Antwort
vonRechtsanwalt Cedric Hohnstock
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ich bedanke mich herzlich für Ihre erbrechtliche Anfrage, die mir vor wenigen Minuten zugewiesen wurde. Diese möchte ich nun sehr gerne anhand der von Ihnen gemachten Angaben beantworten.
Zunächst möchte ich Ihnen mein tief empfundenes Beileid zum Verlust Ihrer Mutter und Ihres Bruders aussprechen. Diese Situation ist zweifellos belastend und kann viele Emotionen hervorrufen, darunter Sorge und Verunsicherung hinsichtlich der rechtlichen Verpflichtungen.
Zu Ihrer Frage bezüglich der Verjährung und der zu begleichenden Forderungen möchte ich Ihnen gerne eine anwaltliche Einschätzung geben:
[u][b]Verjährung der Forderungen[/b][/u]
Nach § 195 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Diese Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Da die Forderungen aus dem Jahr 2021 stammen und Sie im Jahr 2025 zur Begleichung aufgefordert wurden, ist die Verjährungsfrage von besonderem Interesse. Sollte der Anspruch zum Beispiel im Mai 2021 entstanden sein, würde die Verjährung am 31.12.2024 enden, sodass der Anspruch im Januar 2025 bereits verjährt wäre, sofern keine verjährungshemmenden Maßnahmen getroffen wurden.
Verjährungshemmende Maßnahmen könnten z.B. in einem gerichtlichen Mahnverfahren oder in Verhandlungen über die Forderung bestehen. Falls der Gläubiger Schritte unternommen hat, um die Verjährung zu hemmen, müssen diese entsprechend geprüft werden.
Anhand Ihrer Sachverhaltsschilderungen gehe ich deshalb anwaltlich davon aus, dass die geltend gemachten Forderungen verjährt sind. Die können deshalb der Gegenseite schriftlich mitteilen, dass Sie die Einrede der Verjährung erheben. Etwas anderes würde nur dann geltend, wenn die Gegenseite rechtzeitig hemmungswirkende Maßnahmen wie eine Klage oder ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet hat.
[u][b]Erbenhaftung[/b][/u]
Gemäß § 1967 Abs. 1 BGB haften Erben für die Verbindlichkeiten des Erblassers. Das bedeutet, dass Sie als Erbin ebenfalls verpflichtet sind, die offenen Forderungen zu begleichen. Hierzu zählen sowohl Hauptforderungen als auch Nebenforderungen wie Zinsen und Mahngebühren, sofern diese berechtigt sind. Deshalb sind Sie "grundsätzlich" zur Übernahme mitverpflichtet. Vorliegend greift aber die für Sie positive Wirkung der Verjährung.
[u][b]Kürzung der Mahn- und Inkassokosten[/b][/u]
Inkassokosten und Mahngebühren müssen nicht in jedem Fall in voller Höhe übernommen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung dürfen Mahnkosten und Inkassokosten nicht unverhältnismäßig sein. Deshalb könnten - falls wider Erwarten doch keine Verjährung vorliegen sollte - überhöhte Forderungen angefochten werden.
[u][b]Rückgriff auf den Nachlass oder Ausgleichsanspruch[/b][/u]
Wenn Ihr Bruder als Miterbe und Betreuer der Nachlassverwaltung den Geldbetrag von Ihnen zweckentfremdet hat, könnten Sie eventuell Ansprüche gegen den Nachlass Ihres Bruders geltend machen. Auch ein Ausgleichsanspruch nach §§ 2057a, 426 BGB sollte bestehen, um die wirtschaftlichen Folgen entsprechend zwischen den Erben fair zu verteilen. Auch dies wäre für Sie ein zusätzlicher, tauglicher Rettungsanker.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen nachvollziehbar beantworten konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Cedric Hohnstock
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Hohnstock,
vielen herzlichen Dank für Ihre rasche und ausführliche Antwort.
Sie teilten mir mit, dass die Rechnung verjährt ist, wenn die Gegenseite kein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet hat:
"Anhand Ihrer Sachverhaltsschilderungen gehe ich deshalb anwaltlich davon aus, dass die geltend gemachten Forderungen verjährt sind. Die können deshalb der Gegenseite schriftlich mitteilen, dass Sie die Einrede der Verjährung erheben. Etwas anderes würde nur dann geltend, wenn die Gegenseite rechtzeitig hemmungswirkende Maßnahmen wie eine Klage oder ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet hat."
Das hat die Firma aber. Es gibt diverse Hauptforderungen im Jahre 2021 (Mai - September). lt. Rechnung kamen am 23.12.2024 Inkassokosten, Mahnkosten des Gläubigers, Auskunftskosten, Gebühr auf Antrag MB entspr. 3305 VV RVG verzinslich , Gerichtskosten (27.12.2024) und laufende Zinsen hinzu. (siehe 1. Frage)
Bleibt es dann trotzdem dabei bei der Verjährung oder ändert sich dadurch alles?
Vielen Dank für Ihre Hilfe
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
ich bedanke mich herzlich für Ihre Rückfrage und der darin gemachten, klarstellenden Sachverhaltsschilderungen. Da ich Ihnen bestmöglich helfen und Sie in dieser Situation so gut wie über diese Plattform möglich anwaltlich unterstützen möchte, werde ich Ihre Rückfrage ausführlich und mit konkreten Handlungsempfehlungen beantworten.
