4. August 2025
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14:11
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
Marktstraße 17/19
70372 Stuttgart
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E-Mail: hesterberg@hsv-rechtsanwaelte.de
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Haftungsfreistellung als Selbstzahler – Außenhaftung und Binnenhaftung
Eine vollständige Haftungsfreistellung eines einzelnen Eigentümers – sowohl im Außenverhältnis (gegenüber der Bank) als auch im Innenverhältnis (gegenüber der Gemeinschaft) – ist rechtlich grundsätzlich nicht ohne weiteres möglich.
Im Außenverhältnis ist die WEG als Verband nach § 9a WEG rechtsfähig und kann selbst Kreditnehmerin sein. Die Bank hat in der Regel nur einen Anspruch gegen die WEG als solche, nicht gegen die einzelnen Eigentümer direkt.
Allerdings kann die Bank im Falle von Zahlungsstörungen mittelbar auf das Gemeinschaftseigentum zugreifen, was letztlich alle Eigentümer betrifft. Eine individuelle Haftungsfreistellung eines einzelnen Eigentümers im Außenverhältnis ist praktisch kaum durchsetzbar, da die Bank regelmäßig auf einer gesamtschuldnerischen Haftung der WEG besteht und keine individuellen Freistellungen akzeptiert.
Im Innenverhältnis (Binnenhaftung) haften die Eigentümer nach dem gesetzlichen Verteilerschlüssel (§ 16 Abs. 2 WEG) anteilig für die Verbindlichkeiten der WEG.
Wenn ein Eigentümer als Selbstzahler auf seinen Anteil an der Sanierungskosten verzichtet, kann dies im Innenverhältnis durch eine entsprechende Vereinbarung geregelt werden. Das bedeutet: Die Eigentümergemeinschaft kann beschließen, dass ein Eigentümer, der seinen Anteil an den Sanierungskosten direkt und ohne Inanspruchnahme des Kredits zahlt, im Innenverhältnis von der Rückzahlungspflicht gegenüber der WEG für diesen Anteil befreit wird.
Dies betrifft aber nur das Innenverhältnis; im Außenverhältnis bleibt die Haftung der WEG als Ganzes bestehen.
2. Abstimmungsmehrheit für Befreiung von der Binnenhaftung
Die Befreiung eines einzelnen Eigentümers von der Beteiligung an der gemeinschaftlichen Finanzierung (also von der Binnenhaftung) stellt eine Änderung des gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels dar. Nach der aktuellen Rechtslage ist hierfür grundsätzlich Einstimmigkeit erforderlich, sofern nicht bereits in der Teilungserklärung oder durch frühere Vereinbarung eine abweichende Regelung getroffen wurde, die eine Mehrheitsentscheidung zulässt.
S. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH): Hiervon kann also im Innenverhältnis jedoch abgewichen werden. Dies fordert eine ausdrückliche Vereinbarung oder ist bereits in der Teilungserklärung so festzulegen (vergleiche Entscheidung BGHZ 130, 304). Eine derartige Änderungen muss einstimmig erfolgen, es sei denn sie ist durch Vereinbarung oder Teilungserklärung ausdrücklich für einen Mehrheitsbeschluss zugelassen.
Das bedeutet: Eine Befreiung von der Binnenhaftung ist nur mit Zustimmung aller Eigentümer (Einstimmigkeit) möglich, sofern die Teilungserklärung keine abweichende Regelung vorsieht.
Ob das realistisch ist, ist natürlich eine andere Frage.
3. Folgen einer Gegenstimme als Selbstzahler – Nachschusspflicht im Binnenverhältnis
Wenn Sie als Selbstzahler gegen den WEG-Kredit stimmen, die Mehrheit aber den Kredit beschließt, sind Sie grundsätzlich dennoch an den Beschluss gebunden. Das bedeutet, Sie sind im Innenverhältnis verpflichtet, Ihren Anteil an den Kreditraten (bzw. an der Sonderumlage zur Rückzahlung des Kredits) zu tragen, solange keine einstimmige Befreiung von dieser Verpflichtung beschlossen wurde.
Eine bloße Gegenstimme oder der Wunsch, als Selbstzahler nicht am Kredit teilzunehmen, führt nicht automatisch zu einer Haftungsfreistellung im Innenverhältnis. Sie bleiben nach dem gesetzlichen Verteilerschlüssel zur Zahlung verpflichtet, es sei denn, die Gemeinschaft beschließt einstimmig Ihre Freistellung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Daniel Hesterberg