Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Saeger
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Sie zitieren richtigerweise das Urteil zu einem vergleichbaren Fall.
Wichtig ist an sich, dass die Beziehung bereits längere Zeit besteht. Auch sinnvoll können gescheiterte Bewerbungen in den Umzugsbereich hin sein.
Siehe LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 12.12.2017 – L 7 AL 36/16:
"Die Kl. hat ihren Arbeitsplatz in G. nicht leichtfertig aufgegeben. Sie hat glaubhaft geschildert, in welcher emotionalen und verantwortungsvollen Beziehung sie zu ihrem Lebensgefährten stand. Die Dauerhaftigkeit der Beziehung erklärt sich nicht nur aus der gemeinsam verbrachten Freizeit, sondern aus den Anstrengungen der Kl., diese Lebenspartnerschaft zu pflegen. Sie hat die langen Fahrten von G. nach J. und zurück zweimal in der Woche auf sich genommen, um den Lebenspartner im Zusammenhang mit den durchgeführten Operationen an der Schulter und an dem Bein zu versorgen.
Obwohl schon ein Teil des Haushalts in der früheren Wohnung des Lebensgefährten in J. war, ist die Kl. immer wieder nach G. zurückgefahren, um pflichtbewusst der Arbeit nachzugehen. Diese sehr belastende Situation bestand nicht nur in letzter Zeit, sondern schon viel früher, wie die Bewerbungen der Kl. aus Juli 2012 zeigen. Es kommt hinzu, dass die Kl. subjektiv davon ausgegangen war, die erfolglosen Bewerbungen im Umkreis von J. seien daran gescheitert, dass eine Mitarbeiterin zur sofortigen Einstellung gesucht wurde, während sie eine längere Kündigungsfrist einhalten musste. Sie hoffte also, durch Kündigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses und Präsenz vor Ort eher eine Neubeschäftigung zu finden. Zu dieser Einstellung passt es auch, dass sich die Kl. am 4.10.2012 nur arbeitsuchend gemeldet hat (nicht nur für den erlernten Beruf als Verkäuferin, sondern auch für Tätigkeiten als Küchenhilfe und Putzfrau) und entgegen der Empfehlung der Mitarbeiter der Bekl. sich nicht gleichzeitig auch arbeitslos melden wollte, weil sie hofft bis zum 1.12.2012 eine neue Anstellung zu finden und sich in der Zeit auch intensiv beworben hat. Bei dieser Sachlage ist es der Kl. unter Abwägung der berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft nicht vorzuwerfen, die für die Beziehung belastende und aussichtslose Situation aufzugeben, um der Dauerhaftigkeit und der Intensität der Lebensgemeinschaft angemessen zu ihrem Partner umzuziehen. Ein Umzug des Lebenspartners nach G. kam wegen seiner beruflichen Situation und im Vergleich zur Kl. geringerer Eingliederungschancen bei Aufgabe des Arbeitsplatzes nicht in Betracht. Die Kl. hat weder den Eintritt des versicherten Risikos Arbeitslosigkeit manipuliert, noch sind andere schutzwürdigen Gesichtspunkte ersichtlich, die gegen das vernünftige Verhalten der Kl. sprechen.
18d) Die Anforderungen an den wichtigen Grund umfassen auch die Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich bei Eigenkündigung rechtzeitig um eine Anschlussbeschäftigung an dem neuen Wohnort zu bemühen (BSG, SozR 3-4100 § 119 Nr. SOZR 34100 § 14 = NZS 1998, NZS Jahr 1998 Seite 537). Diesen Anforderungen ist die Kl. durch Eigenbewerbungen nachgekommen. Aktenkundig sind Bewerbungen als Fachverkäuferin im Lebensmittelbereich bei K., L., Bäckerei M., Landfleischerei und Partyservice N., die erfolglos geblieben sind. Weitere Bewerbungen waren von ihr nicht zu verlangen, weil sie im Hinblick auf ihr Alter und Qualifikation ohne Hilfe und Förderleistung der Bekl. keinen Arbeitsplatz gefunden hätte. Die Bekl. hat nämlich festgestellt, dass bei der Kl. die geforderten Kenntnisse im Umgang mit Scankassen, die Warenpräsentation im Sinne des Visual Merchandising sowie das Führen der Dispolisten mit mobilen Datenerfassungsgeräten nicht bzw. nur unzureichend vorhanden waren. Eine Vermittlung der Kl. als Verkäuferin war danach nur noch durch Gewährung eines Eingliederungszuschusses an den Arbeitgeber möglich, weil sie mindestens drei Monate eingearbeitet werden musste. Nur unter diesen Förderbedingungen hat die Kl. ab 11.2.2014 eine Anschlussbeschäftigung gefunden.
