Mangelhaftung, Baufolie, EU- Recht

22. September 2013 15:56 |
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Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von


21:06
Ich habe als Geschäftsführer unserer Familiengesellschaft einen Dachdecker gemäß dem Handwerkervertrag von Haus & Grund, Verbrauchervertrag für Bauleistungen mit der Sanierung eines Satteldaches beauftragt.
Es wurde Vereinbart, dass für die Aufsparrendämmung Produkte der Fa. XY verwendet werden.
Weil der Spitzboden nicht ausgebaut wird, aber durch Dachfenster beleuchtet wird, kommt Sonnenlicht an die Dampfbremse die unter der Dämmung verbaut wird.
Auf Grund dieser Einbausituation wurde das Produkt XY als UV- beständige Dampfbremse eingebaut.
Beim Einbau der Dampfbremse habe ich festgestellt, dass Sonnenlicht an kleinen Punkten durch die Dampfbremse dringt. Bei der vor Ort Besprechung wurde mir von dem Außendienstmitarbeiter ( nach Rücksprache mit der technischen Abteilung von XY) versichert, dass diese Punkte kein Mangel sind und die Folie nicht ausgetauscht werden muss. Zu diesem Zeitpunkt währe es noch mit geringem Aufwand möglich gewesen. Es wurde mir versprochen die Mangelhaftung auf 30 Jahre zu verlängern.

Nach einem Gespräch mit dem Fachbereichsleiter Steildach von XY wurde dann gesagt, dass XY die Dampfbremse nicht selber herstellt und deshalb die Verlängerung der Mangelhaftung von der Fa.X L P aus Österreich ausgestellt würde.

Mir liegt jetzt folgendes Schreiben der Fa.X L P vor:

Verlängerung der Produkthaftung auf 30 Jahre
wie besprochen bestätigen wir Ihnen, dass wir, X
L P GmbH & Co.KG mit Sitz Österreich, die Haftung für Schäden maximal für 30 Jahre ( endet am 27. Juli 2043) übernehmen, welche ursächlich aus dem reklamierten Mangel (Sternenhimmel) an der Dampfbremse XX resultieren.

Bauherr:
N.N

Baustelle:
B.B

Verarbeiter:
Dachdecker

Nach dem ich dieses Schreiben erhalten habe, habe ich gefragt, wie ich den Mangel an der Dampfbremse der vielleicht in 10, 20, oder 30 Jahren durch die UV- Strahlung entsteht nachweisen soll.
Mir wurde mitgeteilt, dass als Prüfverfahren der Wassersäulentest gemäß DIN EN 13859 Teil 1 festgelegt werden kann.

Nach dem ich mich intensiver mit dem Mangel beschäftigt habe, habe ich dann die Frage gestellt, warum eine preiswerte PE- Folie nicht UV- Beständig ist und bei der XYP an der jetzt an den Stellen wo das Sonnenlicht durchscheint auch nur noch die nicht UV- Beständige PE- Folie vorhanden ist weiterhin UV- Beständig sein soll.

Mir wurde geantwortet, dass die Folie keine direkte Sonneneinstrahlung mehr bekomme weil die Folie außen durch die Dachhaut geschützt ist.
Nach meinem Einwand, dass die Dampfbremse mit der UV- Beständigkeit wirbt und empfohlen wird in nicht ausgebauten Dachräumen( wo die Dampfbremse durch keine Innenverkleidung vor UV- Licht geschützt wird) diese zu verwenden, weil eine einfache PE- Folie auf Dauer durch das durch die Fenster eindringende UV- Licht geschädigt wird, wurde geantwortet:

Das unter der PE- Folie liegende Fließ würde die UV- Strahlung reduzieren und nur wo die Dampfbremse starker Sonneneinstrahlung ausgesetzt sei könne diese schädlich sein. Aus diesem Grund wurde angeboten den Leibungsbereich der Dachfenster mit Gipskartonplatten zu verkleiden.

Meine Meinung ist, dass keiner abschätzen kann, wie lange die Dampfbremse mit diesem Mangel UV- beständig ist.

Aus diesem Grund habe ich die Arbeiten noch nicht abgenommen. Der Dachdecker ist nun in der misslichen Lage, dass er keinen Einfluss auf die Beschleunigung des Ablaufes nehmen kann.

Meine Fragen:

Muss ich verlangen, dass die Folie ausgetauscht wird? Ist der Aufwand noch verhältnismäßig? Kosten ca. 30-40 T€, Diese Forderung werde ich nicht ohne Rechtsbeistand durchsetzen können.
Muss ich oder sollte ich die Produkthaftung des Herstellers in Österreich, wie sie mir vorliegt, akzeptieren? Kann ich im Schadenfall meine Ansprüche in Österreich durchsetzen?
Wie lange kann ich die Abnahme verweigern?
Kann oder sollte ich bei der Abnahme die Dampfbremse ausschließen? Wenn ja, wie muss ich das formulieren?
Gibt es eine Möglichkeit die Beweislast für die 30 Jahre beim Hersteller oder Lieferanten zu belassen? Formulierung?
Welche Festlegungen sind noch erforderlich um im Schadenfall unsere Ansprüche durchzusetzen?
22. September 2013 | 17:07

Antwort

von


(2929)
Damm 2
26135 Oldenburg
Tel: 0441 26726
Web: https://www.ra-bohle.de
E-Mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
Sehr geehrter Ratsuchender,



wenn das Sonnenlicht durch die Dampfbremse scheint und eine andere als die vertraglich vereinbarte Folie offenbar verarbeitet worden ist, sollten Sie sich keinesfalls lediglich auf die vorgeschlagene Garantieverlängerung verweisen lassen.


