Örtlicher Wasserversorger / Wasser zweierlei Qualität zum gleichen Preis

2. April 2015 00:50 |
Preis: 70€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Verwaltungsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Zusammenfassung

Es geht um den kommunalen Anschluss- und Benutzungszwang bei derTrinkwasserversorgung.

Darf der örtliche Wasserversorger 30% der Anschlussnehmer mit deutlich härterem Wasser beliefern als die übrigen 70% und trotz der Qualitätsunterschiede den gleichen Preis verlangen?

Ich lebe in einer Gemeinde mit 100.000 EInwohnern. Der örtliche Wasserversorger beliefert 70% der Kunden mit Bodenseewasser mit 9 Grad Härte und 30% der Kunden mit regionalem Wasser mit 17 Grad Härte. Alle Kunden müssen den gleichen Wasserpreis bezahlen, obwohl Kunden die mit hartem Wasser versorgt werden deutlich höhere Kosten für Reinigung, Wartung und Waschmittelverbrauch und Geräteverschleiß tragen müssen.

Technisch gesehen wäre es möglich das gesamte Gebiet allein mit weicherem Bodenseewasser zu versorgen, es wäre aber auch möglich die beiden Wässer zu mischen und alle Haushalte mit Wasser gleicher Qualität und gleicher Wasserhärte zu versorgen.

In unserer Gemeinde wurde eine online-Petition angestoßen mit dem Ziel dass der Wasserversorger eine zentrale Wasserenthärtungsanlage installieren soll. Jetzt ist die öffentliche kontroverse Diskussion voll im Gange.

Ich kenne das Urteil des VG Freiburg vom 25.Sept.2013, AZ 1 K 2092/11: "Weder Rechtsvorschriften noch allgemeine Regeln der Technik für Trinkwasser (hier: DIN 2000, W-235 DVGW) führen zu einer Verpflichtung des Trägers der öffentlichen Wasserversorgung, einem Anschlussnehmer Wasser mit einem Härtegrad von maximal 14° dH zu liefern."

Soweit so gut. Nach meinem laienhaften Rechtsverständniss kann man den örtlichen Wasserversorger also wohl nur über lokalpolitische Entscheidungen zur Installation einer zentralen Enthärtungsanlage bewegen.

Mich stört jedoch die Tatsache dass 30% der Kunden für Wasser minderer Qualität, das zudem noch beim Kunden höhere Kosten verursacht, den gleichen Preis bezahlen müssen. Zwar erfüllen beide Wässer die gesetzlichen Anforderungen an Trinkwasser, es ist aber erwiesen dass kalkhaltiges Wasser Nachteile besitzt. Das Fraunhofer-Institut hat dazu mal eine Dokumentation veröffentlicht http://www.isi.fraunhofer.de/isi-de/n/publikationen/enthaertung.php

Habe ich einen Anspruch auf eine Preisdifferenzierung beim Bezug von Trinkwasser vom Versorger wenn dieser mir minderwertigeres Wasser wie den anderen Kunden liefert?

Ich kenn mich jetzt in Jura nicht so arg aus, aber gefühlsmäßig würde ich den Anspruch auf
a) einen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen

b) auf die Tatsache dass ich den Wasserversorger nicht so einfach wechseln kann wie den Energieversorger oder Telekommunikationsdienstleister. Beim Wasser ist die Trennung von Netz und Dienstebringer ja nicht so einfach zu gestalten. Wenn ich mit der Wasserqualität meines Versorgers nicht zufrieden bin, kann ich ja schlecht zu Vodafluid oder T-Wasser wechseln ;). Daraus erwächst meines Erachtens eine Art Verpflichtung des Wasserversorgers seine Kunden absolut gleich zu behandeln.

Ich verorte das Thema auch mal eher unter Verwaltungsrecht, bin ich da richtig mit meiner Annahme?

Wie könnte man die Erfolgsaussichten einer Klage beurteilen? Auf welche Rechtsgrundlage -falls vorhanden- könnte ich mich stützen?