193. Der Senat weicht mit dieser Entscheidung ausdrücklich von der BSG-Rechtsprechung ab.
20a) Zwar unterliegt die höchstrichterliche Rechtsprechung im Laufe der Jahre gewissen Schwankungen; sie knüpft aber bis zuletzt im Kern an formale Kriterien an, die dem Abwägungsvorgang des wichtigen Grundes im Sinne der Sperrzeitvorschrift nicht gerecht werden. Geprägt durch den ursprünglichen Ansatz, dass eine Förderung von Ehe und Familie auch durch Benachteiligung von nichteheähnlichen Lebensverhältnissen erfolgen müsse, hatte das BSG zunächst es abgelehnt, den Zuzug zu einem Partner, mit dem eine nichteheähnliche Lebensgemeinschaft hergestellt bzw. wiederhergestellt werden sollte, als wichtigen Grund anzusehen (BSGE 52, BSGE Band 52 Seite 276 = SozR 4100, 119 = BeckRS 1981, BECKRS Jahr 30708463 Nr. 17). Auch eine seit zehn Jahren bestehende eheähnliche Gemeinschaft rechtfertigte keinen Zuzug zum Lebenspartner (BSG, NJW 1989, NJW Jahr 1989 Seite 3036 = SozR 4100, 119 Nr. 33). Zehn Jahre später wird in Erwägung gezogen, sperrzeitrechtlich eine seit drei Jahren bestehende eheähnliche Gemeinschaft mit dem Argument zu berücksichtigen, dass das Scheitern einer Ehe auch erst nach einer dreijährigen Trennung unwiderlegbar vermutet wird (BSG, NZS 1998, NZS Jahr 1998 Seite 581 = SozR 3-4100 § 119 Nr. SOZR 34100 § 15 Rn. 30). Die Fortentwicklung dieser Rechtsprechung wird dann im Jahre 2002 vollzogen (BSGE 90, BSGE Band 90 Seite 90 = SozR 3-4100 § 119 Nr. SOZR 34100 § 26 = NZS 2003, NZS Jahr 2003 Seite 546 Ls. = BeckRS 9999, BECKRS Jahr 01102). Danach kann ein Ortswechsel zwecks Aufrechterhaltung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, auch wenn diese noch keine drei Jahre bestanden hat, einen wichtigen Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses darstellen. Gleichzeitig wird aber hervorgehoben, dass ein Ortswechsel zwecks Begründung einer (zuvor nicht bestehenden) nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht als wichtiger Grund anerkannt werden kann. Weiteren Öffnungen hat das BSG mit Urteil vom 17.10.2007 (BeckRS 2008, BECKRS Jahr 51723) einen Riegel dadurch vorgezogen, dass es eine vorherige gemeinsame Wohnung zu den zwingenden Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft rechnet, weil das allein das entscheidende Kriterium für die Feststellung der Ernsthaftigkeit der Beziehung sein soll (Rn. 18)."
Wie Sie erkennen, können Richter Fälle recht beliebig werten. Ein starkes weiteres Pfund ist sicher das ärztliche Attest und uU ein gesundheitliche Unterstützung ( siehe auch den anderen Fall ).
Ich denke, dass man beide Begündungen miteinander kombinieren und dann nach menschlichem Ermessen auch keine Sperrfrist erhalten sollte. Insofern spielen auch keine Fragebögen usw. eine gesonderte Rolle. Wenn doch, wird Ihnen die Behörde diesen umgehend zukommen lassen. Es würde sich aber anbieten detailliert alle Gründe für die Kündigung gesundheitlicher und partnerschaftlicher Art möglichst präzise zu schildern.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Saeger
Sehr geehrter Herr Saeger,
vielen Dank für Ihre Antwort.
An sich hoffen wir natürlich auch eine humane Entscheidung der AfA, die die gesundheitlichen und zwischenmenschlichen Umstände mit einbezieht.
Abgesehen davon, dass wir die Gründe für die Kündigung natürlich detailliert erklären und nachweisen werden, möchten wir natürlich bei der "Vorgehensweise" keine Fehler machen, damit die Hoffnung auf eine personenzentrierte Entscheidung nicht das Einzige ist, was wir haben. Deswegen würde ich gern erneut auf die Fragen in meiner ursprünglichen Nachricht eingehen:
"In welcher Reihenfolge sollten wir im besten Falle vorgehen? Sollte mein Freund erst nach seiner Ummeldung kündigen und sich dann bei der hier zuständigen AfA arbeitssuchend melden etc.? Oder ist es der bessere Weg, sich noch bei der AfA Hannover arbeitssuchend zu melden, danach umzuziehen und sich dann an die Afa Erfurt zu wenden? "
Wir sind uns bewusst, dass die endgültige Entscheidung über Zu- oder Absage individuell ist, stets im persönlichen Ermessen der zuständigen Sachbearbeiter liegt und es sich daher als schwierig gestaltet, darauf eine pauschale, "richtige" Antwort zu geben, aber ich hatte gehofft, dass Sie mir aufgrund Ihrer Expertise und/oder Erfahrungswerte eine persönliche Empfehlung geben könnten.
Sehr geehrte Fragensteller,
ich würde folgende Reihenfolge empfehlen, auch wenn diese nicht zwingend ist:
a) ein paar gescheiterte Bewerbungen Richtung Zielgebiet, arbeitssuchend melden
b) Kündigung unter Bezugnahme auf gesundheitliche Probleme
c) Arbeitsagentur Probleme schildern ( Beziehung + Umzug + Gesundheit ).
Es ist irrelvant, an welchem Ort man sich befindet und an welche Agentur man sich dabei wendet.
Es gibt keine Zauberreihenfolge. Man sollte aber unbedingt Punkt a) vorrangig abarbeiten!
MfG RA Saeger