Verfahrensablauf bei Einreichung einer Nichtigkeitsklage im Zivilrecht

20. März 2025 12:58 |
Preis: 70,00 € |

Anwaltsrecht, Gebührenrecht, Verfahrensrecht


Beantwortet von


16:36
Wie ist der Verfahrensablauf bei Einreichung einer Nichtigkeitsklage im Zivilrecht bei einem Urteil des Amtsgerichts? Meine Frage bezieht sich auf den reinen Ablauf also nicht darauf ob eine solche Klage aufgrund eines möglichen Verfahrensfehlers begründet sein könnte. Hintergrund meiner Frage ist die Überlegung ob es rechtlich überhaupt möglich bzw. sinnvoll ist einen beanstandeten, nachträglich bekannt gewordenen Verfahrensfehler von einem neuen, neutraleren Gericht überprüfen und ggfs. neu verhandeln zu lassen. Oder ob sich Aufwand und Kosten nicht lohnen.
Also:
Welches Gericht ist für eine solche Klage zuständig? Muss ein Gericht die Klage annehmen und wer entscheidet dann über die Klage. Kann es/ darf es der gleiche Richter sein der im zugrunde liegenden Verfahren entschieden hat. Das würde ja im Endeffekt bedeuten das ein Richter über die Folgen seines eigenen Verfahrensfehlers entscheiden könnte.
Meine Frage bezieht sich vor allem darauf ob ein Amtsgericht ( bzw. der betreffende Richter) die Klage einfach ablehnen kann mit der (oder ähnlicher) Begründung das eine Nichtigkeitsklage „nicht gegeben" ist?
Kernpunkt meiner Frage:
Gibt es einen gesetzlich definierten Entscheidungsprozess (mit Urteil+ Begründung) nach Einreichung einer Nichtigkeitsklage gegen den man Einspruch einlegen kann, damit diese Nichtigkeitsklage bzw. der zugrunde liegende Sachverhalt vor einem nächsthöheren Gericht entschieden wird. Wenn ja, wie sieht dieser aus?
20. März 2025 | 14:06

Antwort

von


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08056 Zwickau
Tel: 0375/35313120
Web: https://www.ra-lars-winkler.de
E-Mail: hallo@ra-lars-winkler.de
Sehr geehrter Fragesteller,


Lassen Sie mich Ihre Anfrage wie folgt beantworten:


Das, was Sie laienhaft als Nichtigkeitsklage bezeichnen ist im juristischen Sprachgebrauch die Berufung. Wie gewünscht liefere ich einen Überblick über Zulässigkeit und Ablauf einer solchen Berufung. Die Erfolgsaussichten kann man ohnehin nur beurteilen soweit der konkrete Sachverhalt, die Schriftsätze an das Amtsgericht sowie dessen Urteil bekannt sind.

Gegen die Urteile der Amtsgerichte in erster Instanz ist die Berufung statthaft. Geregelt ist diese in den §§ 511 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Berufungsgericht für die Urteile der Amtsgerichte erster Instanz ist gemäß § 72 Gerichtsverfassungsgesetz das zuständige Landgericht. Es besteht also nicht die Gefahr, dass derselbe Richter wie in erster Instanz über die Berufung gleich mit entscheidet.

Vor den Landgerichten herrscht gemäß § 78 ZPO Anwaltszwang. D.h. eine Berufung muss zwingend von einem Rechtsanwalt eingereicht und begründet werden. Sie sollten sich schon deswegen umgehend an einen Anwalt wenden, ihm den Fall schildern und über die Sinnhaftigkeit einer Berufung mit ihm sprechen.

Die Berufung ist binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils erster Instanz einzulegen. Diese Frist ist eine sogenannte Notfrist, d.h. sie kann nicht verlängert werden. Deswegen ist sie unbedingt und unter allen Umständen einzuhalten.

Begründet werden muss die Berufung dann binnen eines weiteren Monats durch Schriftsatz an das Berufungsgericht. Dort sind alle Tatsachen und rechtlichen Umstände anzugeben, welche die Berufung begründen. Klarzustellen ist auch, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil angegriffen werden soll.

