ARBEITSVERTRAG / KÜNDIGUNG

22. August 2012 13:34 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe folgende Fragen:

ich wurde für einen Job angefragt, den ich nur erhalte, wenn ich mit einer untertariflichen Bezahlung einverstanden bin.
Begründet wurde das Ganze, dass die Stelle zusätzlich erforderlich und im Produktionsbudget nicht vorhanden sei.
Arbeitsstunden und Arbeitsaufgabe sollten dafür geringer / weniger anstrengend als „normal", bzw. sonst üblich sein, usw. usw.
(in der Branche sind tgl. 12 – 16 Std. üblich, hier sollte man nie über 10 kommen)

Da sich nachträglich herausstellte, dass die Arbeitsaufgabe genauso umfangreich und verantwortungsvoll wie üblich, bzw. nicht von einer „Assistenz / Hilfe" sondern vollwertigen Position auszugehen ist, und man mich genau auch aus dem Grund engagiert hat, da ich die meisten Berufserfahrungen vorweise und man mich nicht, wie bei einer „Hilfe" erst einarbeiten / anlernen muss - jedoch die „eigentliche" und höher dotierte / bezahlte (wöchentlich mit Unterschied von 300,- €, also monatlich um die 1200, - €) Position leider durch einen unglücklichen Zufall bereits anderweitig vergeben wurde.
Die Arbeitszeiten fielen natürlich auch nicht geringer als gewöhnlich aus, sondern im Gegenteil es häuften sich Überstunden, die jedoch lt. Vertrag nicht vergütet werden sollen, da man pauschal abrechnen will. Der Hit: die bereits vorab für die höher dotierte Position eingestellte Person war den Arbeitsaufgaben nicht wie erforderlich gewachsen und ich sollte ihr Arbeiten / Aufgaben abnehmen bzw. diese zusätzlich zu den meinen übernehmen - die Gage wollte man jedoch nicht anpassen / erhöhen.

Meinen Vertrag habe ich bis dato nicht unterschrieben – ich hatte bereits in der ersten Woche ob der o.g. Entwicklung nach einer Angleichung an die Gage mit der höheren Dotierung gebeten, da nicht einzusehen ist, dass höhere Qualifikation und umfangreichere Berufserfahrung geringer entlohnt werden sollen, dafür jedoch höherer Einsatz / Leistung erwartet werden als von der Person mit der höheren Dotierung.
Darauf antwortete der Arbeitgeber dass daran nichts zu ändern wäre.

Ich habe gelesen, dass man ggf. auf "unsittliche" Unterbezahlung plädieren kann.
Ist das in meinem Fall möglich? Und was muss ich dafür tun?
Wie gesagt, der Vertrag ist noch nicht unterschrieben. – Könnte ich die Summe einfach streichen und mit der tariflichen ersetzen?

Weiterhin ist der Arbeitgeber der Meinung, keine Lohnfortzahlung im Krankenstand zahlen zu müssen, da noch keine ununterbrochenen 4 Wochen erreicht seien.
Arbeitsbeginn war Mitte Juni, da der Vertrag vom Arbeitgeber unterzeichnet vorliegt und wir nun 2 Monate später schreiben, sind bereits 8 Wochen ununterbrochenen Arbeitsverhältnis erreicht – vorausgesetzt, hierfür ist irrelevant, ob man in der Zeit erkrankte. Die erste AU lag in der 2. Arbeitswoche, die letzte erstreckt sich ab der 5. Arbeitswoche bis jetzt.
Nach meinen Informationen muss der Arbeitgeber die Zeit im Krankenstand ab der 5. Woche übernehmen, die Krankenkasse lediglich die Lohnfortzahlung für die 2. Woche.
Ist das so korrekt?

Weiterhin hat der Arbeitgeber mir nun bereits mehrfach per Email mitgeteilt, dass er das Arbeitsverhältnis auf Grund der AU mit mir lösen möchte.

Eine Kündigung wurde in dem Sinn nicht ausgesprochen, da nicht geschrieben wurde, „wir kündigen Ihnen zum soundsovielten", lt. meinen Informationen muss die Kündigung auch schriftlich erfolgen, also in Briefform – elektronische Übermittlungen sind unzulässig.

Meine Frage ist nun folgende: da der Arbeitgeber offensichtlich nicht weiß, wie man ordentlich bzw. fristlos kündigt – was ist zu tun? Meine AU endet in wenigen Tagen und ich benötige keine weitere.
Da der Arbeitgeber mitteilt, dass ich nicht mehr erwünscht bin und der Arbeitsort ein paar hundert km entfernt liegt und vertraglich festgelegt ist, dass der Arbeitgeber die Unterkunft stellt – ich musste diese bereits in der 5. Woche räumen, da er diese weitervermieten wollte – steht demzufolge auch keine Unterkunft mehr zur Verfügung.

Soll ich ab der Zeit ohne AU einfach fehlen und warten, bis der Arbeitgeber die Kündigung schickt? Und muss dieser dann für die Zeit bis zur Kündigung noch weiter zahlen, da er ja keine Unterkunft stellt und mich somit am arbeiten hindert?

