12. Februar 2010
|
14:56
Antwort
vonRechtsanwältin Britta Möhlenbrock
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E-Mail: info@ra-moehlenbrock.de
auf der Grundlage des von Ihnen angegebenen Sachverhalts beantworte ich Ihre Anfrage hiermit im Rahmen einer Erstberatung wie folgt:
Nach § 26 Abs. 2 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat.
Wenn irrtümlich Versicherungspflicht angenommen wurde und Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch genommen wurden, werden jene Beiträge nicht erstattet.
Einem Antrag auf Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung kann aber für den Bereich der Pflegeversicherung entsprochen werden, wenn für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht gezahlt worden sind, lediglich Leistungen der Krankenversicherung erbracht wurden.
Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat. Soweit dem Arbeitgeber Beiträge, die er getragen hat, von einem Dritten ersetzt worden sind, entfällt sein Erstattungsanspruch.
Der Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Sozialversicherungsbeiträge steht nicht demjenigen zu, der die Beiträge an die Einzugsstelle abgeführt hat, sondern demjenigen, der die Beiträge getragen hat (§ 26 Abs. 3 SGB IV). Dieser hat durch die zu Unrecht erfolgte Beitragsentrichtung auf Kosten des Abführenden etwas ohne rechtlichen Grund erlangt (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). BAG, 29.03.2001 - 6 AZR 653/99
Gemäß § 27 Abs. 2 SGB IV verjährt der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.
Für die Rentenversicherung gilt § 202 SGB VI. Beiträge, die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht gezahlt und deshalb beanstandet worden sind, aber nicht zurückgefordert werden, gelten als freiwillige Beiträge.
Bestehen innerhalb desselben Zeitraums mehrere Beschäftigungsverhältnisse, ist der Arbeitgeber nur anteilig nach dem Verhältnis der Höhe des jeweiligen Arbeitsentgelts zur Zahlung des Beitragszuschusses verpflichtet.
Bitte beachten Sie, dass die Erstberatung in diesem Untermenü der Plattform keiner ausführlichen Prüfung einer Sach- und Rechtslage entsprechen kann.
Ich hoffe, Ihnen Ihre Fragen im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung hinreichend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin Britta Möhlenbrock
Ergänzung vom Anwalt
15. Februar 2010 | 18:23
Sehr geehrter Ratsuchender,
zu Ihrer per email gestellten Nachfrage teile ich folgendes mit:
Mir war nicht bewusst, dass Sie für den Arbeitnehmer und nicht für sich als Arbeitgeber Ihre Anfrage gestellt haben.
Wenn nachträglich sich heraus stellt, dass lediglich irrtümlich Versicherungspflicht angenommen wurde und tatsächlich Versicherungsfreiheit bestanden hat und zwischenzeitlich aber Leistungen der Krankenkasse erbracht wurden, dann fingiert § 26 Abs 2 1. Halbsatz Alternative 2 SGB IV im Normalfall ein Versicherungsverhältnis mit der Folge, dass Beiträge für den gesamten Zeitraum nicht zurück gefordert werden können, aber andererseits auch die Leistungen der Krankenkasse nicht zurück gefordert werden können.
Es würde dann keine nachträgliche, rückwirkende, freiwillige Versicherung erforderlich. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen knüpfen weitgehend nicht an die Beitragshöhe, sondern an die Mitgliedschaft an.
Das gilt insbesondere für Fälle, wenn ein Angestelltenverhältnis sich später als versicherungsfrei heraus stellt, weil es für sich allein bereits eine Selbständigkeit darstellt. In Ihrem Fall kann das nur für einen Zeitraum gelten, für den noch nicht offensichtlich die Selbständigkeit den Hauptberuf bildete.
Wenn, wie in Ihrem Fall, neben einer Selbständigkeit ein Anstellungsverhältnis bestanden hat, hätten geänderte Verhältnisse der Krankenkasse unverzüglich mitgeteilt werden müssen.
Es ist dann anhand des Einzelfalles zu prüfen, inwieweit der Versicherte überhaupt Vertrauensschutz in Bezug auf die Mitgliedschaft genießen kann. Wenn er nicht in seinem Vertrauen auf den Bestand einer Mitgliedschaft geschützt ist, könnten auch rückwirkend Bescheide aufgehoben und erbrachte Leistungen nach den §§ 45, 48, 50 SGB X zurück gefordert werden.
Wer versichert ist oder als Versicherter in Betracht kommt, hat nach § 106 SGB V der Krankenkasse unter anderem Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitzuteilen.
Entstehen der Krankenkasse durch eine Verletzung jener Pflichten zusätzliche Aufwendungen, kann sie nach § 106 Abs. 2 SGB V von dem Verpflichteten die Erstattung verlangen.
Maßgebend in Ihrem Fall ist also, inwieweit der Arbeitnehmer in seinem Vertrauen auf die Mitgliedschaft geschützt ist und dies scheint zweifelhaft zumindest ab dem Zeitpunkt, wo offensichtlich die Selbständigkeit der Hauptberuf ist.
Es besteht insoweit dann auch kein Anspruch auf freiwillige (nachträgliche) Versicherung. Wenn die Krankenkasse dies anbietet, wären in jenem Fall dann allerdings die Beiträge nachzuentrichten entsprechend der Höhe des Einkommens nach § 240 SGB V.
Mit freundlichen Grüßen
Britta Möhlenbrock
Rechtsanwältin
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