Weitergabe meiner persönlicher Daten durch einen Polizeibeamten

27. August 2025 16:03 |
Preis: 40,00 € |

Schadensersatz


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin in einem Verfahren betroffen, bei dem ein Polizeibeamter unberechtigt meine persönlichen Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Religionszugehörigkeit etc.) an eine dritte Person weitergegeben und dabei zusätzlich abwertende Bemerkungen über mich gemacht hat.

Das Amtsgericht hat den Beamten bereits strafrechtlich verurteilt. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, das Verfahren läuft nun vor dem Landgericht. Ich selbst habe Strafantrag gestellt.

Nun überlege ich, zivilrechtlich gegen den Beamten bzw. das Land NRW vorzugehen, insbesondere auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und ggf. Unterlassung.

Meine Fragen hierzu:
1. Macht es Sinn, parallel zum laufenden Strafverfahren zivilrechtlich vorzugehen, oder sollte ich besser das Berufungsverfahren abwarten?
2. Welche Ansprüche sind hier für mich realistisch (z. B. § 823 BGB – allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 82 DSGVO, Amtshaftungsanspruch)?
3. Welche Risiken bestehen, insbesondere in Bezug auf Kosten und Beweislast?
4. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten in vergleichbaren Fällen ein – gerade angesichts der bereits erfolgten Verurteilung im Strafverfahren?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Einschätzung!

Mit freundlichen Grüßen
Parallel vorgehen ist zulässig. Taktisch spricht aber viel dafür, das Berufungsurteil abzuwarten. Ein rechtskräftiges Strafurteil stärkt Ihre Überzeugungskraft im Zivilprozess deutlich. Zudem kann das Zivilgericht ein bereits erhobenes Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens aussetzen. Eine Ausnahme: Wenn Sie akuten Unterlassungsschutz brauchen, etwa weil eine weitere Weitergabe droht. Dann lässt sich eine einstweilige Verfügung prüfen.

Ansprüche bestehen regelmäßig aus drei Richtungen. Erstens Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit Geldentschädigung und Unterlassung. Zweitens Schadensersatz für materielle und immaterielle Nachteile wegen unzulässiger Datenverarbeitung nach Datenschutzrecht. Drittens Amtshaftung, weil der Beamte als Hoheitsträger handelte, sodass grundsätzlich das Land haftet; der Beamte kommt daneben vor allem für Unterlassung oder Widerruf in Betracht. Zusätzlich haben Sie Ansprüche auf Auskunft, Löschung/Sperrung und Berichtigung. Typische Posten sind Schmerzensgeld für Kontrollverlust und Rufbeeinträchtigung, Ersatz konkret angefallener Kosten (zum Beispiel Beratungsaufwand), sowie eine verbindliche Unterlassungserklärung.

Zur Höhe lässt sich seriös nur eine Spanne angeben. Entscheidend sind Sensibilität der Daten, Zahl und Bedeutung der Empfänger, die abwertenden Zusätze, Ihr persönlicher Belastungsverlauf und ob die Weitergabe nachhaltig wirkt. In vergleichbaren Konstellationen bewegen sich zugesprochene Schmerzensgelder häufig im unteren bis mittleren vierstelligen Bereich; bei besonders sensiblen Daten oder breiter Verbreitung auch deutlich höher. Ein sauber dokumentierter immaterieller Schaden erhöht die Chance auf eine spürbare Zahlung.

Risiken betreffen vor allem Kosten und Beweis. Die Kosten hängen vom Streitwert ab; Rechtsschutzversicherung oder Prozesskostenhilfe können das Risiko mindern. Sie tragen die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsverletzung, den Schaden und die Kausalität. Das Strafurteil hilft stark, ersetzt aber nicht jede zivilrechtliche Prüfung. Die Gegenseite könnte dienstliche Rechtfertigungsgründe behaupten; dagegen hilft eine genaue Aufbereitung der Umstände, wer was, wann, an wen und mit welchem Zweck übermittelt hat.

Die Erfolgsaussichten sind bei rechtswidriger Weitergabe durch einen Polizeibeamten und bereits erfolgter strafrechtlicher Verurteilung grundsätzlich gut. Datenschutzrechtliche Ansprüche und Amtshaftung greifen hier oft ineinander. Unterlassung ist realistisch, wenn Wiederholungsgefahr besteht; Geldentschädigung ist realistisch, wenn die Beeinträchtigung nachvollziehbar dargelegt wird.

Wohin Sie sich wegen des Datenschutzverstoßes wenden können: Sie können eine Beschwerde bei der oder dem Datenschutzbeauftragten der betroffenen Polizeibehörde einreichen. Parallel oder alternativ empfiehlt sich eine förmliche Beschwerde bei der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen. Dieses Verfahren ist kostenfrei, formlos möglich und kann Anordnungen gegenüber der Behörde nach sich ziehen. Fügen Sie Ihrer Beschwerde eine klare Chronologie, Belege, Namen möglicher Zeugen und Ihr Begehren bei (Unterlassung, Löschung, disziplinarische Prüfung). Zusätzlich können Sie den Dienstherrn (Polizeipräsidium/Innenministerium) über eine Dienstaufsichtsbeschwerde informieren; das stößt ein disziplinarisches Prüfen an, auch wenn Sie darüber nicht „verfügen" können.

Praktischer Fahrplan: Beweise sichern (Mails, Screenshots, Zeugen, Tagebuch zu Belastungen). Akteneinsicht als Verletzter im Strafverfahren beantragen, um Inhalte gerichtsfest zu erfassen. Datenschutzbeschwerde an LDI NRW und den behördlichen Datenschutzbeauftragten absenden. Gleichzeitig ein anwaltliches Anspruchsschreiben an das Land NRW senden mit Auskunfts- und Löschungsbegehren, Unterlassung, sowie Forderung auf Geldentschädigung und Schadensersatz, Frist etwa zwei Wochen. Unterlassung im Eilverfahren prüfen, falls erneute Weitergabe droht. Die Zivilklage sinnvollerweise nach dem Berufungsurteil einreichen; bis dahin verjähren Ansprüche regelmäßig nicht, da die allgemeine Frist erst zum Jahresende der Kenntnis zu laufen beginnt. Das hält Druck aufrecht und nutzt den Rückenwind eines rechtskräftigen Strafurteils.

Kurzempfehlung: Jetzt Beschwerdewege und außergerichtliche Geltendmachung starten, Unterlassung bei Bedarf im Eilverfahren sichern, die Klage strategisch auf nach der Berufung legen. So kombinieren Sie Tempo, Kostenkontrolle und Beweiskraft.

Ich hoffe das hilft für die erste Einschätzung, viele Grüße und einen tollen Tag!


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