Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Ob Ihnen ein Widerrufsrecht zusteht, hängt entscheidend davon ab, ob Ihr Leasingvertrag rechtlich als „entgeltliche Finanzierungshilfe" einzustufen ist und damit eine Anwendung der §§ 491ff BGB
(die unter anderem ein gesetzliches Widerrufsrecht vorsehen) bejaht werden kann.
§ 506 Absatz 2 BGB
definiert als „entgeltliche Finanzierungshilfe" nur Verträge, die vorsehen, dass
1. der Verbraucher zum Erwerb des Gegenstandes verpflichtet ist,
2. der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstandes verlangen kann oder
3. der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.
Diese Definition passt dem Wortlaut nach nur auf die klassischen Finanzierungsleasing- oder Mietkaufverträge, bei denen dem Leasinggeber ein Andienungsrecht eingeräumt ist, und auf sonstige Restwertverträge. Haben Sie einen solchen Vertrag abgeschlossen, steht Ihnen gemäß der §§ 495
, 355 BGB
ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Bitte beachten Sie hierbei, dass der Widerruf grundsätzlich gegenüber dem Leasinggeber (und nicht dem Lieferanten) erklärt werden muss.
Seit dem Inkrafttreten des neuen Verbraucherdarlehensrechts zum 11.06.2010 ist aber fraglich, ob auch Kilometer-Abrechnungsverträge, wie sie beim Kfz-Leasing üblich sind, dieser Regelung unterfallen. Denn dem Wortlaut der gesetzlichen Neuregelung fallen diese Verträge nicht unter § 506 Absatz 2 BGB
, was zur Folge hat, dass auch kein gesetzliches Widerrufsrecht besteht. Da das neue Verbraucherdarlehensrecht aber den Schutz des Verbrauchers erhöhen und nicht reduzieren sollte, ist dieser Punkt noch sehr umstritten, zumal meines Wissens hierzu auch noch keine Rechtsprechung ergangen bzw. Urteile veröffentlicht wurde. Haben Sie einen Kilometerleasingvertrag geschlossen und erkennt der Leasinggeber den Widerruf nicht an, besteht daher für beide Seiten ein sehr hohes Prozessrisiko. In diesem Fall dürfte es sich daher anbieten, eine vergleichweise Regelung zu finden.
Zudem sollten Sie noch einmal in Ihren Leasingvertrag schauen, ob dort evt. eine Widerrufsbelehrung zu finden ist oder auf sonstige Weise ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt wurde, dass dann natürlich unabhängig von der oben geschilderten Rechtslage gelten würde. Eventuell kommt auch eine Anfechtung Ihrer Vertragsannahme in Betracht, weil Sie sich über das Bestehen eines gesetzlichen Widerrufsrechts getäuscht haben.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern. Dies gilt insbesondere bei einem Kilometerleasingvertrag in Hinblick auf die oben geschilderte, momentan äußerst komplizierte Rechtslage.
Mit freundlichen Grüßen
25. Mai 2012
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21:44
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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