Schlussverteilung muss korrigiert werden im Privatinsolvenzverfahren

15. Mai 2023 19:31 |
Preis: 50,00 € |

Insolvenzrecht


Beantwortet von

Folgender Sachverhalt:
Vor ca. 6 Monaten hat die Schlussverteilung im Insolvenzverfahren stattgefunden. Allerdings wurde bereits vor der Schlussverteilung ausversehen eine unpfändbare Corona Erschwerniszulage vom Arbeitgeber an den Insolvenzverwalter abgeführt. Der Insolvenzverwalter verweigerte allerdings die Rückzahlung an den Arbeitgeber und der Arbeitgeber wiederum an den Schuldner.
Zwischenzeitlich wurde vom Insolvenzgericht verfügt, dass die Erschwerniszulage unpfändbar ist und dem Schuldner zurückgezahlt werden muss.

Diese Entscheidung wurde ca. 3 Monate nach Veröffentlichung der widerspruchslosen Schlussverteilung getroffen.
Normalerweise wird nach der Schlussverteilung das Insolvenzverfahren aufgehoben und der Schuldner kann auch wieder Geld ansparen bzw. auch von z.B. steuerlichen Rückzahlungen profitieren.
Allerdings ist dies auch 3 Monate nach der Schlussverteilung nicht passiert weswegen das Gericht nach den Gründen befragt wurde. Das Gericht hat lapidar mitgeteilt, dass das Schlussverzeichnis und die Schlussverteilung korrigiert werden müssen, der Inso mitgeteilt hätte, zunächst alle Gläubiger anschreiben zu müssen, um die zuviel ausgezahlten Beträge an die Gläubiger zurückzufordern. Es handelt sich zum Teil um Cent Beträge bis Maximal 150€ pro Gläubiger, da die Quote unter 2 Prozent gelegen hat.

Das Gericht hat daraufhin erklärt, dass aus diesem Grund das Insolvenzverfahren auch nach fast 4 Jahren nicht aufgehoben werden kann; dementsprechend die Wohlverhaltensperiode noch nicht beginnen wird.
Dies ist nun der zweite grobe Schnitzer des Insolvenzverwalters; beim ersten hat er Forderungen verwechselt und so das Verfahren um Monate gezogen. Die Verwechslung hat er erst nach Monaten aufgeklärt um Zeit zu schinden.

Eine mögliche Auffassung des Schuldners ist es, dass der Arbeitgeber als Drittschuldner für die korrekte Abführung des pfändbaren Einkommens zuständig gewesen wäre und letztendlich es dann sein Problem ist, dass er dieses Geld nicht mehr zurückfordern kann vom Verwalter. Der Verwalter hat sich aber bisher trotz Gerichtsbeschluss geweigert, die Erschwerniszulage an den Arbeitgeber zurückzuverweisen. Daraus würde sich ergeben, dass es Pech für den Arbeitgeber ist und aus diesem Tatbestand heraus die Schlussverteilung nicht nochmal aufgeschnürt werden muss, der Beschluss bestehen bleibt; die Forderung beim Arbeitgeber zivilrechtlich geltend gemacht wird.

Eine andere Auffassung ist es, dass der Insolvenzverwalter genau wusste, dass es wegen der ausversehen abgeführten Erschwerniszulage zu einer Rückzahlung hätte kommen können; er aber trotzdem das Schlussverzeichnis erstellt hat und in Kauf nahm, dass dann durch eine mögliche Korrektur des Verzeichnisses bzw. der Verteilung - durch die Verlängerung des Verfahrens für den Schuldner erhebliche Nachteile entstehen - für ihn sind es ja Vorteile, weil er mehr von dem gepfändeten Betrag länger selbst behalten kann.
Da es durch eine Verwechslung des Insolvenzverwalters bereits eine Verzögerung des Schlussverzeichnisses gegeben hatte, die das Verfahren ca. 8 Monate verlängert hat, wird im jetzigen Fall auch damit gerechnet, dass bis zu dem korrigierten Schlussverzeichnis erneut ein ähnlicher Zeitraum vergehen wird, was dann dazu führt das der Schuldner mehr als 1,5 Jahre durch Fehler des Insolvenzverwalters in Summe fast 5 Jahre im Verfahren gehalten wird. Die Vermutung besteht, dass der Verwalter dies mit Absicht macht, weil er dadurch jeden Monat vom Schuldner eine fast 4-stelligen Betrag pfänden kann, von dem er ja während des Verfahrens einen Großteil bekommt.
Frage:

Wir könnte der Schuldner diesem Gesamt Sachverhalt begegnen, da er sich massiv benachteiligt sieht? Ziel ist, dass jetzt so schnell wie möglich die Wohlverhaltensperiode beginnt.
Sehr geehrter Herr Fragesteller,

zunächst kann ich Sie beruhigen. Die Wohlverhaltensphase beginnt bereits mit der Eröffnung des Verfahrens an zu laufen. Insoweit führt eine Verzögerungu des Verfahrens nicht automatisch zur Verzögerung der Erteilung der Restschuldbefreiung. Hier fehlen allerdings weitere Informationen, so z.B. zum Zeitpunkt der Antragstellung.

