Versicherungsverträge gleichen Datums mit sich unterscheidenden Inhalten

| 14. Februar 2025 17:46 |
Preis: 60,00 € |

Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Sehr geehrte Damen und Herren von "Frag-einen-Anwalt.de",

meine Krankenversicherung, die "XYZ", übermittelt mir in ihrer 'Homepage' 3 --in Worten drei--unterschiedliche Versicherungsverträge zur identischer Versicherungsnummer (hier "1234567890") mit identischem(!) Datum (hier dem 24.01.2025).

Allerdings weichen die Inhalte der Versicherungsscheine dahingehend ab, als
1.) 3 jeweils sich unterschiedliche Versicherungsbeginne (01.09.2024 / 01.10.204 / 01.01.2025) aufgeführt
2.) 3 jeweils sich unterscheidende Versicherungsprämien (!jeweils FIKTIV: 400 € / 450 € / 500 €) eingetragen sind.

Nach meinem Rechtsempfinden sind alle 3 Versicherungsverträge/Versicherungsscheine unwirksam, weil sie sich gegenseitig aufgrund der oben genannten sich unterscheidenden Inhalte aufheben.
Richtig / korrekt?
Auf welche §§ im V V G (VersicherungsVertragsGesetz) kann ich mich in diesem Kontext berufen?

Danke im Voraus...

Mit freundlichem Gruße
und Gesundheit
Eingrenzung vom Fragesteller
14. Februar 2025 | 18:34
14. Februar 2025 | 18:35

Antwort

von


(483)
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Ihr Fall wirft erhebliche rechtliche Unklarheiten hinsichtlich des wirksamen Versicherungsvertrages auf. Ich werde systematisch darauf eingehen und Ihnen die relevanten §§ des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) nennen.

1. Problemstellung: Mehrere Versicherungsscheine mit widersprüchlichen Angaben

Sie haben von Ihrer Krankenversicherung drei unterschiedliche Versicherungsscheine mit:
• Identischer Versicherungsnummer
• Identischem Ausstellungsdatum
• Abweichenden Versicherungsbeginnen
• Abweichenden Versicherungsprämien

Daraus ergibt sich die Frage: Welcher Vertrag gilt (wenn überhaupt)? Oder sind alle drei unwirksam?

2. Widersprüchliche Versicherungsscheine – Aufhebung aller Verträge?

Nach Ihrem Rechtsempfinden heben sich die drei Versicherungsscheine gegenseitig auf, weil sie widersprüchliche Angaben enthalten.
Allerdings bedeutet ein Widerspruch nicht automatisch die Unwirksamkeit aller Verträge, sondern es ist zu klären:
• Welcher Vertrag tatsächlich zustande gekommen ist
• Ob eine Vertragsanpassung oder Anfechtung möglich ist

Folgende gesetzliche Vorschriften aus dem VVG (Versicherungsvertragsgesetz) sind relevant:

3. Wichtige gesetzliche Grundlagen im VVG

a) Vertragsschluss: § 1 VVG – Zustandekommen des Versicherungsvertrages

Ein Versicherungsvertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande.
➡ Frage: Welches dieser drei Dokumente entspricht dem Angebot, das von Ihnen oder der Versicherung angenommen wurde?

b) Versicherungsschein als Vertragsgrundlage: § 3 VVG

Nach § 3 Abs. 1 VVG muss die Versicherung einen Versicherungsschein (Police) ausstellen, der die wesentlichen Inhalte des Vertrags wiedergibt.
➡ Problem: Wenn es mehrere widersprüchliche Versicherungsscheine gibt, könnte unklar sein, welcher Vertrag tatsächlich gilt.

c) Widersprüchliche Vertragsbedingungen: § 5 VVG – Auslegung bei Unklarheiten

Nach § 5 VVG gilt bei Unklarheiten und Widersprüchen zwischen Antrag, Annahmeerklärung und Versicherungsschein die für den Versicherungsnehmer günstigste Auslegung.
➡ Das bedeutet: Falls eine Prämie von 400 €, 450 € und 500 € genannt wird, könnte die niedrigste Prämie (400 €) maßgeblich sein.

d) Korrektur des Versicherungsscheins: § 8 VVG – Rücktrittsrecht bei abweichendem Versicherungsschein

Falls der Versicherungsschein vom Antrag abweicht, kann der Versicherungsnehmer nach § 8 Abs. 2 VVG innerhalb eines Monats nach Zugang der Police widersprechen.
➡ Möglichkeit: Falls keiner der drei Versicherungsscheine mit Ihrem ursprünglichen Antrag übereinstimmt, könnten Sie die Verträge zurückweisen.


4. Handlungsempfehlung

a. Schriftliche Nachfrage bei der Versicherung
• Fordern Sie eine eindeutige Erklärung, welcher Vertrag nun tatsächlich gilt.
• Berufen Sie sich dabei auf § 5 VVG (kundenfreundlichste Auslegung) und § 8 VVG (Widerspruchsrecht bei Abweichungen).

b. Mögliche Anfechtung oder Rücktritt
• Falls keiner der Versicherungsscheine mit Ihrem ursprünglichen Antrag übereinstimmt, könnten Sie den Vertrag wegen Unklarheit und Abweichung vom ursprünglichen Antrag zurückweisen (§ 8 VVG).
• Falls die Versicherung keine eindeutige Antwort gibt, könnte man sogar an eine Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB) oder arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) denken.

c. Günstigste Vertragsvariante wählen (§ 5 VVG)
• Falls Sie einen Vertrag aufrechterhalten wollen, wäre die Variante mit der günstigsten Prämie nach § 5 VVG durchsetzbar.

5. Fazit

Nein, die Verträge heben sich nicht automatisch gegenseitig auf.
Es ist zu klären, welcher Vertrag gilt, oder ob eine Vertragsanpassung oder Anfechtung möglich ist.

Relevante §§ im VVG:
• § 1 VVG (Vertragsschluss)
• § 3 VVG (Vertragspolice)
• § 5 VVG (kundenfreundlichste Auslegung)
• § 8 VVG (Widerspruchsrecht)

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Mohamed El-Zaatari

Bewertung des Fragestellers 8. März 2025 | 11:06

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"Herr RA Mohamed EL-ZAATARI ist hinsichtlich seiner Rechtsauskunft in Bezug auf (Kranken-)Versicherungsrecht ( = V V G) absolut und uneingeschränkt EMPFEHLENSWERT; besonders positiv überrascht war ich über die (sehr) kurze Antwortdauer von ca. 3 Stunden und das an einem Freitag Spätnachmittag!!"
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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 8. März 2025
5/5.0

Herr RA Mohamed EL-ZAATARI ist hinsichtlich seiner Rechtsauskunft in Bezug auf (Kranken-)Versicherungsrecht ( = V V G) absolut und uneingeschränkt EMPFEHLENSWERT; besonders positiv überrascht war ich über die (sehr) kurze Antwortdauer von ca. 3 Stunden und das an einem Freitag Spätnachmittag!!


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