Nachlasspfleger - wie unzulässige Vergütung verhindern

| 6. September 2021 11:29 |
Preis: 110,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

Die Nachlasspflegschaft nach § 1960 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB wird nur für den unbekannten (Mit-) Erben geführt und endet, sobald das Fürsorgebedürfnis wegfällt, weil die Person des (Mit-) Erben bekannt geworden ist.

Nachlasspfleger - wie unzulässige Vergütung verhindern
06.09.2021
Der gerichtlich bestellte Nachlasspfleger macht der jetzt 19-köpfigen Erbengemeinschaft, der auch ich angehöre, Probleme. Er hat es durch seine bemerkenswert gute, ja herausragende Überredungskunst, ob telefonisch, mittels Videokonferenzen oder durch umfangreiche, aber inhaltlich substanzlose Schreiben erreicht, daß ihm eine quoten- mäßig hinreichend große Mehrheit der Erben einen privaten Vergütungsvertrag über 250.000,00 EUR (netto) unterzeichnet hat. Die ihm rechtmäßig zustehende Vergütung nach den Bestimmungen der §§ 1915 Abs. 1 Satz 1 und 2, 1836 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB i.V.m. den Vorschriften des VBVG hält zwar eine zahlenmäßige Mehrheit der Erben (11) für fair und auskömmlich, die repräsentieren aber insgesamt nur 1/4tel der Erbquote.

Das Netto-Reinerbe nach Steuern wird etwa 2.000.000,00 EUR betragen, die Summe ist wegen noch nicht erledigter Grundstücksverkäufe nicht sehr genau. Also will er rund 12% Vergütung. Zu seiner bis heute noch gar nicht vorgelegten Schluß-Rechnungslegung haben ihm 11 Erben bereits eine Entlastungserklärung unterzeichnet, weiterhin haben sie ihm einen ausdrücklichen Verzicht auf Einlegung von Rechtsmitteln gegengezeichnet.

Damit die Entnahme der Vergütung auch technisch klappt, hat sich der Nachlaßpfleger eine Bankvollmacht erteilen lassen, und darin BGB §181 - Verbot des Insichgeschäftes - außer Kraft gesetzt. Laut meiner Nachfrage bei den einzelnen Erben haben 9 Erben dem Nachlaßpfleger diese riskante Vollmacht erteilt.

Man sieht, ein Nachlasspfleger, dem das eigene Wohlergehen sehr am Herzen liegt. Die Erledigung seiner Aufgaben war dagegen nachweislich dürftig und schlecht, unter mehreren Schlechtleistungen ist vor allem sein unrichtiger Erbenermittlungsbericht zu benennen, der jetzt leider dazu geführt hat, daß laut Nachlassgericht ein
neuer, berichtigter Erbschein beantragt/erstellt werden muß. Wobei ich auch dem prüfenden Nachlassgericht den Vorwurf der nachweislichen Schlechtleistung nicht ersparen mag - es ist peinlich! Wer zahlt die Gebühren für den zweiten Erbschein? Und meine Stunden für das Schreiben des berichtigten Erbenermittlungsberichtes?
(Achtung: Retorische Fragen - sie sollen hier nicht beantwortet werden - werden eventuell gesondert angefragt.)

Mittlerweile dämmert es einigen Unterzeichnern, daß die von ihnen gewählte Vergütung des Nachlasspflegers wohl doch nicht in ihrem Sinne ist, sie fühlen sich überrumpelt und hereingelegt. Auch durch die späte Zustellung seiner Vergütungsforderung, am 17.03.2021, genau 1 Tag vor dem Erbscheinstermin. Da hatte der Nachlasspfleger - trotz Corona - vormittags vor dem Erbscheinstermin, ein privates Treffen mit Zuschaltung einiger entfernt wohnender Erben in einer Video-Konferenz organisiert, bei der wohl auch einige Zweifler an seiner Vergütungsforderung zur Raison gebracht wurden. Ein Protokoll existiert nicht. Ich persönlich bin durch Abwesenheit und Nichtteilnahme an der Videokonferenz negativ aufgefallen. (Sagte man mir später auch so !!)

Ich habe seitdem in Sachen seiner Vergütung schriftlich schon einige Nettigkeiten mit dem Nachlaßpfleger ausgetauscht. Die mündliche Kommunikation habe ich unterbunden. Auch das Nachlassgericht wurde 2x von mir angeschrieben, insbesondere wegen des Rechtsmittelverzichtes; die rühren sich leider nicht.

Schön wäre, wenn weitere Erben wenigstens die Vollmacht und den Rechtsmittelverzicht widerrufen würden. Einige würden sie das sogar gerne machen, bleiben aber dennoch auf Tauchstation. Es gibt da wohl tiefsitzende Hemmungen, sich mit juristischem Kram auseinanderzusetzen. Lieber weniger erben und ausgiebig rummaulen, aber bloß nix tun.

FRAGE:
Was kann ich, als einzelner Erbe, mit Quote 1/48tel, JETZT zusätzlich tun, um den Nachlasspfleger wirksam daran zu hindern, seine m.E. unrechtmäßigen Vorstellungen durch Zugriff auf das Nachlasskonto zu verwirklichen ?

Ist meine Annahme richtig, daß eine private Vergütung, insbesondere in dieser Höhe, nur durch einstimmigen Beschluss der EG genehmigt werden kann, da dies eine Maßnahme der außergewöhnlichen Verwaltung wäre?

Wenn der Nachlasspfleger unberechtigt eine Entnahme vom Nachlasskonto tätigen sollte, könnte man zwar später zivilrechtlich Schadenersatz einklagen, aber das will ich möglichst vermeiden, viele Erben sind schon über 80 Jahre
alt und würden das Prozessende wohl nicht mehr erleben.