Den Arbeitgeber verantwortlich zu machen, halte ich für bedenklich. Dies würde voraussetzen, dass er die Unpfändbarkeit der Erschwerniszulage rechtlich einordnen konnte und diese trotzdem an den Insolvenzverwalter abgeführt hat. Wenn selbst Juristen sich hierüber uneinig sind (ich persönlich halte die Corona Erschwerniszulage z.B. nicht per se für unpfändbar, hier kommt es entscheidend auf den Einzelfall an), kann man diese Entscheidung aus meiner Sicht dem Arbeitgeber nicht zumuten. Insoweit würde ich zunächst davon ausgehen dass dieser nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat.

Warum auch Ihr Insolvenzverwalter den Betrag nicht auszahlt ist im Übrigen schwierig zu beurteilen. Ich gehe davon aus, dass es einen Grund dafür gibt. Weil „er das Geld selbst länger behalten kann" erschließt sich mir als Grund jedoch nicht. Die Insolvenzmasse wird auf einem eigens für das jeweilige Verfahren geführte Konto verwaltet. Hierüber muss der Insolvenzverwalter Auskunft erteilen und Rechnung legen. Er hat also weder Vor- noch Nachteile wenn Geld auf solch einem Konto liegt. Ein möglicher Grund wäre z.B., dass die Masse zwar durch die Einzahlung ungerechtfertigt bereichert ist, er aber den Betrag nicht auszahlen kann, weil Masseunzulänglichkeit besteht (die Kosten des Verfahrens sind gedeckt, die Masseverbindlichkeiten können aber nicht vollständig bedient werden). Insoweit fehlen hier allerdings weitere Informationen, insbesondere auch zum genauen zeitlichen Ablauf der Geschehnisse.

Sofern der Insolvenzverwalter die Verteilung nun tatsächlich teilweise rückgängig gemacht und Beträge von den Gläubigern zurückgefordert hat, kann dies tatsächlich einige Zeit in Anspruch nehmen. Es genügt bereits, wenn sich ein Gläubiger nicht meldet und nicht zurückzahlt. Dann kommt natürlich alles ins Stocken.

Gerne würde ich Ihnen noch weiter behilflich sein, sofern Sie mir nähere Informationen zum zeitlichen Ablauf, zu den Daten und zum vollständigen Sachverhalt zukommen lassen. Wann genau ist was passiert?


