Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Auch wenn ich Ihre Argumentation für durchaus nachvollziehbar halte, muss ich aus anwaltlicher Sicht zum sichersten Weg raten, und dies ist hier das Schiedsverfahren.
So hat das Landgericht Oldenburg (Beschluss vom 21.08.2012 - 5 T 529/12) zur vergleichbaren Regelung in Niedersachsen entschieden, dass eine über die Plattform Facebook begangene Ehrverletzung nicht unter die Ausnahme "in Rundfunk und Presse begangen" fällt (ebenso AG Bad Segeberg, Beschluss vom 02.10.2013 – 9 C 227/13).
Für diese Einschätzung des Gerichts spricht auch die Begriffsbestimmung in § 2 Absatz 3 Rundfunkstaatsvertrag, wonach u.a. ein zeitgleiches Angebot an mindestens 500 potentielle Nutzer erfolgen sowie der Beitrag journalistisch-redaktionell aufgearbeitet sein muss, um unter den Begriff "Rundfunk" zu fallen - beides dürfte in Ihrem Fall nicht zutreffen. Insofern fehlt es auch an der herausgehobenen öffentlichen Bedeutung, die als Begründung für die Ausnahmeregelung vom Schlichtungsverfahren bei Begehen in Presse und Rundfunk angeführt wird.
Ich möchte allerdings auch nicht unerwähnt lassen, dass z.B. bei einem Eintrag in ein öffentliches Gästebuch die Notwendigkeit eines Schlichtungsverfahrens verneint wurde (AG St. Wendel, 25.04.2005 - 13 C 52/05). Dennoch rate ich aufgrund des hohen Prozessrisikos dringend davon ab, ohne Schiedsverfahren direkt Klage einzureichen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Jan Wilking
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Wilking,
vielen Dank für Ihre wirklich nachvollziehbare Antwort.
Bitte entschuldigen Sie die verspätete Rückmeldung, aber da es Freitag später Nachmittag war und mir die Auflagen der Plattform für Sie bei Rückfragen sind, wollte ich nicht Ihren Feierabend oder das Wochenende stören.
Ja, tatsache ist, dass nicht vorherzusagen ist, wie weit ein Gericht ist, neue Aspekte zu berücksichtigen oder nur nach vorhandenen Texten geht, auch wenn diese lange überholt sind.
Daher ist natürlich Ihr Rat, den sicheren Weg zu gehen, völlig korrekt.
Da ich es nicht zu umfangreich machen wollte, hatte ich die Frage bereits im Betreff so gestellt und mir weiteren Hintergrund erspart. Tatsache ist, das die Klage bereits seit 02.2016 eingereicht ist und das Gericht auch einen Termin im Mai angesetzt hat, sowie Schriftverkehr zwischen meinem Anwalt und dem Anwalt des Urhebers der E-Mail erfolgte, in dem der Anwalt des Beklagten ständig völlig nicht zusammenhängende Nebenschauplätze eröffnet und der Beklagte selbst mich jetzt persönlich mit der Auffassung, die Klage wäre ohnhin unzulässig, weil eben kein Schiedsverfahren durchgeführt wurde.
Für mich stellt sich nun die Frage: das Gericht hat die Klage ja angenommen. Dies hätte es ohne Nachweis eines gescheiterten Schiedsverfahrens unter dem Gesichtspunkt Ehrverletzung nicht dürfen. Wie wird das Gericht reagieren, wenn der gegnerische Anwalt dies nun zum Thema macht?
Andererseits habe ich den Absender vorher mehrfach privat um Rücknahme der Behauptung und Frist angeschrieben, dann durch meinen Anwalt, der dann eine Strafbewehrte Unterlassungserklärung forderte, die natürlich verweigert wurde und die Klage ist jetzt eine Klage eben auf Abgabe dieser Erklärung - also keine Klage im üblichen Fall Ehrverletzung auf Schmerzensgeld, Staatsanwaltschaft, Haft, Strafe.
Also für mich ein anderer Klagegrund, der kein Schiedsgericht voraussetzt. Aber wird das Gericht das auch so sehen?
Daher meine vorsorgliche Frage, ob E-Mail und Internet nicht im Sinne des Gesetzes mehr dem Rundfunk zuzuschreiben sind. Dieser Teil des Gesetzes erscheint mir einfach zu alt, da hier ja noch nicht einmal Fernsehen erwähnt wird, um herangezogen zu werden.
Aber da sind wir genau bei den von Ihnen aufgeführten Punkten - ein Gericht entscheidet so, ein anderes anders. Ich hatte nur die Hoffnung, es gäbe zwischenzeitlich doch ein höheres und prägenderes zeitlich auch die aktuelle Medienlandschaft und vor allem die Gefahr der Massenverbreitung von E-Mails, ohne Wissen des Absenders oder Empfängers, alleine durch die inzwischen auf jedem Betriebssystem zu findenden APP's, die Zugriff auf praktisch alles für eine kostenlose Nutzung verlangen und diese Informationen dann noch verkaufen.
Wenn also ein solcher Inhalt einer E-Mail als Information zu meiner Person, von Dritten über eine App oder einen der tausend Server, über die die E-Mail lief verkauft wird, haben wir aber schnell deutlich mehr als 500 Zuhörer und vor allem mit wirklich ernsten Konsequenzen.
Daher eine doch durchaus spannende Frage ...
Mich würde als Nachfrage daher kurz und knapp Ihre subjektive Wertung über den Erhalt dieses Gesetzes ohne Anpassungen an die aktuelle Medienlandschaft interessieren. Evtl. würde ich direkt Kontakt zu Ihnen aufnehmen, um dieses Thema weiter zu verfolgen.
Vielen Dank für die weiteren Erläuterungen.
Tatsächlich kann der Gesetzgeber in vielen Bereichen nicht mit der schnellen Entwicklung der Medienlandschaft mithalten. Deshalb ist in solchen Fällen immer öfter der Richter gefragt und muss die entsprechenden Wertungen vornehmen. Dies bedeutet sowohl für die Prozessparteien als auch die beratenden Anwälte leider stets auch eine gewisse Unsicherheit.
Entscheidend dürfte in Ihrem Fall sein, dass Sie nachvollziehbar und überzeugend darlegen, weshalb eine E-Mail durchaus vergleichbar in der Verbreitung und damit verbundener Gefahr mit Rundfunk/Presse ist (ggf. sogar darüber hinausgehen kann) und daher eine herausgehobene öffentliche Bedeutung zu bejahen ist. Ich hatte Ihnen ja ein entsprechendes Urteil bereits genannt, eventuell findet Ihr Anwalt bei tiefergehender Recherche noch weitere passende Urteile.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für den weiteren Prozessverlauf und verbleibe
mit freundlichen Grüßen