Möglicher Schwarzbau

13. Juni 2025 11:10 |
Preis: 75,00 € |

Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von


14:26
Ich habe auf meinem Grundstück 2 Nebengebäude, die auch in der Wohngebäudeversicherung aufgenommen sind. Ob diese jemals genehmigt worden sind, weiß ich nicht. Meine Frage: Sollten die Gebäude, wie z.B. durch einen Kurzschluss in Brand geraten und das Feuer auf das Nachbargelände übergreifen, zahlt meine Verischerung des Nachbarsschaden und könnte ich in Regress genommen werden?
13. Juni 2025 | 12:26

Antwort

von


(54)
Am Kaiserkai 69
20457 Hamburg
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Web: https://www.komning.com
E-Mail: birte.raguse@komning.com
Sehr geehrter Herr S.,

leider lässt sich Ihre Frage nicht so einfach zu beantworten. Bei dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt ist aus versicherungsrechtlicher Sicht zwischen der Wohngebäude- und der Privathaftpflichtversicherung zu unterscheiden. Zudem lässt sich Ihre Frage nicht pauschal beantworten, da der Inhalt und Umfang des Versicherungsschutzes von ihrem konkreten Vertrag abhängig ist. Daher bitte ich um Beachtung, dass ich Ihnen nur allgemeine Informationen geben kann, die jedoch aufgrund des Versicherungsvertrag auch abweichend sein könnten.

1. Wohngebäudeversicherung
Eine Wohngebäudeversicherung sichert in erster Linie Schäden an Ihrem eigenen Gebäude bzw. dem Versicherungsgegenstand ab. Schäden, die an einem Nachbargrundstück entstehen, sind nicht Gegenstand dieser Versicherung, da es sich bei diesen nicht um versicherte Sachen handelt.
Bei Ihnen wurden die beiden Nebengebäude ausdrücklich in den Vertrag mit aufgenommen. Damit ließe sich argumentieren, dass der Versicherer über das Risiko Kenntnis hatte. Das Fehlen einer behördlichen Baugenehmigung allein stellt nach der Rechtsprechung keine Obliegenheitsverletzung oder Gefahrerhöhung dar, sofern dem Versicherer der Bestand des Gebäudes bei Vertragsschluss bekannt war (Urteil des BGH vom 30.11.1994 – IV ZR 213/93:
Eine Leistungsverweigerung wegen fehlender Baugenehmigung ist nur dann zulässig, wenn der Versicherungsnehmer eine Gefahrerhöhung arglistig verschwiegen hat). Diese Rechtsprechung ist allerdings vor der Reform des VVG im Jahr 2008 ergangen.
Sollte das Nachbargrundstück zu Schaden kommen, wäre demnach die Gebäudeversicherung nicht einstandspflichtig.
Einige Wohngebäudeversicherungen (v. a. mit erweiterter Deckung oder als „Premiumtarife") beinhalten Sonderleistungen, z. B. Kosten für Schadenverursachung an fremdem Eigentum, wenn dies im engen funktionalen Zusammenhang mit dem Versicherungsort steht (z. B. Nachbargarage, angrenzende Mauer) oder auch Regressverzichte bei einfacher Fahrlässigkeit gegenüber Nachbarn (z. B. wenn dort durch Rauch oder Löschwasser Schaden entsteht). Ob dies gedeckt ist, hängt aber vom konkreten Bedingungswerk Ihrer Police ab. Wenn ein Brand aus Ihrem Gebäude oder Nebengebäude auf ein Nachbargebäude übergreift (sog. „Brandüberschlag"), kann es also Fälle geben, in denen Ihre Wohngebäudeversicherung den Schaden am Nachbargrundstück übernimmt, wenn z. B. Ihre Versicherung Regressverzicht erklärt hat (sie also auf den Rückgriff gegen Sie verzichtet) oder beide Gebäude (Ihres und das Nachbargebäude) beim gleichen Versicherer versichert sind. Sollten entsprechende Regelung existieren, dürfte entscheidend sein, ob durch die genehmigungsfreie nicht genehmigten Gebäude ein objektiv erhöhtes Risiko für den Eintritt eines Versicherungsfalls entstanden ist.

2. Privathaftpflichtversicherung
Sollte durch einen Brand in einem Ihrer Nebengebäude ein Schaden am Grundstück oder Gebäude des Nachbarn entstehen, greift im Regelfall die Privathaftpflichtversicherung, soweit vorhanden. Diese übernimmt berechtigte Schadenersatzforderungen Dritter, wenn Sie für den eingetretenen Schaden nach § 823 BGB verantwortlich sind.
Ein Haftungstatbestand setzt jedoch immer ein schuldhaftes Verhalten Ihrerseits voraus. Wenn etwa ein technisch nicht absehbarer Defekt zum Brand führt, ohne dass eine Wartungs- oder Sorgfaltspflicht verletzt wurde, bestünde keine Haftung, und der Versicherer würde den Anspruch abwehren, vgl. OLG Celle, Urteil vom 04.09.2003 – 8 U 55/03:
Eine Haftung setzt voraus, dass der Gebäudeeigentümer gegen die gebotene Sorgfalt verstoßen hat – nicht jeder Schaden begründet also automatisch Ersatzpflichten.

3. Regress
Ein Regress durch den Nachbarn oder dessen Gebäudeversicherung wäre denkbar, wenn ein begründeter Vorwurf der Fahrlässigkeit gegen Sie besteht. Ob ein Nebengebäude baurechtlich genehmigt wurde, spielt aus versicherungsrechtlicher Sicht nur dann eine Rolle, wenn es sich dabei um ein sicherheitsrelevantes Risiko handelt, das dem Versicherer nicht angezeigt wurde, z. B. im Fall eines Schwarzbaus mit unsachgemäßer Elektroinstallation (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 07.11.2012 – IV ZR 115/11, wonach eine unzulässige bauliche Veränderung nur dann zur Leistungsfreiheit führt, wenn sie die Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 VVG erheblich beeinflusst hat. Dies könnte ggfs. ach bei zu geringem Abstand zum Nachbargebäude gelten.