2. April 2015 | 01:56

Antwort

von


(1395)
Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: https://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail: ra-w.burgmer@online.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihr Fall betrifft in der Tat das Verwaltungsrecht. Denn es geht um den sog. Anschluss- und Benutzungszwang an kommunale Einrichtungen.

Ihre Frage:
„Ich kenn mich jetzt in Jura nicht so arg aus, aber gefühlsmäßig würde ich den Anspruch auf
a) einen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen"

Antwort:

Sie beziehen sich auf Art. 3 GG. Das Recht auf Gleichbehandlung betrifft allerdings – mit Ausnahme des Arbeitsrechts – grundsätzlich nur das Verhältnis des Staates zu Bürgern im Subordinationsverhältnis.

Nicht aber, wenn der Staat oder eine Kommune privatrechtliche Verträge als Lieferant für Trinkwasser abschließt.

Ihre Frage:

b) ... auf die Tatsache dass ich den Wasserversorger nicht so einfach wechseln kann wie den Energieversorger oder Telekommunikationsdienstleister.

Antwort:

Das ist der o.g. Anschluss- und Benutzungszwang, der in der Tat den kommunalen Anbieter auf der Basis einer Gemeindeordnung – also als Satzung – zu einer Monopolstellung unter Ausschluss des Wettbewerbs ermächtigt aber deshalb auch besonders in die Pflicht nimmt. Allerdings nicht in dem Umfang des o.g. Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Wohl aber muss das öffentliche Wohl, also u.a. die Pflicht, „gesundes" Trinkwasser zu liefern, Anlass und Rechtfertigung für das Monopol sein.

Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist grundsätzlich eröffnet, wenn es allein um den Anschlusszwang geht.

Oder auch, wenn der Zwang eine enteignende Wirkung hat. HIer ginge es dann um Ansprüche aus Art. 14 GG, für die der ordentliche Rechtsweg garantiert ist.
Dann muss aber eine besondere Schwere des Eingriffs als ein Sonderopfer des Grundstückseigentümers empfunden werden. Die sehe ich in Ihrem Fall nicht.


Die zum Anschluss- und Benutzungszwang ermächtigende Kommunalsatzung selbst kann nur inzidenter im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen die Anschlussverfügung geprüft werden. Darm geht es IHnen aber wohl nicht.

Direkt ginge die Prüfung nur als Normenkontrollverfahren durch ein vorlegendes Gericht, denn in Ihrem Bundesland besteht, soweit ersichtlich, nicht die Möglichkeit der Popularklage.


Wohl aber bietet der Verwaltungsrechtsweg über § 47 Absatz 1 Nr. 2 VwGO die Möglichkeit, auch Satzungsrecht auf Antrag einer natürlichen Person überprüfen zu lassen, wenn Sie eine Betroffenheit in Ihrem Recht geltend machen. Nicht aber als Popularklage.

Sie müssten also geltend machen, dass die Lieferung von minderwertigem Wasser Sie persönlich in Ihren Rechten deshalb verletzt, weil zu demselben Preis qualitativ besseres Trinkwasser geliefert werden könnte.
Wenn allerdings das Preisgefälle zu Ihren Ungunsten aus physikalischen Gründen sachgerecht bzw. unvermeidbar ist, würde ich Ihre Chancen leider geringer einschätzen.

Eine seriöse Prognose der Erfolgsaussichten ist im Rahmen dieser summarischen ERtbewertung allerdings ohne weiter Kenntnis aller Umstände, Fakten und insbesondere der Satzung und der örtlichen Gegebenheiten nicht möglich.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

ANTWORT VON

(1395)

Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079

Web: https://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail: ra-w.burgmer@online.de
RECHTSGEBIETE
Strafrecht, Arbeitsrecht, Erbrecht, Familienrecht, Sozialrecht, Miet- und Pachtrecht, Baurecht, Verwaltungsrecht, Vertragsrecht, Steuerrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
FRAGESTELLER
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...