Anordnung von Ersatzfreiheitsstrafe Haftbefehl - was jetzt?

5. September 2012 08:04 |
Preis: 60€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Strafrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Daniel Neubauer

Sehr geehrte Anwaelte,
ich benötige dringend einen Rat.

Um es kurz zumachen :

Ich hatte eine Ladung zum Strafantritt bekommen (450 Euro Strafe #30 Tage Ersatzfreiheitstrafe)

Die 4 Wochen sind nun rueber und ich bin auch nicht zur JVA angetreten.

Leider habe ich den Brief auch an meine Alte Meldeadresse bekommen,aber das ist natuerlich keine Ausrede.
Nun habe ich mich ein Fax an die Staatsanwaltschaft gesendet mit der Erklaerung und bitte auf Ratenzahlung und Bereitschafft zur freien Arbeit.
100 Euro der 450 Euro habe ich bereits heute ueberwiesen und einen Raten zahlung von 3 Monaten Angeboten.
Nun ist meine Frage ob sowas klappt/erlaubt ist oder ob ich mit ins Gefaegnis muss.
Danke.

Sehr geehrter Ratssuchender,

gerne beantworte ich Ihre Frage aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung wie folgt:

Ihrer Sachverhaltsschilderung entnehme ich, dass Sie zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15,00 € (insgesamt 450,00 € Geldstrafe) verurteilt worden sind und aufgrund der Nichtzahlung der Geldstrafe gegen Sie gemäß § 43 StGB eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen angeordnet wurde.

Die Vollstreckungsbehörde ist gemäß §§ 459 , 459 c Abs. 1 , 459 e Abs. 2 StPO angehalten, grundsätzlich den Versuch zu unternehmen, die Geldstrafen beizutreiben, sofern diese nicht bezahlt wurden. Nach § 459 e Abs. 2 StPO darf die Ersatzfreiheitsstrafe daher nur angeordnet werden, wenn angemessene Versuche, die Geldstrafe beizutreiben, erfolglos geblieben sind (Meyer-Goßner, § 459 e StPO Rn 3). Ob in Ihrem Fall tatsächlich angemessene Versuche seitens der Vollstreckungsbehörde unternommen wurden, die Geldstrafe beizutreiben, kann ich Ihrer Schilderung leider nicht entnehmen.

Aufgrund der Tatsache, dass Sie bereits zum Haftantritt geladen wurden und diese Frist fruchtlos haben verstreichen lassen, müssten Sie zunächst davon ausgehen, dass die Vollstreckungsbehörde einen Haftbefehl gegen Sie erlassen wird.

Grundsätzlich können Sie die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 459 e Abs. 4 StPO abwenden, soweit die Geldstrafe durch Sie komplett entrichtet wird. Soweit Sie mitteilen, dass Sie bereits einen Teilbetrag in Höhe von 100,00 € gezahlt haben, so weise ich darauf hin, dass die Dauer der etwaigen Ersatzfreiheitsstrafe um diesen Betrag entsprechend zu kürzen ist (so Meyer-Goßner, § 459 e StPO Rn 5).

Es besteht jedoch auch nach Anordnung der Ersatzfreiheitsstrafe regelmäßig noch die Möglichkeit, Zahlungserleichterungen (Ratenzahlung) nach § 459 a Abs. 1 StPO i. V. m. § 42 StGB zu erhalten. Insoweit haben Sie zunächst einen richtigen Schritt dahingehend unternommen, bei der Staatsanwaltsanwaltschaft einen Antrag auf Ratenzahlung zu stellen und die erste Rate bereits zu entrichten.

Ob die Staatsanwaltschaft, die gemäß § 459 a Abs. 1 StPO als Vollstreckungsbehörde für derartige Ratenzahlungsanträge zuständig ist, Ihrem Antrag letztlich zustimmt, kann ich abschließend leider nicht beurteilen, da dies im Ermessen der Behörde steht. Der insoweit sicherste Weg, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe zu verhindern, wäre die Zahlung des gesamten Geldstrafenbetrages, da insoweit ein Vollstreckungshindernis gemäß § 459 e Abs. 4 StPO entstünde (so Düsseldorf, NJW 1980, 250 ; Zweibrücken MDR 1987, 782 ).

Neben einer etwaigen Ratenzahlung besteht auch die Möglichkeit, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit gemäß § 43 StGB i. V. m. Art. 293 Abs. 1 EGStGB i. V. m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit abzuwenden.

Insoweit besteht die Möglichkeit, nach § 1 Abs. 1 der o. g. Verordnung einen Antrag auf freie Arbeit zur Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe zu stellen. Dieser Antrag wäre grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 der o. g. Verordnung nur dann unzulässig, wenn Sie entweder nicht auf freiem Fuß oder unbekannten Aufenthalts wären, was in Ihrem Fall offensichtlich nicht zutrifft.

Ihrer Sachverhaltsschilderung entnehme ich, dass Sie mit Ihrem Ratenzahlungsgesuch auch einen derartigen Antrag gestellt haben, über den die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde ebenfalls zu entscheiden hat.

Ich kann Ihnen abschließend nur dringend empfehlen, einen Verteidiger zu beauftragen, der nochmals Kontakt mit der Vollstreckungsbehörde aufnimmt, um so zu versuchen, eine etwaige Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe zu verhindern, zumal nicht bekannt ist, ob gegen Sie bereits ein Haftbefehl erlassen wurde.

Ich hoffe, Ihnen insoweit einen ersten Überblick verschafft zu haben.

Ich weise abschließend darauf hin, dass es durch Hinzufügen und Weglassen wesentlicher Umstände im Sachverhalt durchaus zu einer komplett anderen rechtlichen Bewertung kommen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Neubauer
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 5. September 2012 | 09:57

Hallo,
danke fuer die schnelle Antwort.
Es wurde weder etwas hinzugefuegt oder etwas Wegelassen.
Nur eine Frage zum Verteidiger.
Muss ich einen Fachanwalt fuer Strafrecht Beauftragen,weil die gibt es hier in der naehe nicht oder koennte ich z.b. auch sie beauftragen.
Danke.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. September 2012 | 10:04

Sehr geehrter Ratssuchender,

gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:

Grundsätzlich müssen Sie keinen Fachanwalt für Strafrecht beauftragen. Insoweit kann jeder Rechtsanwalt Ihre Interessen wahrnehmen.

Sollten Sie eine Vertretung durch mich wünschen, können Sie sich gerne mit mir unter den angegebenen Kontaktdaten in Verbindung setzten.

Mit freundlichen Grüßen

Neubauer
Rechtsanwalt

FRAGESTELLER 5. Oktober 2025 /5,0
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER