7. September 2019
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00:49
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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die ich zum besseren Verständnis über das Procedere chronologisch beantworten möchte:
"Zum 2-tägigen Einstellungstest bei der bayrischen Polizei eingeladen. Diesen hat er mit Bravour bestanden".
Antwort: Das ist zwar ein wichtiger, aber nicht die einzige Zugangsvoraussetzung.
"Man hat bei der ärztlichen Untersuchung eine Skoliose („verdrehte" Wirbelsäule) festgestellt"
Antwort:
Die polizei(!)-ärztliche Untersuchung erfolgt parallel anhand der Richtlinie der PDV 300.
Das ist kein Gesetz sondern "nur" eine Richtlinie, die eine bundes- und landesweit gleiche Verfahrensweise sicherstellen soll.
Mithin justiziabel (=gerichtlich überprüfbar) ist.
"Anhand des Röntgenbildes wurde mein Sohn nun als dienstuntauglich eingestuft, dieser Brief wurde am 30.08. zugestellt".
Antwort: Diese Zustellung ist regelmäßig mit einer Rechtsbehelfsbelehrung (am Ende) versehen. Die dort genannte muss Frist Ihr Sohn unbedingt beachten, will er dagegen vorgehen. Fristen sind im Verwaltungsrecht exakt und tunlichst einzuhalten, sonst wird der belastende Verwaltungsakt (Ablehnungsbescheid) bestandskräftig und kann nicht mehr angefochten werden.
"Man hat meinem Sohn zuvor zu 99 Prozent eine Zusage vorausgesagt, das sein Rücken in irgendeiner Art das Kriterium für den Ausschluss werden könnte stand nie im Raum."
Antwort: Behördliche Zusagen ("Zusicherung", § 38 VwVerfG) sind leider und allenfalls nur in schriftlicher Form wirksam und könnten damit höchstens als Prima-facie-Beweis (= Indiz) im Verwaltungsstreitverfahren dienen. Der aber stets von der Gegenseite erschüttert werden kann.
"Der Einstellungsberater hat mir nun erklärt, dass man ja nicht wisse wie sich das in 20 oder 30 Jahren auswirkt und am Ende müsse die Polizei Kosten tragen, dies ist ein Ausschlusskriterium."
Antwort: Die Äußerung des Einstellungsberaters entfaltet ebenfalls keine Rechtswirkung, weder im positiven noch im negativen Sinne. Sie enthält im Kern allerdings ein stets verwendetes Standardargument der Einstellungsbehörden, dass der Dienstherr auch abwägen und prognostizieren dürfte, wie lange der Bewerber seine Dienstpflichten erfüllen kann - unabhängig von
der aktuellen körperlichen Verfassung ("Er ist leidenschaftlicher Sportler und nicht eingeschränkt".)
Diese Frage ist in der Praxis und der Rechtsprechung nicht unumstritten und auch zeitlichem Wandel unterworfen:
Die für den Zugang zu einem öffentlichen Amt erforderliche gesundheitliche Eignung besaß nach bisheriger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur derjenige, bei dem aufgrund seiner körperlichen Veranlagung die Möglichkeit häufiger Erkrankungen oder der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden konnte. Bei der Entscheidung, ob ein Bewerber über die erforderliche gesundheitliche Eignung verfügt, wurde angenommen, stehe der Einstellungsbehörde ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
[b]Nach der aktuellen Rechtsprechung des BVerwG ist es aber jetzt so, dass [/b]
- solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt - aktuell dienstfähigen Bewerbern die allgemeine gesundheitliche Eignung nur dann abgesprochen werden darf, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird oder der Bewerber bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird, als vom Gesetzgeber erwartet.
Der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung stellt eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit dar, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht. Bei der Entscheidung, ob der Bewerber den festgelegten laufbahnbezogenen Voraussetzungen gesundheitlicher Hinsicht genügt, steht dem Dienstherrn wegen Art. 19 Abs. 4, 33 Abs. 2 GG und § 9 BeamtStG kein Beurteilungsspielraum zu.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11, Rn. 16, 24 ff., und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12
[b]Die vorgenannten Maßstäbe sind auch auf Beamtenbewerber für den Polizeivollzugsdienst anwendbar,[/b] obwohl der Polizeidienstbewerber seine individuelle körperliche Leistungsfähigkeit an einem strengeren Maßstab messen lassen muss als der Beamtenbewerber für den allgemeinen Verwaltungsdienst. Vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 21. August 2014 - W 1 E 14.733 -, Rn. 20; VG Berlin, Urteil vom 22. Januar 2014 -7 K 117.13.
Der Polizeivollzugsdienst stellt besondere Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit, insbesondere muss der Polizeivollzugsbeamte jederzeit, an jedem Ort und in jeder Stellung einsetzbar sein, die seinem statusrechtlichen Amt entspricht.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - 2 C 4.04
Diese aus meiner persönlichen Praxis hier wiedergegebenen Rechtstatsachen zeigen deutlich, dass ich Ihre Frage nicht plakativ mit Ja oder Nein beantworten kann, sondern dass es sehr auf den Einzelfall und eine versierte anwaltliche Vertretung vor Ort ankommt.
Auf jeden Fall sollte Ihr Sohn aber die genannten Firsten zum Widerspruch exakt beachten und dann ggf. anhand des Widerspruchsbescheids die weiteren Schritte abwägen.
Sofern keine Rechtsschutzversicherung die Sache abdeckt, kann auch ein Antrag auf Prozesskostenhilfe in Frage kommen. Hier bestünde der positive "Nebeneffekt", dass quasi eine gerichtliche Vorprüfung der Erfolgsaussichten zu reduzierten Kosten zu erlangen ist.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Rückfrage vom Fragesteller
9. September 2019 | 13:40
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
hätten Sie auch Interesse diesen Fall zu übernehmen, oder können mir einen Kollegen dazu empfehlen?
Herzliche Grüße
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
9. September 2019 | 14:04
Schreiben Sie mir bitte eine Email an: ra-w.burgmer@online.de "persönlich".
Mit freundlichen Grüßen.
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt u. Krim.Dir. aD