Das Berufungsgericht wird die Sache prüfen, dem Berufungsbeklagten die Schriftsätze zustellen und diesen auffordern, sich gegen die Berufung zu verteidigen. Meist wird das Berufungsgericht dann wie das erstinstanzliche Gericht nach einer mündlichen Verhandlung entscheiden. Denkbar ist allerdings auch, dass lediglich schriftlich vorgegangen wird. In der Regel ist das dann der Fall, wenn eine Berufung in den Augen des Gerichts keine Erfolgschance hat.

Die Gerichtskosten für die Berufung sind etwas höher als in erster Instanz, 4,0 statt 3,0 Gebühren. Dazu kommen dann natürlich noch die Kosten für den Rechtsanwalt.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts ergeht in der Regel nach mündlicher Verhandlung in Form eines Urteils, im oben angesprochenen Ausnahmefall auch ohne mündliche Verhandlung dann als Beschluss. Statthaft als Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts wäre dann die Revision gemäß den §§ 542 ff. ZPO.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Lars Winkler

Rückfrage vom Fragesteller 20. März 2025 | 14:47

Meine Frage wurde offensichtlich völlig falsch interpretiert und daher auch völlig falsch beantwortet. Ich habe ausdrücklich nach dem einer Nichtigkeitsklage (nach § 579 ZPO) gefragt. Wie eine Berufung abläuft, ist mir bekannt. Meine Frage bezog sich also ausschließlich auf den Ablauf einer Nichtigkeitsklage, also dem Antrag zur Wiederaufnahme eines Verfahrens mit dem Ziel ein bereits rechtskräftiges Urteil zu beseitigen, um eine neue Entscheidung herbeizuführen. Zum Beispiel wenn ein Verfahrensfehler erst nach der Berufungsfrist bekannt geworden ist.
Da dies eher exotisch ist und in dem Laien zugänglichen Literatur kaum behandelt wird, ist mir auch der Ablauf nicht bekannt. Deshalb auch meine konkrete Frage ob ein Amtsgericht (bzw. der betreffende Richter) eine solchen Klage einfach ablehnen kann mit einer einfachen Begründung wie z.B. das eine Nichtigkeitsklage „nicht gegeben" ist. Oder ob es einen gesetzlich definierten Entscheidungsprozess (mit Urteil+ Begründung) nach Einreichung einer Nichtigkeitsklage gibt gegen den man Einspruch einlegen kann, damit diese Nichtigkeitsklage bzw. der zugrunde liegende Sachverhalt vor einem nächsthöheren Gericht entschieden wird. Und wenn ja, wie sieht dieser aus?
Bitte lesen Sie also noch einmal meine Fragestellung unter Berücksichtigung der aufgeführten Angaben. Danke

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 20. März 2025 | 16:36

Sehr geehrter Fragesteller,

An der Stelle habe ich in der Tat völlig missverstanden.

Zunächst fange ich aber wieder mit der Berufung an. Die Nichtigkeitsklage Ist subsidiär gegenüber allen zulässigen Rechtsmitteln. D.h. die Mängel müssten zunächst mit dem zur Verfügung stehenden Rechtsmittel, hier der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts, geltend gemacht werden. Wenn die Berufungsfrist verschuldet versäumt wird wäre das auch ein Grund, aus dem die Nichtigkeitsklage unzulässig ist.

Für das zuständige Gericht gilt hier § 584 ZPO. Danach ist das Gericht zuständig, welches in der ersten Instanz entschieden hat. Auf diesem Wege wäre es in der Tat NICHT auszuschließen, dass derselbe Richter zuständig wäre wie bei der ursprünglichen Klage. Einen besonderen Mechanismus, welcher genau das verhindert, sieht das Gesetz nicht vor. Dabei ist alllerdings zu beachten, dass zum Beispiel ein unzuständiger Richter, der zu Unrecht beim ersten Mal entschieden hat, jetzt nicht erneut zuständig wäre. Gemäß Paragraph 585 ZPO gelten auch für die Nichtigkeitsklage die allgemeinen Vorschriften. Demnach könnte und müsste man dann eine ungünstige Entscheidung der Nichtigkeitsklage in erster Instanz wieder mit der Berufung anfechten.


Mit freundlichen Grüßen,

Lars Winkler
Rechtsanwalt

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