Da Versicherer im Leistungsfall immer auch prüfen, ob die Leistung reduziert oder verweigert werden kann, sollte Sie zur Minimierung von Haftungs- und Versicherungslücken mit dem zuständigen Bauamt klären, ob für die betroffenen Nebengebäude Genehmigungen vorliegen oder erforderlich wären (Bauakte), prüfen Sie die beiden Versicherungsverträge bezüglich der genannten Regelungen und veranlassen Sie ggfs. eine Prüfung der elektrischen Anlagen durch einen Fachbetrieb zur Absicherung gegen etwaige Fahrlässigkeitsvorwürfe im Schadensfall. Noch sicherer wären Sie natürlich, wenn Sie sich bezüglich des Sachverhalt mit beiden Versicherern in Verbindung setzten und die Deckung jeweils prüfen lassen würden.

Ich hoffe, dass ich Ihnen Ihre Frage, soweit möglich, habe beantworten können.

Mit freundlichen Grüßen

Birte Raguse
Fachanwältin für Versicherungsrecht


Rückfrage vom Fragesteller 23. Juni 2025 | 13:35

Erstmal vielen dank für Ihre Antwort.
Ergänzend hierzu bei dem in Rede stehenden Grundstück und Häusern handelt es sich um mein Eigentum in Form von 2 Mehrfamilienhäuser und 2 Nebengebäuden.

In meiner Privathaftpflichtversicherung ist folgender Passus enthalten:

"Privathaftpflichtversicherung nach den Allgemeinen Bedingungen für die Privathaftpflichtversicherung (04.20)
Die Haftpflichtversicherung schützt Sie vor Schadenersatzansprüchen Dritter.
Je nach Anzahl der Personen im Haushalt (Einpersonen-, Zweipersonen- oder
Mehrpersonenhaushalte):
Versicherungssumme: 30 Mio. EUR pauschal für Personen-, Sach- und Vermögensschäden, höchstens jedoch das 3-fache pro Versicherungsjahr. (Baustein Premium: 60 Mio. EUR pauschal für Personen-, Sach-und Vermögensschäden, höchstens jedoch das 3-fache pro Versicherungsjahr).

Geltungsbereich
- vorübergehender Auslandsaufenthalt (weltweit), ohne zeitliche Begrenzung
Haushalt, Familie und sonstige Tätigkeiten/Eigenschaften
übergegangene Regressansprüche von öffentlichen Versicherungsträgern, Sozialhilfeträgern und anderen Versicherungsträgern."

Damit dürfte in meinem konkret geschilderten Fall wohl ein Versicherungsschutz bestehen.

Die Versicherung hat auf meine Frage:
"Ist denn im Fall eines Brandes, aus welchen Gründen auch immer, und ein Übergang des Feuers auf das auf die Nachbargrundstück befindliche Bäume und Häuser ein Versicherungsschutz durch die WGV oder die HUG gegeben, oder muß ich dieses Wagnis noch gesondert versichern." wie folgt geantwortet.:

"Wurde der Brand nicht fahrlässig verursacht, übernimmt die Wohngebäudeversicherung des Nachbarn den Schaden
Wurde der Brand fahrlässig veranlasst, haftet der Verursacher persönlich, ggf. dann über die hoffentlich vorhanden Haftpflichtversicherung (Stichwort: Mieter)
Eine andere Absicherung ist nicht möglich, bzw. auch nicht notwendig."
Beide Verrsicherungen bestehen bei dem gleichen Unternehmen.

Ich würde mich freuen, wennSie dazu noch einmal Stellung nehmen.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Juni 2025 | 14:26

Sehr geehrter Herr S.,

die Gebäudeversicherung deckt in der Regel Schäden an den versicherten Gebäuden durch Feuer ab. Für Ihre genehmigten Mehrfamilienhäuser besteht daher grundsätzlich Versicherungsschutz.
Für die nicht genehmigten Nebengebäude besteht jedoch möglicherweise kein Versicherungsschutz, da unklar ist, ob gegen bau- oder versicherungsrechtliche Vorschriften verstoßen worden ist. Wenn ein Brand von den nicht genehmigten Gebäuden ausgeht oder diese zur Schadenentstehung beitragen, könnte die Versicherung die Leistung ganz oder teilweise verweigern oder kürzen. Daher sollte geklärt werden, ob diese genehmigt worden sind bzw. genehmigungspflichtig gewesen sind.
Die (möglicherweise) nicht genehmigten Nebengebäude könnten zudem eine Gefahrerhöhung darstellen, da u.a. Abstands- oder Brandschutzregelungen nicht eingehalten worden sind. Die fehlende Kenntnis schützt nicht. Eine Unterlassung der Mitteilung kann zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.
Ich empfehle Ihnen, diese Situation schnellstmöglich zu klären und gegebenenfalls die Gebäude nachträglich genehmigen zu lassen.

Die Privathaftpflichtversicherung schützt nur vor Schadenersatzansprüchen Dritter. Schäden an Ihrem eigenen Eigentum sind davon nicht abgedeckt.
Sollten durch den Brand Dritte geschädigt werden, könnte die Privathaftpflicht unter Umständen einstehen – allerdings nicht, wenn der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig durch die nicht genehmigten Gebäude verursacht wurde.

Viele Grüße

Birte Raguse


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