Risiko von Auszahlungsvoraussetzungen im Darlehensvertrag nach Notartermin

29. März 2022 08:05 |
Preis: 102,00 € |

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte heute am späten Nachmittag einen notariellen Kaufvertrag unterschreiben (die notarielle Widerruffrist ist bereits abgelaufen.)

Ich habe von einer Tochter einer Landesbank einen unterschriebenen Kreditvertrag und auch schon die Grundbestellungsurkunde. Nun sind im Kreditvertrag folgende drei Auszahlungsvoraussetzungen enthalten:
o Aktueller Auszug aus dem Baulastenverzeichnis für das Objekt XX vor Auszahlung
o Eine weitere Innen- und Außenbesichtigung der beiden Beleihungsobjekte durch einen von der der Bank beauftragten Sachverständigen vor Auszahlung
o Lesbare Kopien der eingereichten bemaßten Grundrisse zum Objekt; sofern die aktuellen Grundrisse Änderungen gegenüber diesen Ursprungszeichnungen aufweisen, Einreichung von aktuellen bemaßten Grundrissen (Darlehensnehmer)

Nun habe ich im Kaufvertrag folgenden Passus aufnehmen lassen und bereits mit dem Verkäufer abgestimmt:
„Die Beteiligten vereinbaren, dass (i) dem Käufer die Auskunft aus dem Baulastenverzeichnis für das Objekt XX vorliegen muss aus der sich ergibt, dass keinerlei Baulasten vorhanden sind, dass (iii) dem Käufer bzw. der finanzierenden Bank falls notwendig eine Vollmacht zur Einsicht in die Bauakte zwecks Anfertigung von Grundrisskopien durch den Verkäufer ausgestellt wird (ii) dem Käufer bzw. der finanzierenden Bank falls notwendig eine weitere Innen- und Außenbesichtigung des Beleihungsobjekts durch den Verkäufer gewährt wird."

Ursprünglich hatte ich es explizit als Fälligkeitsvoraussetzung formuliert was der Verkäufer nicht wollte. Die Fälligkeit haben wir bewusst auf den 30.06. gelegt um genügend Zeit zur Erfüllung der drei Voraussetzungen zu haben.
Meine Fragen lauten wie folgt:
• Sehen Sie den oben formulierten Passus als ausreichend an? Falls nicht können Sie bitte den Passus anpassen?
• Sehen Sie Risiken und wenn ja welche:
o Könnte es passieren wenn bspw. aufgrund neu zu erstellender Grundrisse die Fläche geringer ist als in den Mietverträgen angegeben die Bank doch noch ihr Darlehensvolumen reduziert obwohl ich heute die Grundschuld bestelle?
o Was wäre wenn die Bank nicht auszahlt: Ich selbst könnte nur Objekte, die nicht eigengenutzt sind zur Kapitalbeschaffung liquidieren was Zeit kostet. Frage ist jedoch ob es die Möglichkeit gibt gegen Zahlung von Nebenkosten und einer Entschädigung an den Verkäufer von maximal 5% des vereinbaren Kaufpreises noch aus dem bereits unterzeichneten Kaufvertrag rauszukommen? Mit anderen Worten komme ich als Käufer mit Schadenersatz (den ich an die Bank versuche weiterzureichen) raus oder besteht die Gefahr dass ich in ein Vollstreckungsverfahren gelange?


Ich benötige leider eine Antwort schon bis heute Mittag.

Herzliche Grüße
29. März 2022 | 09:03

Antwort

von


(2928)
Damm 2
26135 Oldenburg
Tel: 0441 26726
Web: https://www.ra-bohle.de
E-Mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
Sehr geehrter Ratsuchender,


sicherlich besteht die Gefahr, dass Vollstreckungsmaßnahmen gegen Sie verkäuferseits eingeleitet werden, wenn Sie nach Fälligkeit die entsprechenden Kaufpreiszahlungen nicht leisten.

Auch besteht die Möglichkeit, dass der Verkäufer (ggfs. nach Inverzugsetzung) vom Vertrag zurücktritt und dann Schadenersatz gegen Sie geltend macht, wenn Sie trotz Fälligkeitsvoraussetzungen den Kaufpreis nicht zahlen.


