Antwort
vonRechtsanwalt Martin Schröder
Mainzer Str. 116
66121 Saarbrücken
Tel: 0681-40141116
Web: https://www.schroeder-anwaltskanzlei.de
E-Mail: info@schroeder-anwaltskanzlei.de
zunächst müssen Sie davon ausgehen, dass Sie in der Tat eine Befreiung vom Bebauungsplan benötigen, wenn das Vorhaben von den Vorgaben des Bebauungsplanes abweicht. Das gilt unabhängig davon, ob die Überdachung bzw. die Pergola nach dem Bauordnungsrecht verfahrensfrei ist. Denn die Verfahrensfreiheit befreit nur von einem bauordnungsrechtlichen Genehmigungserfordernis, nicht aber von einem bauplanungsrechtlichen Befreiungserfordernis.
Nach Ihren Angaben gehe ich davon aus, dass sowohl die genehmigte Terasse als auch die geplante Überdachung/Pergola außerhalb der Baugrenzen liegen und dass die Überdachung/Pergola nicht über die von der Terasse überbaute Grundfläche hinausreichen soll. Des Weiteren gehe ich davon aus, dass die im Bebauungsplan festgesetzte GRZ von der genehmigten Bebauung überschritten wird. Die Behörde geht offenbar davon aus, dass die Überdachung/Pergola von der überbaubaren Grundstücksfläche abweicht und die schon genehmigte GRZ erhöht.
Davon ausgehend kann Ihnen eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und wenn die Abweichung städtebaulich vertretbar ist.
Was Grundzug eines Bebauungsplanes ist, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt vom jeweiligen Bebauungsplan ab. Selbst wenn die Festsetzungen zur bebaubaren Grundstücksfläche und die GRZ hier Grundzüge darstellen würden, wäre jedoch fraglich, ob Ihr Vorhaben diese Grundzüge negativ betreffen könnte. Das wäre nicht der Fall, wenn das Vorhaben diese Grundzüge nicht mehr beeinträchtigen würde, als dies das bereits genehmigte Vorhaben schon tut. So scheint mit der Fall zu liegen.
Denn wenn die Überdachung/Pergola nicht über die Grundfläche der Terasse hinausreicht, nimmt sie nur solche nicht überbaubare Grundstücksfläche in Anspruch, die schon mit der Terasse überbaut ist. Der Grundzug wird dann nicht zusätzlich beeinträchtigt.
Auch die Überschreitung der zulässigen GRZ wird wohl nicht vergrößert. Denn die in Anspruch genommene Grundstücksfläche wird nicht vergrößert. Insoweit scheint die Behöre davon auszugehen, durch die Überdachung entstehe eine Hauptanlage, die die GRZ I vergrößere, während die Terasse als Nebenanlage lediglich in die GRZ II einzureichnen gewesen sei. Dies wäre ein Rechtsirrtum. Denn die Terasse ist, zumindest wenn sie nicht baulich vom Gebäude getrennt ist, selbst Teil der Hauptanlage und geht daher in die GRZ I ein.
Unter diesen Voraussetzungen wären die Abweichungen dann auch städtebaulich vertretbar, weil sie die schon bestehenden Abweichungen nicht vertiefen würden.
Aus der Stellungnahme der Behörde deutet sich an, dass es ihr eigentlich um einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt geht, nämlich um die Baumasse (aus der zweidimensionalen Terasse entsteht ein dreidimensionaler Baukörper). Dieser Gesichtspunkt ist aber wohl wie meist nicht im Bebauungsplan geregelt. Jedenfalls wird er nicht von den Festsetzungen zur Überbaubarkeit und zur GRZ erfasst.
Man könnte das Ganze etwas unjuristischer wie folgt formulieren: soweit die Grenzen des Bebauungsplanes durch die erteilte Genehmigung bereits überschritten wurden, kommt es auf die Überdachung/Pergola nun auch nicht mehr an.
Ich hoffe, ich kann Ihnen mit diesen Hinweisen behilflich sein.
