Rentenversicherung droht mit Vollstreckung wegen Zuzahlung/Leistungsbescheid

21. August 2011 13:59 |
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Verwaltungsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Edin Koca

Verwaltungsrecht

Von der Rentenversicherung Bund wurde mir im Mai/Juni dieses Jahres eine medizinische Rehabilitation bewilligt.
Aufgrund von mehreren Krankheitszeiten im laufenden Kalenderjahr stand mir keine Lohnfortzahlung zu.
Ich habe daher Anfang Mai (vor der Reha) Übergangsgeld bei der RV beantragt. Soweit möglich, habe ich die erforderlichen Unterlagen (G510 Teil A) eingereicht.

Nach der Reha hat mein Arbeitgeber meinen Dienstantritt nicht an die Bezügestelle weitergemeldet. Die Bezügestelle konnte den Vorgang nicht weiterbearbeiten und reichte deswegen die fehlenden Unterlagen (G510 Teil B und C) nicht nach.

Ich erhielt am 1.7.2011 von der RV einen Leistungsbescheid über 350,00 Euro.

Ich wand mich an meinen Arbeitgeber sowie die Bezügestelle und leitete den Vorgang erneut ein.
Dies teilte ich auch der Rentenversicherung mit (Datum meines Schreibens: 14.7.11)

Die Bezügestelle weiß seit 18.Juli 2011, wann ich den Dienst wieder antrat.

Ob etwas und wenn ja, was, in der Zeit vom 16.7.11 bis zum 30.6.11 geschah, entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich hatte der RV mitgeteilt, dass ich im Jahresurlaub bin.

Am 1.8.11 ging ich zur Bezügestelle und sprach mit der zuständigen Sachbearbeiterin persönlich. Sie sicherte mir zu, die Unterlagen „fertig zu machen" und schnellstmöglich an die RV zu schicken.
Offensichtlich ist dies
A) nicht geschehen oder
B) zu spät geschehen oder
C) der RV egal.

Ich erhielt am 19.8.11 (Schreiben ist auf den 16.8. datiert) eine Mahnung mit der Androhung einer Vollstreckungsandrohung.


Ich hätte Anspruch auf circa 1100 Euro Übergangsgeld.
(Die gingen mir verloren, denn Lohnfortzahlung war nicht mehr möglich gewesen.) Die Zuzahlung zur Reha betrüge die o.a. 350 Euro.
Insgesamt streite ich also um eine Summe von circa 1500 Euro, die mir verloren gingen, wenn ich jetzt der RV „nachgebe". Da ich aufgrund meiner Krankengeschichte ohnehin hohe Kosten und geringes Einkommen habe, bin ich kaum in der Lage, diese Summe aufzubringen.

Fragen:

1. Kann man mir die fehlenden Unterlagen als mein Verschulden anlasten, da ich mich auf die Zusage der Bezügestelle/Sachbearbeiterin verlassen habe?

2. Habe ich somit den Anspruch auf Übergangsgeld verwirkt?

3. Gibt es Möglichkeiten, den Leistungbescheid bzw. die Mahnung anzufechten?

4. Gibt es Härtefallregelungen?

Danke für Ihre Hilfe.

Sehr geehrte Fragestellerin,

Ihre Fragen -
1. Kann man mir die fehlenden Unterlagen als mein Verschulden anlasten, da ich mich auf die Zusage der Bezügestelle/Sachbearbeiterin verlassen habe?
3. Gibt es Möglichkeiten, den Leistungbescheid bzw. die Mahnung anzufechten?

4. Gibt es Härtefallregelungen?

- beantworte ich wie folgt:

Grundsätzlich haben Sie einen Anspruch auf Wiedereinsetzung der Sache in den vorigen Stand, wenn Sie eine Frist ohne Ihr Verschulden verpasst haben.
Ich weiß nicht, ob Sie über den Lauf der Frist belehrt worden sind. Nur eine solche Belehrung setzt eine einmonatige Frist in Lauf. Ist das der Fall, können Sie mir einem Wiedereinsetzungsantrag vorgehen, wobei Sie zuerst die Behörde bitten sollen, bis zur Klärung der Sache von der Vollstreckung abzusehen. Wenn das nicht der Fall war, gilt eine Jahresfrist.