Beides können Sie mit dieser Art der Formulierung dann nicht verhindern.



Auch besteht die Gefahr, dass die Bank Ihre Darlehenszusage zurückzieht oder der Höhe nach reduziert, falls sich nach den Unterlagen dann andere Flächen des Objektes ergeben. Hierbei wird es aber auf den genauen Inhalt des Vertrags mit der finanzierenden Bank und die Frage ankommen, ob die Größe als Auszahlungsvoraussetzung vereinbart worden ist.

Nach Ihrer Sachverhaltsschilderung spricht Einiges dafür und dann ist die Finanzierung nicht gesichert.



Die derzeitige Formulierung im Notarvertrag bietet gegen all diese Möglichkeiten keinen ausreichenden Schutz.


„Die Beteiligten vereinbaren, dass (i) dem Käufer die Auskunft aus dem Baulastenverzeichnis für das Objekt XX vorliegen muss aus der sich ergibt, dass keinerlei Baulasten vorhanden sind, dass (iii) dem Käufer bzw. der finanzierenden Bank falls notwendig eine Vollmacht zur Einsicht in die Bauakte zwecks Anfertigung von Grundrisskopien durch den Verkäufer ausgestellt wird (ii) dem Käufer bzw. der finanzierenden Bank falls notwendig eine weitere Innen- und Außenbesichtigung des Beleihungsobjekts durch den Verkäufer gewährt wird."


Sie brauchen für die Bank keine Auskunft über die Nichtexistenz von Baulasten, sondern einen aktuellen Auszug. Beides ist nicht gleichzusetzen, denn die "Auskunft" (von wem auch immer), ersetzt nicht den Auszug. Der Auszug sollte VOR Unterschriftsleistung bekannt sein, da ggfs. das zu erwerbende Eigentum belastet sein könnte.

Ebenso sollte VOR Unterschriftsleistung der aktuelle Grundriss vorliegen (schon im Eigeninteresse, denn Sie zahlen ja für das Objekt) und eine Begehung durch den Sachverständigen erfolgt sein, um mögliche Mängel festzustellen. Vermutlich wird im Notarvertrag ein Gewährleistungsausschluss enthalten sein, sodass die gutachterliche Prüfung schon fast zwingend notwendig ist.


All das sollte daher VOR Unterschriftsleistung erfolgt sein.



Wollen Sie den Termin nicht verschieben, haben Sie das oben geschilderte Risiko.



Eine Risikominimierung könnte durch folgenden Passus vorgenommen werden:


"Der Kaufvertrag kommt nur unter der Bedingung zustande, dass der finanzierenden Bank des Käufers

ein aktueller Auszug aus dem Baulastenverzeichnis für das Objekt XX verkäuferseits zur Verfügung gestellt wird;
eine Innen- und Außenbesichtigung der beiden Beleihungsobjekte XX durch einen von der der Bank beauftragten Sachverständigen ermöglicht wird und
lesbare Kopien der eingereichten bemaßten Grundrisse zum Objekt zur Verfügung gestellt werden. Sofern die aktuellen Grundrisse Änderungen gegenüber diesen Ursprungszeichnungen aufweisen, werden verkäuferseits aktuelle bemaßte Grundrissen zur Verfügung gestellt."


So haben Sie eine Bedingung für den Vertrag geschaffen, der erfüllt sein müssen, damit der Vertrag wirksam wird.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg


ANTWORT VON

(2928)

Damm 2
26135 Oldenburg
Tel: 0441 26726
Web: https://www.ra-bohle.de
E-Mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
RECHTSGEBIETE
Arbeitsrecht, Familienrecht, Zivilrecht, Baurecht, Miet- und Pachtrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 118797 Bewertungen)
FRAGESTELLER
Aktuelle Bewertungen
4,8/5,0
Die Antwort wirkte umfassend und war leicht verständlich. ...
5,0/5,0
TipTop Antwort mit entsprechender Vorgehensweise, vielen Dank, gerne wieder ...
5,0/5,0
RA Ahmadi antwortet sehr schnell und sehr ausführlich. Seine Erklärungen sind sehr verständlich. Gerne wieder! ...