Das gilt auch dann, wenn der Ausschluss drei Tage vor einer Mitgliederversammlung zur Kenntnis gebracht worden ist.
Der Ausgeschlossene (auch institutionelle Mitglieder) kann auch nicht durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung den Zugang zu der (kurz bevorstehenden) Mitgliederversammlung erzwingen.
Eine derartige Verfügung würde nur dann erlassen werden, wenn der Ausgeschlossene einen Verfügungsgrund geltend machen könnte. Er müsste also glaubhaft machen, dass der Ausschluss unwirksam sei.
Selbst wenn ihm dies gelingen sollte, hätten Sie noch eine Vollziehungsfrist von einem Monat seit dem Zeitpunkt der Verkündung bzw. Zustellung der einstweiligen Verfügung.
Diese Frist kann man voll ausnutzen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 936 Rdnr. 7 m. w. Nachw.).
Im Übrigen könnten Sie gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch einlegen.
Wie bereits ausgeführt, behalten alle zwischenzeitlich ergangenen Beschlüsse ihre volle Wirksamkeit.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen geholfen zu haben und verbleibe
mit besten Grüßen
RA, Dipl.-Fw. Schweizer