Das Verschulden der Sachbearbeiterin kann Ihnen nicht zugerechnet werden. Sie gehört nicht zu Ihrem Privat-,Geschäfts - oder sonstigen zurechenbaren Risikobereich. Grudsätzlich kann man sich verlassen auf die Auskunft einer Behörde, was auch so innerdientlichen gelten muss.

Die Frist für einen Wiedereinsetzungsantrag beträgt einen Monat nach dem Wegfall des Hindernisses für die Einhaltung der Frist. Das war in Ihrem Fall der Irrtum über die Einlegung des Widerspruchs durch die Sachbearbeiterin. Die Tatsachen darüber sind glaubhaft zu machen. Das dürfte nicht so einfach sein.

Innerhalb der Monatsfrist haben Sie auch den Widerspruch gegen den Leistungsbescheid einzulegen, sonst nutzt das Verfahren nicht.

Sie müssen gegen den Leistungsbescheid vorgehen, nicht gegen die Mahnung. Die letztere ist nur eine Wissenserklärung, die nur eine Voraussetzung für die Einleitung eines Zeangsvollstreckungsverfahrens sein kann.

Die übrige Frage -
2. Habe ich somit den Anspruch auf Übergangsgeld verwirkt? - beantworte ich wie folgt:

Aus meiner Sicht verwirken Sie nicht Übergangsgeld, indem Sie eine Zuzahlung auf eine REHA-Maßnahme zahlen. Dafür müsste auch der ursprüngliche Bescheid über die Bewilligung der Maßnahmen aufgehoben werden. Übergangsgeld wird bewilligt, wenn Ihnen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt werden, § 49 SGB VII . Da das war der Fall, können Sie mit einer Auszahlung des Ü-Geldes rechnen.
Jedenfalls hat der Leistungsbescheid über die Zuzahlung von 350 € nur eine BEstandskraft für die 350 €, nicht für die daraüber hinausgehenden Leistungen der Versicherungsträger.

Aus meiner Sicht benötigen Sie anwaltliche Hilfe für das Widereinsetzungsverfahren. Ich könnte das machen, aber auch ein Kollege vor Ort.

Rückfrage vom Fragesteller 21. August 2011 | 16:23

Sehr geehrter Herr Anwalt,
danke für Ihre ausführliche und schnelle Antwort.
Eine kleine Nachfrage: was bedeutet die Formulierung "Jahresfrist" - innerhalb von 365 Tagen oder innerhalb 1.1.-12.12.?
Ansonsten habe ich alles verstanden und weiß jetzt, wie ich weiter vorgehe. Von einem Widereinsetzungsverfahren sehe ich ab.
Ich werde die 350 Euro bezahlen und auf der Auszahlung des Übergangsgeldes bestehen.
Nochmals Danke für Ihren Rat. Mit freundlichem Gruß!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 21. August 2011 | 16:54

Jahresfrist bedeutet einfach gesagt: taggenau im nächten Jahr ab dem Tag der Fristbeginn. Wenn die Frist daher am 01.07.2011 zu laufen began, dann läuft sie am 01.07.2012 ab, wenn Sie einen Widerspruch einlegen müssen.

Das Geld sollen Sie unter Vorbehalt und Angaben von Verwendungszweck überweisen. Sie sollen auch auf der Auszahlung bestehen und eventuell noch fehlende Unterlagen nachreichen. Ich sehe keine Zusammenhänge zwischen der Zuzahlung der REHA und der Auszahlung des Überganggeldes.

Sollten Probleme bei der Durchsetzug des Anspruchs auftauchen, können Sie sich an mich wenden.

Mit freundlichen Grüssen

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