CAVE: Der Nachlasspfleger hat seine Vergütungsforderung mit der Versicherung untermauert, daß er auch nach Beendigung seines Amtes alle noch erforderlichen Tätigkeiten incl. Verkauf der Grundstücke und die Auflösung der EG durch Auskehrung der individuellen Geldbeträge wahrnehmen wolle. Er sieht sich durch die ihm noch verbliebenen Vollmachten eines Teils der Erbengemeinschaft damit beauftragt und dazu ermächtigt. Aus meiner Laiensicht könnten diese Vollmachten eine Beauftragung im Sinne einer Massnahme der ordentlichen Verwaltung darstellen, die ja durch einfachen Mehrheitsbeschluss getroffen werden könnte.

Noch etwas verstehe nicht, warum dieser Nachlasspfleger mehrere Wochen und Monate nach der von ihm versemmelten 1. Erbscheinserstellung noch immer im Amt ist.
6. September 2021 | 13:31

Antwort

von


(1656)
Bertha-von-Suttner-Straße 9
37085 Göttingen
Tel: 0551 70728-16
Web: https://rkm-goettingen.de/gero-geisslreiter-verwaltungsrecht
E-Mail: verwaltungsrecht@rkm-goettingen.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Wenn nicht (alle mittlerweile bekannten) Mitglieder der Erbengemeinschaft zusammen einen Beschluss über die höhere Pflegervergütung gefasst haben, ist die Vereinbarung zu Lasten des Nachlasses unwirksam. Zum einen gab es nach Ihren Darlegungen überhaupt keine Beschlussfassung der Erbengemeinschaft, sondern Einzelvereinbarungen von einigen Erben mit dem Nachlasspfleger, zum anderen wurden möglicherweise auch noch nicht alle Erben beteiligt, wenn nachträglich der Erbschein berichtigt wurde (Änderung nur der Quoten oder Änderung in der Person der Erben?). Ich teile auch Ihre Auffassung, dass die Vereinbarung über die Pfleger- bzw. "Abwickler-" Vergütung eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung ist und der Zustimmung sämtlicher Erben bedürfte.

Zum anderen vertritt der Nachlasspfleger nur die unbekannten Erben. Es wäre pflichtwidrig, wenn er für diese in der Erbengemeinschaft einen Beschluss fassen (lassen) würde, dass die Vergütung frei vereinbart wird in Höhe von rund 1/8 des Nachlasses, denn die gesetzliche Vergütung für Berufsbetreuer ist auskömmlich. Hier wäre eine strafrechtlich relevante Untreue zu prüfen. Sie könnten bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue erstatten.

Entsprechendes gälte für eine Befreiung von § 181 BGB zugunsten des Nachlasspflegers: Auch hierüber müsste die Erbengemeinschaft Beschluss fassen und könnte der Pfleger dabei nicht die unbekannten Erben vertreten.

Wenn alle Erben feststehen, endet die Nachlasspflegschaft ohnehin.

Sie sollten dem Nachlasspfleger Ihre Rechtsauffassung darlegen und ihn auffordern, einen Zugriff auf den Nachlass (Bankguthaben) zu unterlassen.

Im übrigen kann Klage auf Feststellung erhoben werden, dass es keinen entsprechenden gültigen Beschluss der Erbengemeinschaft gibt. Wenn die Angelegenheit eilig wird, können Sie bei Gericht einen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung stellen, dass keine Maßnahmen auf der Grundlage des angeblichen Beschlusses getroffen werden.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Rückfrage vom Fragesteller 6. September 2021 | 16:42

Sehr geehrter Herr Geißlreiter,

Sie schrieben: "wenn alle Erben feststehen, endet die Nachlasspflegschaft ohnehin."

1.) wie erfährt die Erbengemeinschaft davon, daß der Nachlasspfleger sein Amt beendet hat?

2.) Ist es dem Nachlassgericht freigestellt, den Nachlasspfleger auch nach der Erbscheinserstellung über längere Zeit - hier: 3 Monate - im Amt zu belassen?

Wenn diese beiden Fragen den angemessenen Beantwortungsumfang meiner ursprünglichen Frage sprengen, teilen Sie mir das gerne mit, Ich würde mir diese Fragen dann im Rahmen einer neuen Anfrage
beantworten lassen.

Mit freundlichem Gruss,

GE47



Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 6. September 2021 | 22:43

Sehr geehrter Fragesteller,

der Nachlasspfleger wurde vom Nachlassgericht beauftragt und hat diesem Rechenschaft abzulegen. Nach Erledigung des Auftrages hat er sich dort zu melden.

Wenn es keine rechtliche Rechtfertigung für die weitere Tätigkeit des Nachlasspflegers gibt, muss das Gericht die Pflegschaft beenden. Fragen Sie beim Nachlassgericht nach, wofür der Nachlasspfleger nun noch gebraucht werden soll. Überhaupt führt das Gericht die Aufsicht über den Pfleger.

Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 6. September 2021 | 15:55

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"Herr Rechtsanwalt Geißlreiter hat mir meine Frage sehr verständlich und für mich zielführend beantwortet.
Dafür bedanke ich mich ausdrücklich bei ihm."
Stellungnahme vom Anwalt:
Herzlichen Dank!
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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 6. September 2021
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Herr Rechtsanwalt Geißlreiter hat mir meine Frage sehr verständlich und für mich zielführend beantwortet.
Dafür bedanke ich mich ausdrücklich bei ihm.


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