Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Sie benennen neun Punkte. Davon sprechen allein acht Punkte für eine Scheinselbständigkeit. Im Einzelnen.
Sie sind der einzige Auftraggeber der Schwager-GmbH. Weitere Kunden hat die Firma nicht. Soweit nur für einen einzigen Auftraggeber gehandelt wird, ist dies ein starkes Indiz für eine Scheinselbständigkeit.
Die Schwager-Firma hat zwar ein Büro angemietet, die Kosten hierfür werden lt. Punkt 4 aber von Ihnen gezahlt. Es besteht daher ein Eingebundensein im Betrieb. Offensichtlich wurde der Mietvertrag nur deswegen von der Schwager-Firma abgeschlossen, um die Scheinselbständigkeit zu „verschleiern", da Sie sämtliche Kosten für Büro, Telefon etc. tragen.
Auch die fehlende eigene Werbung, eigener Marktauftritt und eigene Werbung seitens der Schwager-Firma fehlen. Hinzukommt, dass Sie die Kosten für die Arbeitnehmerin tragen, sodass auch hier offensichtlich eine Verschleierung der Scheinselbständigkeit erreicht werden sollte.
Auch wenn vertraglich hinsichtlich der Arbeitszeiten keine Vereinbarung getroffen wurde, stillschweigend aber eine Übereinkunft dahingehend getroffen wurde, dass die Schwager-Firma zu den Bürozeiten anwesend ist, spricht dieses für eine Weisungsgebundenheit. Dass deren Tätigkeit dann selbständig erfolgt, spricht nicht dagegen, da dies auch von einem Arbeitnehmer erwartet wird.
Lediglich der Punkt, dass die Schwager-Firma zuvor nicht bei Ihnen angestellt war, spricht „gegen" eine Scheinselbständigkeit, was jedoch irrelevant ist.
Aufgrund Ihrer Schilderungen ergeben sich folgende Punkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen:
- Arbeitszeiten
- Eingliederung in Ihre Arbeitsorganisation
- Zahlung sämtlicher Kosten (Betriebsmittel, Arbeitnehmerin, Büro)
- nur ein Auftraggeber
- kein Unternehmensrisiko für die Schwager-Firma
- keine Unternehmerinitiative der Schager-Firma
Aus dem Gesamtbild ergibt sich somit das Vorliegen einer Scheinselbständigkeit. Die Schwager-Firma ist in Ihren Betrieb eingegliedert und verrichtet ihre Arbeit ausschließlich für Ihre Belange und nach Ihren Weisungen (Arbeitszeit). Hieran ändert sich nichts, wenn dies die Vertragsparteien nicht wollen oder versuchen, das Arbeitsverhältnis mit bestimmten Vertragsformulierungen zu verschleiern (Übernahme der Kosten für Büro und Angestellte).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Weise, Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Daniela Weise-Ettingshausen
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Rechtsanwältin Daniela Weise-Ettingshausen
Hallo,
herzlichen Dank für Ihre schnelle, sehr präzise und damit auch sehr nützliche Antwort!
Wir müssen also zur Vermeidung der Scheinselbständigkeit unser Konstrukt umstellen.
Hierzu bietet sich an, dass die Schwager-Firma einen Teil des bislang von meiner Firma erbrachten Leistungsspektrums ab sofort im eigenen Namen gegenüber den Kunden erbringt.
Die Schwager-Firma würde hierzu eine eigene Webseite programmieren und den Kunden die Leistung direkt in Rechnung stellen.
Hierzu die einmalige Nachfrage: Wenn der Umsatz, den die Schwager-Firma auf diese Weise direkt mit den Endkunden erzielt, größer ist als ein Sechstel ihres Gesamtumsatzes, dann müsste das Thema Scheinselbständigkeit doch vom Tisch sein - oder?
Danke nochmals!
Es würde in der Tat sinnvoll sein, das Unternehmen umzustrukturieren. Bei dem von Ihnen vorgeschlagenen Weg könnten Sie bereits durch die Leistungserbringung der Schwager-Firma gegenüber dem Endkunden das "Hauptindiz" des einzigen Auftraggebers zu Fall bringen.
Bei einem Umsatz von 1/6 des Gesamtumsatzes wird keine Abhängigkeit mehr vermutet und eine Scheinselbständigkeit nicht mehr angenommen.