Andererseits habe ich natürlich auch kein großes Interesse zu einem solchen Arbeitgeber zurückzukehren – aber für mich ist auch nicht ersichtlich, weshalb ich ihm die Arbeit abnehmen sollte und selbst kündige?
Sollte das dennoch Ihr Rat sein: entstehen mir abgesehen von der Sperrfrist beim AA dadurch weitere Nachteile? Als Arbeitgeber braucht man keinen Kündigungsgrund anzugeben, da ich jedoch tariflich entlohnt werden möchte, sollte ich unsittliche Unterbezahlung angeben?

Andernfalls, da der Vertrag meinerseits aus verschiedensten Gründen noch nicht unterzeichnet wurde – könnte ich nicht alles streichen und ersetzen?
Z.B. wurde eine ganz falsche Anschrift eingetragen … wäre es nicht das einfachste, in dem Zug auch Höhe der Gage und Vertragsende (es handelt sich um ein befristetes AV) zu streichen und zu korrigieren? – Oder verliert der Vertrag damit seine Gültigkeit?

Mein Hauptinteresse, wie am besten kündigen und kann man eine tarifliche Bezahlung fordern bzw. den Vertrag einfach korrigieren, indem man die Tarifgage, ein anderes / früheres Enddatum, sowie die korrekte Anschrift einsetzt? - Würde der Vertrag dadurch ungültig, wäre das natürl. kontraproduktiv.
Vielen Dank für Ihre kompetente Hilfe im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen.

22. August 2012 | 15:07

Antwort

von


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Sehr geehrte Ratsuchende,

gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:

Ein Arbeitsvertrag kommt wie andere Verträge auch durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot und Annahme) zustande. Wenn Sie nun den Vertrag abändern, liegt darin mangels Übereinstimmung mit dem vom Arbeitgeber formulierten Vertrag keine Annahme vor, sondern ein neues Vertragsangebot. Damit dieser abgeänderte Vertrag wirksam wird, müsste er also vom Arbeitgeber einschließlich Ihrer Änderungen angenommen werden. Dies ist nach Ihrer Schilderung aber höchst unwahrscheinlich, so dass auf diesem Wege kein wirksamer Vertragsschluss möglich sein dürfte. In Ihrem Fall ist aber wohl davon auszugehen, dass sowieso bereits ein (mündlicher) Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde.

Dennoch haben Sie die Möglichkeit, ein höheres Gehalt zu fordern, wenn das vereinbarte Gehalt sittenwidrig niedrig ist. Ein Gehalt ist dann sittenwidrig, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Das ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten (Tarif-)Lohns erreicht, vgl. z.B. ArbG Leipzig, 11.03.2010 (Az. 2 Ca 2788/09 ); BAG v. 22.04.2009, 5 AZR 436/08 ). Der Arbeitgeber schuldet dann unabhängig vom vereinbarten Gehalt nach § 611 Abs. 1 i.V.m. § 612 Abs. 2 BGB und § 138 BGB die übliche Vergütung.
Ist Ihr Gehalt sittenwidrig niedrig, können Sie Ihren Arbeitgeber also zur Zahlung der Restvergütung auffordern und diesen Anspruch wenn notwendig auch vor Gericht durchsetzen. Das Gleiche gilt, wenn Sie mit Einverständnis des Arbeitgebers Tätigkeiten ausgeführt haben, die deutlich über die ursprünglich vereinbarten Tätigkeiten hinausgehen.

Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch ist die vierwöchige ununterbrochene Dauer des Arbeitsverhältnisses. Ausschlaggebend ist der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses, d.h. der Abschluss eines Arbeitsvertrages ist ausreichend. Eine tatsächliche Beschäftigung innerhalb der ersten vier Wochen ist nicht erforderlich. Der Anspruch entsteht am ersten Tag der 5. Woche, auch wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf der ersten vier Wochen krank wird.

Die Kündigung muss in der Tat schriftlich erfolgen und eindeutig formuliert sein. Solange der Arbeitgeber nicht gekündigt hat, müssen Sie grundsätzlich weiterhin Ihre Arbeitsleistung anbieten, und zwar am vertraglich vereinbarten Arbeitsort (§ 294 BGB ). Dies würde allerdings nicht gelten, wenn der Arbeitgeber zweifelsfrei zu erkennen gegeben hat, dass er an Ihrer Arbeitsleistung nicht mehr interessiert ist, denn dann wäre ein solches Angebot überflüssig. Wenn der Arbeitgeber Ihnen also mitgeteilt hat, dass Sie nicht mehr erwünscht sind, und auch die zugesicherte Unterkunft nicht mehr zur Verfügung stellt, dürfte auch ein wörtliches Angebot (z.B. Telefonanruf) ausreichen, siehe § 295 BGB . Der Arbeitgeber befindet sich dann im so genannten Annahmeverzug und muss Ihnen weiter das Gehalt zahlen.

Eine eigene Kündigung dürfte in der Tat hier nicht empfehlenswert sein bzw. nur nach Absprache mit der Arbeitsagentur erfolgen, um keine Sperrzeit zu riskieren. Da Sie ja weiterhin einen Gehaltsanspruch haben, wenn Sie Ihre Arbeitsleistung anbieten und der Arbeitgeber sich im Annahmeverzug befindet, können Sie auch abwarten, bis der Arbeitgeber Sie kündigt (soweit dies aufgrund der Befristung des Arbeitsverhältnisses überhaupt möglich ist) oder sich die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines Aufhebungsvertrages mit Abfindungsregelung so teuer wie möglich „abkaufen" lassen.


Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.

Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

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