Mit freundlichem Gruß
A. Krüger-Fehlau


Rückfrage vom Fragesteller 17. Mai 2023 | 10:02

Guten Morgen,
Zu Ihren Fragen:
Mit Abschluss der Schlussverteilung erfolgt ja normalerweise der Aufhebungsbeschluss. Dieser Beschluss gibt dem Schuldner wieder die Möglichkeit anzusparen; hat aber auch steuerliche Auswirkungen etc..Der Schuldner erlangt bis auf die monatlichen Gehaltspfändungen seine finanzielle Freiheit zumindest eingeschränkt zurück; so stehen ihm z.B. wieder Steuerrückerstattungen wie die Pendlerpauschale in vollem Umfang zu. Dieser Aufhebungsbeschluss lässt schon seit 3 Jahren auf sich warten; seit jener Zeit begeht der Insolvenzverwalter nämlich ständige verfahrensverzögernde Fehler wie z.B. das Vertauschen von Forderungen, Wunsch auf einreichen falscher Steuererklärungen in Form vom Schätzungen, weil er zu faul ist sich mit den Steuersachvehalten zu befassen, fehlende Quellenfreigaben bei neunen Arbeitgebern etc.. Er wird also ständig ermahnt, erinnert, korrigiert.
Im vorliegenden Fall besteht absolut keine Masseunzulänglichkeit; ferner werden zum Teil 4-stellige Beträge regelmäßig bzw. seit Jahren gepfändet.
Selbstverständlich hat der Insolvenzverwalter Vorteile, wenn er das Verfahren in die Länge zieht, denn er kann ja bis zum Aufhebungsbeschluss ca. 40% der Masse für sich einstreichen. Nach Aufhebung des Verfahrens -also nach Schlussverteilung- sinkt dann seine Vergütung; wobei die Vergütung ja auch stufig geregelt ist. Daher ist es eben nicht im Interesse des Verwalters das Verfahren zu beschleunigen, ganz im Gegenteil. Dieses Verfahren bereitet dem Inso Probleme und Aufwand; dies will er sich vergüten lassen.
Im Übrigen haben zwischenzeitlich auf Schuldner-Nachfrage die Gläubiger schriftlich erklärt, dass es bisher noch keine Auskehrung oder Rückforderung gegeben hat aus der Masse nach Quote der Schlussverteilung. Es wird also davon ausgegangen, dass der Insolvenzverwalter das Gericht oder das Gericht den Schuldner angelogen hat mit der Behauptung die Quote ist ausgezahlt und Gelder müssen zunächst zurückgefordert werden.
Die Corona Erschwerniszulage war übrigens weder tariflich vereinbart noch hatte diese den Charakter einer Bonuszahlung ohne Bezug zu Erschwernissen; schriftlich hat der Arbeitgeber bestätigt, dass Erschwernisse aus der Pandemie (Mehrarbeit, Überstunden, Risiken wegen Kundenkontakt etc.) dem Schuldner gegenüber abgemildert werden sollte in einer einmaligen und außerordentlichen Zahlung; vrgl. auch bekanntes Urteil des BAG dazu. Somit war und ist diese Zulage klar erkennbar nichts anderes, als beispielsweise eine Schmutzzulage für Schweißer und somit unpfändbar.
Wie Sie sehen können, ein äußerst ungewöhnlicher Fall der durchaus interessant ist.
Taktisch stellt sich die Frage, ob man eben dem Gericht eine Verfahrensrüge erteilt; da es den Verwalter gewähren lässt oder ob man sich auf den Standpunkt stellt, dass eben das Schlussverzeichnis nicht zu korrigieren ist, weil eine zivilrechtliche Forderung gegen den Drittschuldner besteht oder der Verwalter selbst einen Fehler gemacht hat der auch von ihm zu zahlen ist.
Man könnte auch darüber nachdenken, dass Schlussverzeichnis zu korrigieren - aber mit Wirkung auf dem ursprünglichen Termin zu belassen, sodass dann ASAP der Aufhebungsbeschluss ergehen kann.
Fakt ist: Es muss schnellst als möglich der Aufhebungsbeschluss ergehen. Es dürfen keine weiteren Nachteile für den Schuldner ergehen; zumal in ca. 12 Monaten Restschuldbefreiung erteilt werden kann, da 5 Jahre vorüber sind und die Verfahrenskosten mehr als beglichen wurden.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 18. Mai 2023 | 14:15

Bitte entschuldigen Sie meine verspätete Rückmeldung.

Das ist natürlich richtig was Sie sagen. Meine Aussage bezog sich auch lediglich auf den in Anführungszeichen gesetzten Satz. Denn ein Insolvenzverwalter „behält" ja nicht das Geld und arbeitet auch nicht damit, sondern verwaltet es treuhänderisch für die Gläubiger. Dass sich die Erhöhung der Masse vergütungserhöhend auswirkt, ist natürlich richtig. Aber an diesem Punkt kann ich nicht beurteilen ob dies ein Gedanke Ihres Verwalters sein könnte. Dagegen spricht zumindest, dass das Verfahren bereits im Abschluss ist und die Schlussverteilung schon vorgenommen wurde.

Hinsichtlich des Arbeitgebers bleibe ich bei meiner Ansicht. Der Arbeitgeber muss zwar die pfändbaren Beträge selbständig ermitteln und abführen, aber sobald es Abweichungen vom Normalfall gibt kommen Arbeitgeber erfahrungsgemäß an ihre Grenzen. Dass er die Zahlung als Ausgleich für Erschwernisse angekündigt hat, ist das eine, dies bedingt aber aus meiner Sicht nicht automatisch, dass er auch über die Pfändbarkeit entscheiden kann. Er ist nun offenbar von Pfändbarkeit ausgegangen. Das war nicht richtig und wurde durch gerichtlichen Beschluss korrigiert. Nun liegt es an Ihrem Insolvenzverwalter dies zu korrigieren, denn er hat / hatte das Geld. Sie schreiben oben, dass die Entscheidung zur Zulage 3 Monate nach der Schlussverteilung erfolgte. Also war diese schon erfolgt. Wovon soll Ihr Verwalter das Geld dann zurückzahlen, er hat es doch bereits an die Gläubiger verteilt. Folgerichtig muss er die Verteilung zunächst teilweise rückgängig machen und die Beträge von den Gläubigern zurückfordern.

Sie können auch jederzeit dem Insolvenzgericht schriftlich Ihre Bedenken äußern. Das Gericht wird Ihren Verwalter dann zur Stellungnahme auffordern.

Mit freundlichem Gruß
A. Krüger-Fehlau

ANTWORT VON

(9)

Dorfstraße 25 a
17268 Milmersdorf
Tel:
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwaeltin-Andrea-Krueger-Fehlau-__l108654.html
E-Mail: rechtsanwaeltin.krueger.fehlau@gmail.com
RECHTSGEBIETE
Insolvenzrecht, Vertragsrecht, Zivilrecht, Arbeitsrecht, Kaufrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 118979 Bewertungen)
FRAGESTELLER
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...