Widerspruch

7. Januar 2013 10:26 |
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Generelle Themen


Beantwortet von

Rechtsanwältin Anke Thiede

Guten Tag,

ich war bis vor kurzem Jurastudentin an der Universität zu Köln, nun habe ich Benachrichtigung bekommen, dass ich entgültig die Zwischenprüfung nicht bestanden habe.
Ich habe es bisher auf sich beruhen lassen, da ich nicht weiter Jura studieren wollte.
Freitag erfuhr ich dann, dass mir bei entgültig nicht bestandener Zwischenprüfung auch der Zugang zum Studiengang Wirtschaftsrecht zumindest an Universitäten versagt ist.
Die Zwischenprüfung habe ich mit einem Punkt zu wenig im Bürgerlichen Recht nicht bestanden.
Nun ist es aber so, dass es sich bei der nicht bestandenen Prüfung eigentlich nicht um meinen Letztversuch handelte.
Im Sommersemester 2011 waren die Studiengebühren bis zum 15.07. fällig.
Ich hatte ich mich für eine Klausur am 21.07. angemeldet.
Nun hatte ich aber, weil mein Vater schwer krank im Krankenhaus lag vergessen diese zu überweisen.
Mein Vater verstarb dann am 19.07. und ich war mangels Konzentrationsvermögens nicht in der Lage an der Klausur teilzunehmen. Ich besorgte mir am 22.07.-Freitags- ein Attest. Montags-am 25.07.- fiel mir ein, dass die Studiengebühren bald fällig sein müssten. Zu meinem Erstaunen musste ich feststellen, dass dies schon vor 10 Tagen der Fall war. Ich reichte das Attest nicht ein, da ich dachte, dass man wenn man exmatrikuliert ist nicht an Klausuren teilnehmen kann.
Das der Versuch dennoch gewertet wurde fiel mir erst 1 Jahr später auf, als ich in dieser Sparte nach meinem Prüfüngsergebnis schaute.
Ich möchte mein Jurastudium nicht fortsetzen, aber ich finde es nicht fair, dass ich nicht studieren kann was ich möchte wenn ich ja eigentlich nicht entgültig durchgefallen bin.
Ich habe das Attest und eine Kope meiner Kontoauszüge, die beweist, dass das Geld erst am 26.07. abgebucht wurde. Ich weiß, Atteste müssen unverzüglich-also ohne schulhaftes zögern eingereicht werden aber ist es schuldhaftes zögern wenn man sich im Irrtum befindet? Als ich den mit 0 Punkten bewerteten Versuch sah, habe ich umgehend beim Prüfungsamt angerufen. Dort sagte man mir, meine Geschichte sei unglaubwürdig. Also habe ich mich nicht erneut schriftlich an die Mitarbeiter gewandt.
Hätte mein Widerspruch eine Chance?
Wie würde ich ihn am besten begründen?
Ich habe am 08.12.-samstags eine Mitteilung von der örtlichen Postfiliale erhalten, dass dort ein Schreiben für mich liegt- das Universitätsschreiben. Begann die Widerspruchsfrist nun am 8. oder am 10. (weil der 9. ein Sonntag war)?
Muss das Widerspruchsschreiben der Universität dann am letzeten Fristtag vorliegen?


Vielen Dank

Mit freundlichen Grüßen


J.Kind

Sehr geehrte Fragestellerin,

danke für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes im Rahmen einer Erstberatung gern wie folgt beantworten möchte:

Zunächst möchte ich anmerken, dass ich hier keine abschließende Beurteilung Ihrer Angelegenheit vornehmen kann. Lediglich eine erste Einschätzung ist anhand der von Ihnen gemachten Angaben möglich. Dies vorausgeschickt komme ich nun zu Ihren Fragen:

1. Wahrung der Widerspruchsfrist

Gem. § 70 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

Erforderlich ist grundsätzlich der Zugang beim Adressaten. Das bedeutet, der Verwaltungsakt muss derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein, dass dieser ohne weiteres von ihm Kenntnis nehmen kann.

Gem. § 41 Abs. 2 VwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, es sei denn, er ist nicht oder später zugegangen. Das bedeutet, dass der Verwaltungsakt, der mit einfachem Brief versandt wird, auch dann erst am dritten Tage als bekannt gegeben gilt, wenn er tatsächlich früher zugegangen ist. Nur wenn der Brief nicht oder später zugegangen ist, gilt die Fiktion nicht. Im Zweifel hat die Behörde nachzuweisen, wann die Bekanntgabe erfolgt ist.

Meiner Auffassung nach ist Ihnen der Bescheid tatsächlich erst am Montag, den 10.12.2012 zugegangen und damit bekanntgegeben, da Sie den Brief erst an diesem Tag von der Post abgeholt haben.

Damit läuft Ihre Widerspruchsfrist mit dem 10.01.2013 ab.

Um die Widerspruchsfrist zu wahren, ist eine Widerspruchsbegründung grundsätzlich nicht erforderlich.
§ 70 VwGO enthält kein Begründungserfordernis.


2. Erfolgsaussichten des Widerspruchs

Ein Widerspruch ist regelmäßig dann erfolgreich, wenn Sie durch den Bescheid in eigenen Rechten verletzt werden.

Vorliegend hat die Universität angenommen, dass Sie unentschuldigt an einer Klausur nicht teilgenommen haben und hat Sie in der Konsequenz mit null Punkten benotet.

Allein das Attest, welches erst einen Tag nach der Klausur ausgestellt wurde, weist gerade nicht aus, dass Sie am Tag der Klausur krankheitsbedingt diese nicht mitschreiben konnten. Mithin kann dieses Attest Sie nicht hinreichend entschuldigen.

Im Übrigen hätte ein Attest, wie Sie selbst erkannt haben, unverzüglich eingereicht werden müssen. Allein die Tatsache, dass Sie sich in einem Irrtum befunden haben, entschuldigt ein verspätetes Einreichen wohl nicht. Denn Sie hatten mehr als ein Jahr Zeit sich kundig über die Rechtslage zu machen.

Auch die damalige große emotionale Belastung wegen Ihre kranken Vaters allein genügt für eine hinreichende Entschuldigung leider nicht.

Aus meiner Sicht dürfte es sich ziemlich schwierig gestalten, die Behörde hinsichtlich eines entschuldigten Fernbleibens von der Klausur umzustimmen.

Die Tatsache, dass Sie aufgrund der verspäteten Zahlung des Semesterbeitrages im Zeitpunkt der Klausur exmatrikuliert waren, bedeutet, dass Sie möglicherweise die Voraussetzungen zur Ablegung der Zwischenprüfung nicht erfüllt habe. Insoweit müsste Ihnen aber eine Exmatrikulationsbescheinigung der Universität zugegangen sein. Nach Ihren Schilderungen habe ich Sie jedoch so verstanden, dass Sie den Semesterbeitrag zwar erst am 26.07.2011 zahlten, Sie jedoch weiter studierten.

Selbstverständlich steht es Ihnen frei, dem Bescheid mit dem von Ihnen dargelegten Gründen zu widersprechen.

Zudem möchte ich Sie wegen der Kosten des Widerspruchsverfahrens darauf hinweisen, dass nur die Kosten eines erfolgreicher Widerspruchs dem Beschwerten nicht auferlegt werden. Verlieren Sie hingegen das Widerspruchsverfahren, werden Ihnen die Kosten dafür auferlegt.


Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen eine erste rechtliche Orientierung geboten.

Bei Verständnisproblemen nutzen Sie bitte die Nachfragefunktion.


Mit freundlichen Grüßen

Anke Thiede
Rechtsanwältin


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