[u][b]Frage der Verjährung[/b][/u]
Da Sie in Ihrer vorausgegangenen Anfrage zunächst nur allgemein von "Mahnkosten" gesprochen haben, bin ich zu Beginn davon ausgegangen, dass in Ihrem Fall noch kein GERICHTLICHES Mahnverfahren anhängig ist. Grundsätzlich ist es nämlich so, dass die Geltendmachung von Forderungen durch Inkassobüros u.ä. zuerst im Wege des sogenannten "außergerichtlichen" Mahnverfahrens betrieben wird - damit ist die Anspruchsdurchsetzung OHNE Gerichtsverfahren gemeint und umfasst das Versenden von Schreiben und Mahnungen direkt durch das Inkassobüro, direkt durch Anwälten und so weiter.
Wenn Sie aber nun mitteilen, dass Sie bereits Post vom Gericht erhalten haben und ein GERICHTLICHES Mahnverfahren (oder alternativ eine Klage) eingeleitet wurde, dann könnte es nun in der Tat so sein, dass noch keine Verjährung vorliegt. Dies ergibt sich aus § 204 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BGB, der wie folgt lautet:
[quote]"Die Verjährung wird gehemmt durch
1. die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
[...]
3. die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren[...]"[/quote]
Die Bezeichnung "Hemmung der Verjährung" bedeutet, dass in Ihrem Fall zwar grundsätzlich die Forderung der Gegenseite mit Ablauf des 31.12.2024 verjährt wäre - wenn die Gegenseite aber noch pünktlich am 31.12.2024 die Klage oder das gerichtliche Mahnverfahren bei Gericht eingereicht hat, dann wird die Verjährung unterbrochen (§ 204 Abs. 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO).
[u][b]Weiteres Vorgehen:[/b][/u]
1. Bitte schauen Sie einmal in Ihren Unterlagen nach, ob dort zu erkennen ist, wann die Klage bzw. das gerichtliche Mahnantrag bei Gericht eingegangen ist - falls dies auch Ihren Unterlagen nicht hervorgeht, rufen Sie bitte bei Gericht unter Nennung Ihres Aktenzeichens an und erkundigen sich dort. Sollte aus Ihren Erkundigungen sodann hervorgehen, dass die Gegenseite das Ganze pünktlich bis spätestens zum 31.12.2024 eingeleitet hat, dass liegt derzeit noch KEINE Verjährung vor.
2. Gegen den Mahnbescheid sollten Sie einen Widerspruch einlegen - das Mahngericht hat Ihnen hierfür die entsprechenden Vordrucke mitgesendet. Für die Einlegung des Widerspruchs haben Sie nur zwei Wochen nach Zustellung des Mahnbescheides Zeit - diese Frist ist eine sogenannte Notfrist und muss zwingend eingehalten werden (für die Einzelheiten schauen Sie bitte in die "Rechtsbehelfsbelehrung" des Mahnbescheides, die stets beigefügt ist und sich in der Regel am unteren Ende des Bescheides befindet). Bitte planen Sie vorsorglich einige Werktage durch den Postversand ein. Alternativ kann auch ein Rechtsanwalt den Widerspruch fristgerecht für Sie einlegen. Der Anwalt kann für die Versendung des Widerspruchs das sogenannte elektronische Anwaltspostfach (beA) verwenden und anders als die Post den Widerspruch noch am gleichen Tag bei Gericht zustellen.
3. Tragen Sie den Sachverhalt und alle erforderlichen Unterlagen zusammen: Nachdem Sie den Widerspruch erhoben haben, schließt sich das sogenannte "streitige Verfahren" an, wo die Parteien (also Sie und die Gegenseite) dem Gericht Schriftsätze, Beweise und Unterlagen zusenden müssen, um die Ansprüche zu begründen bzw. abzuwehren. Wenn Sie zuvor nicht außergerichtlich von der Gegenseite zur Zahlung aufgefordert wurden, haben Sie keine Mahnkosten, keine Gerichtskosten und voraussichtlich auch keine oder deutlich niedrigere Verzugszinsen zu tragen. Unabhängig davon müssen Sie - wie bereits in meiner vorausgegangenen Nachricht dargestellt - keine unverhältnismäßig hohen Mahngebühren tragen. Dies kann von Ihnen sodann entsprechend vorgetragen werden. Außerdem können Sie auch die Forderung der Gegenseite auch insgesamt bestreiten und angreifen - nach Sichtung der Unterlagen lassen sich gewiss gute Argumentationsstrategien entwickeln.
[u][b]Anwaltliche Empfehlung:[/b][/u]
Da mir der Mahnbescheid und die vorausgegangene Korrespondenz nicht vorliegen, ist es mir leider nur bedingt möglich die Erfolgschancen des Mahnverfahrens abschließend zu prognostizieren. Jedoch lassen Ihre Angaben darauf schließen, dass Sie zumindest die Gerichtskosten und die überhöhten Mahngebühren abwehren können - und je nachdem wie die Gegenseite die angeblichen Forderungen begründen möchte, gewinnen Sie das Verfahren sogar vollständig.
[u]Aber ich kann Sie beruhigen:[/u] Auch wenn Sie das gerichtliche Mahnverfahren verlieren, haben Sie gemäß der oben erläuterten Erbenhaftung einen Regressanspruch gegen den Nachlass, sodass Sie am Ende nicht auf den Kosten sitzen bleiben sollten.
Da Ihr Fall aufgrund der vorausgegangenen Erbenstellung sehr komplex ist, würde ich Ihnen für die Führung des Mahnverfahrens eine anwaltliche Unterstützung empfehlen. So vermeiden Sie prozessuale Fehler und steigern damit direkt die Erfolgschancen. Wenn Sie das Verfahren gewinnen, muss die Gegenseite alle Kosten - auch Ihre eigenen Anwaltskosten - tragen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort helfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Cedric Hohnstock
Rechtsanwalt