Mit besten Grüßen
Rechtsanwalt Martin Schröder
Guten Tag,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Leider muss ich noch mal nachfragen, da meine Frage noch nicht ganz beantwortet ist. Das Problem der Stadt ist nicht die GRZ, sondern ein eher "subjektiver" Punkt. Hier nochmal ein Ausschnitt der Antwort der Stadt, der das gut wiedergibt:
"Die nun geplante Terrassenüberdachung vergrößert die Kubatur des Wohnhauses spürbar und ist deshalb städtebaulich an dieser Stelle in der nicht überbaubaren Fläche nicht genehmigungsfähig. Die erforderliche Anrechnung auf die GRZ I (= Hauptanlage) würde dann 0,24 betragen. Dies spielt jedoch keine Rolle, da das Wohnhaus komplett in nicht überbaubarer Fläche liegt (s. o.). Die Terrasse wurde bisher als Nebenanlage angerechnet."
Und: "Eine Befreiung zur Vergrößerung des Baukörpers in der nicht überbaubaren Fläche ist aus der Sicht der Stadtplanung nicht genehmigungsfähig."
Es geht laut Stadt um eine "gebäudeähnliche Wirkung" und sei daher "abstandsflächenrelevant". Abstandsflächen werden aber alle eingehalten! 3m Mindestabstand auf der kürzesten Seite. Die Entscheidung ist, wie gesagt, rein subjektiver Natur. Das einzige "Problem" der Stadt ist, dass dort, wo unser Haus steht, in dem Plan von "anno 1900" kein Haus vorgesehen war, also KEIN Baufenster war. Unser Bau wurde aber vor 4 Jahren bei gleichzeitiger Teilung des Grundstücks genehmigt.
Als Begründung für de Ablehnung wurde übrigens noch auf einen Fall aus Hamburg verwiesen, wo eine Gaststätte beim Bau einer Überdachung die Abstandsflächen NICHT eingehalten hatte. Der Fall hat überhaupt nichts mit unserem Fall zu tun!(file:///Users/steph/Library/Containers/com.apple.mail/Data/Library/Mail%20Downloads/1E7B59C3-3F9A-467A-8300-B12CEF5EE380/Hamburgisches%20OVG,%20Urteil%20vom%2020.01.2005%20-%202%20Bf%20283_03%20-%20openJur.htm)
Meine Frage war:
Was können wir jetzt tun? Wir haben bereits 2x bei der Stadt vorgesprochen. Die Antwort kam zwar nicht von der "Chefin", wurde aber mit ihr abgesprochen. Wohin kann eskaliert werden? Darf die Stadtentwicklung einfach so "Nein" sagen? Auf welcher rechtlichen Grundlage dürfen die das, wenn alle Abstandsflächen eingehalten und GRZ-Zahlen nicht verändert werden? Können wir als Bürger hier Einspruch gegen die Entscheidung der Stadt erheben und wenn ja, wie?
Das war meine Frage. Vielleicht könnten Sie uns hierzu noch kurz etwas sagen?
Die überdachte Terasse erzeugt im Gegensatz zur nicht überdachten Terasse Abstandsflächen. Wenn Sie aber den erforderlichen Abstand einhalten, gibt es da aus rechtlicher Sicht kein Problem.
Ich verstehe die von Ihnen zitierte Äußerung auch so, dass es der Stadtentwicklung um eine subjektive Missbilligung geht. Die Kubatur ist in diesem Sinne wohl gleichbedeutende mit Baumasse. Es wird der Stadtentwicklung "zu groß". Gleichwohl bezieht sie sich auf überbaubare Grundfläche und GRZ (und Abstandsflächen?), weil sie wohl selbst sieht, dass sie die Vergößerung der Kubatur rechtlich nicht verhindern kann.
Die Entscheidung trifft letztlich die Bauaufsichtsbehörde. Ob das in Ihrem Fall die Stadt selbst ist oder der übergeordnete Kreis, kann ich Ihren Angaben nicht entnehmen. Die Stadtentwicklung wird nur intern im Baurechtsverfahren beteiligt und gibt ihre Stellungnahme ab. Letztlich müssen Sie Ihr Vorhaben zur förmlichen Genehmigungsentscheidung bringen und - falls diese versagt wird - den Klageweg beschreiten. Einen anderen Weg gibt es nicht. Sie können sich natürlich an die Stadtspitze wenden, aber in aller Regel bringt das nichts.
Mit besten Grüßen