Zu Unrecht abgeschleppt und trotzdem Bußgeldverfahren

1. März 2011 08:25 |
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Verkehrsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Thomas Joschko

Im Mai letzten Jahres wurde ich zu Unrecht abgeschleppt, da der zuständige Polizeitbeamte der Meinung war, ich stünde auf einer Feuerwehrzufahrt. Gegen diesen Gebührenbescheid habe ich erfolgreich bei der Polizei Einspruch eingelegt. Parallel erhielt ich zum selben Fall eine Verwarnung allerdings nicht von der Polizei, sondern von der Behörde für Inneres - Abt. für Bußgeldangelegenheiten. 1 Monat nach Zustellung des Bescheides habe ich der Behörde jedoch mit geteilt, dass ich zu diesem Fall bereits Widerspruch eingelegt habe und dieser Widerspruch selbstverständlich auch für die Verwarnung gilt, da es sich um denselben Vorgang handelt. Dies jedoch wurde seitens der Behörde nicht akzeptiert und man wandelte die Verwarngebühr in einen Bußgeldbescheid. Der zuständige Polizeibeamte sei zu meinem Angaben gehört worden und erhält den Vorwurf aufrecht ( Leider wurde meinem Widerspruch gegen das Abschleppen seitens der Polizei erst einen Monat später offiziell stattgegeben). Den fristgerechten Einspruch nach Zustellung des Bußgeldbescheides innerhalb von 2 Wochen habe ich versäumt, da ich der Meinung war, ich hätte bereits Widerspruch eingelegt. Auf telefonische Nachfrage bei der Behörde teilte man mir mit, ich könne nicht Einspruch vor Zustellung eines Bussgeldbescheides einlegen. Anscheinend kann ich zu einer Verwarnungsangelegenheit kein Widerspruch einlegen, sondern mich lediglich äußern. Der Bussgeldbescheid wurde nach Ansicht der Behörde somit rechtskräftig. Inzwischen klopft der Vollstreckungsbeamte an unsere Tür.

Lohnt sich ein Verfahren in meinem Fall oder ist es sinnvoller den Betrag doch noch zu bezahlen. Ärgerlich für mich ist die Tatsache, dass eine Behörde von mir ein Bußgeld fordert, obwohl ich nachweislich zu Unrecht abgeschleppt wurde. Die Polizei syncronisiert sich nicht mit der Behörde für Inneres und macht aus einem Abschleppvorgang zwei unterscheidliche Verfahren zu denen man einzelnd Widerspruch einlegen muss und Fristen laufen. Da kann ich nur sagen: der Amtsschimmel reitet wieder.

Über eine zügige Beantwortung wäre ich dankbar, da auch der Vollstreckungsbeamte wenig Zeit hat.

Mit freundliche Grüßen

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ich möchte diese anhand des geschilderten Sachverhaltes im Rahmen dieser Erstberatung wie folgt beantworten:

Zunächst liegt das Problem tatsächlich darin, dass Ihr erklärter Einspruch gegen die Verwarnung wirkungslos war, da gegen eine solche Verwarnung kein Rechtsmittel möglich ist. Denn nach § 56 Abs. 2 OWiG hat die Verwarnung lediglich die Wirkung, dass diese nur dann wirksam wird, wenn sich nach Belehrung über das Weigerungsrecht der Betroffene mit ihr einverstanden erklärt und auch das Verwarnungsgeld innerhalb der vorgegebenen Frist zahlt. Auch ein Einspruch vorab gegen einen etwaigen kommenden Bußgeldbescheid ist nicht möglich, so dass in Ihrem Fall ein Rechtsmittel gegen denselbigen als nicht eingelegt gilt mit der Folge, dass der Bußgeldbescheid bestandskräftig und somit auch vollstreckbar geworden ist.

Gegen die derzeit angekündigte Vollstreckung könnten Sie somit nur noch dann etwas machen, sofern der zugrunde liegende Bußgeldbescheid nichtig wäre. Denn nur ein nichtiger Bußgeldbescheid könnte auch nicht vollstreckt werden. Hiervon bzw. vom Vorliegen von Nichtigkeitsgründen kann jedoch aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung nicht ausgegangen werden. Denn Nichtigkeit kommt insoweit nur in wenigen Ausnahmefällen in Betracht, nämlich dann wenn der Bußgeldbescheid an besonders schwerwiegenden, offenkundigen Mängeln leiden würde. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn eine unzuständige Behörde diesen erlassen hätte oder aber für diesen keinerlei gesetzliche Grundlage vorhanden wäre. Dies ist hier aber wohl eher leider nicht der Fall, allenfalls könnte dies im Gegensatz zur Nichtigkeit wegen des etwaigen doppelten Erlasses in ein und der selben Angelegenheit zur Rechtswidrigkeit bzw. Unwirksamkeit führen.

Würde man vor diesem Hintergrund eine Unwirksamkeit unterstellen, kann der Bescheid im Falle seiner Bestandskraft dennoch vollstreckt werden. Denn selbst gegen unwirksame Bescheide muss immer Einspruch eingelegt werden, was nach Ihrer Schilderung eben leider nicht wirksam erfolgt ist. Darüber hinaus sind auch Unwirksamkeitsgründe ebenso nicht ohne Weiteres ersichtlich. Die Rechtsprechung und Literatur geht dabei davon aus, dass Unwirksamkeitsgründe beispielsweise nur dann anzunehmen sind, wenn etwa der im Bußgeldbescheid erhobene Tatvorwurf in persönlicher, sachlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht von anderen denkbaren Tatvorwürfen abgegrenzt werden kann. Dies scheint mir aber bei Ihnen vorbehaltlich einer Überprüfung der beiden Bescheide (möglicherweise handelt es sich ja sogar auch um unterschiedliche Bescheide, einmal wegen Abschleppkosten und das andere Mal wegen angeblichen Falschparkens) auch nicht der Fall zu sein, denn nach dem von Ihnen geschildertem Inhalt dürften keine Zweifel über die Identität des Betroffenen und die zur Last gelegte Tat bestehen und es steht vielmehr genau fest, welcher Lebensvorgang erfasst und geahndet werden sollte.

Letztlich entscheidend wird daher leider tatsächlich nur der Umstand sein, dass Sie es versäumt haben, gegen den zweiten Bescheid nicht nochmals gesondert Einspruch einzulegen, da dies wie aufgezeigt selbst bei rechtswidrigen bzw. unwirksamen Bußgeldbescheiden erforderlich ist. Somit ist dieser eben so oder so bestandskräftig geworden und kann daher grundsätzlich auch vollstreckt werden. Was Sie daher allenfalls noch tun können, wäre Verbindung zu der Bußgeldstelle aufzunehmen, um den Versuch zu unternehmen, im so genannten Gnadenwege noch etwas zu erreichen.

Ich bedaure, Ihnen keine positivere Antwort geben zu können, hoffe jedoch, Ihnen mit den obigen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen


Thomas Joschko
Rechtsanwalt

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