Dazu einige wichtige Punkte:

1.)
Vertragspartner ist der Dachdecker. Dieser hat die Gewährleistung zu tragen und nur gegen diesen Dachdecker können Sie die Gewährleistungsansprüche geltend machen.

2.)
Nach der derzeitigen Sachverhaltsdarstellung soll der Dachdecker komplett herausgehalten und der Produzent/Lieferant der Folie die Haftung übernehmen.

3.)
Eine Garantie ist etwas anderes als die Gewährleistung. Neben der Frage der dazugehörigen Garantiebedingungen (die einzuhalten sind, wenn Sie den Garantieanspruch nicht verlieren wollen), hätten Sie auch die Problematik, dass die GEWÄHRLEISTUNGSANSPRÜCHE gegen den Dachdecker dann nach fünf Jahren (je nach vertraglicher Vereinbarung kann die Frist geändert werden) verjährt sind, sie also "nur noch" dann ggfs. Garantieansprüche haben, die ganz sicher nicht auch die möglichen Folgekosten umfassen werden.

4.)
Wenn Sonnenlicht durchscheint, dürfte die Folie beschädigt und/oder nicht fachgerecht eingebaut worden sein.

Ich denke, damit sind dann auch die Garantiebedingungen dergestalt verletzt, dass der österreichische Garantiegeber dann - erfolgreich - alle Ansprüche ablehnen könnte.

5.)
Sollte ohne Rücksprache mit Ihnen einen andere Folie eingebaut worden sein, ist neben der Mangelhaftung des Dachdeckers dann auch sicherlich schon der Bereich der Arglist tangiert.

6.)
Die Abnahme sollten Sie - erst Recht in Kenntnis der Mängel - unbedingt verweigern, da ansonsten Sie mit erheblichen Rechtsverlusten rechnen müssten.

Zur Problematik und Risiken der Bauabnahme verweise ich auf

http://ra-bohle.blog.de/2013/04/29/bauabnahme-15805882/

wobei hier eben das erhöhte Risiko azfgrund der Kenntnis der Mängel besteht.



Die derzeit einzig sinnvolle Vorgehensweise ist derzeit:


Suchen Sie unverzüglich mit allen Unterlagen einen Rechtsanwalt auf, der auch alle Verträge zu prüfen hat. Fotos werden hilfreich sein.

Auch sollten Sie die genaue Herstellernummer der Folie aufschreiben und (falls möglich) fotografieren, damit später festgestellt werden kann, welche Folie denn nun nach dem Vertrag vereinbart und welche Folie tatsächlich eingebaut worden isst.

Es wird dann sicherlich ein selbständiges Beweisverfahren einzuleiten sein, mit dem ein Gutachter über das Gericht beauftragt wird.

Diese wird Abweichungen, Mängel, Kosten der Mängelbeseitigung und auch Vorgehensweisen feststellen und vorschlagen.

Nur diese Art des Gutachtens wäre dann in einer späteren Auseinandersetzung ohne Probleme verwertbar.



Vorsorglich noch einmal zu Ihren Fragen:


Muss ich verlangen, dass die Folie ausgetauscht wird?

Davon ist auszugehen.

Ist der Aufwand noch verhältnismäßig? Kosten ca. 30-40 T€, Diese Forderung werde ich nicht ohne Rechtsbeistand durchsetzen können.

Ja, denn es liegt ein Mangel vor, wobei eine Unverhältnismäßigkeit letztlich nur ein Gutachter feststellen kann.

Muss ich oder sollte ich die Produkthaftung des Herstellers in Österreich, wie sie mir vorliegt, akzeptieren?

Nein, auf keinen Fall.

Kann ich im Schadenfall meine Ansprüche in Österreich durchsetzen?

Im Prinzip schon, aber die Einhaltung möglicher Garantiebedingungen erscheinen doch sehr fraglich.

Wie lange kann ich die Abnahme verweigern?

Bis zur mangelfreien Herstellung, sofern es nicht nur Kleinigkeiten sind (und davon kann man nun sicherlich nicht ausgehen.

Kann oder sollte ich bei der Abnahme die Dampfbremse ausschließen? Wenn ja, wie muss ich das formulieren?

Ja; aber bitte formulieren Sie nichts selbst. Ohne Rechtsanwalt sollten Sie wirklich nichts machen, wenn es um solche Summen und gefahrenträchtige Mängel geht.

Gibt es eine Möglichkeit die Beweislast für die 30 Jahre beim Hersteller oder Lieferanten zu belassen? Formulierung?

Grundätzlich schon. Aber in Hinblick auf das obige Risiko sollten Sie es keineswegs machen. Denn was passiert, wenn der Hersteller vielleicht in ein paar Jahren nicht mehr auf dem Markt ist? Die Garantie mit Beweislastumkehr ist dann nichts wert (unabhängig von der Verletzung der Garantiebedingungen).

Welche Festlegungen sind noch erforderlich um im Schadenfall unsere Ansprüche durchzusetzen?

Das selbständige Beweissicherungsverfahren. Nur das ist letztlich die einzige Möglichkeit.



Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle
Damm 2
26135 Oldenburg

Tel: 0441 / 26 7 26
Fax: 0441 / 26 8 92
mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
http://www.rechtsanwalt-bohle.de/index.php?tarcont=content/e-mail.inc.php
http://ra-bohle.blog.de/


Rückfrage vom Fragesteller 22. September 2013 | 20:33

Sehr geehrter Anwalt,

ihre Annahme, dass der Dachdecker die falsche Folie eingebaut hat ist nicht richtig. Auch wurde vom Dachdecker die Folie nicht beschädigt. Den Dachdecker trifft keine Schuld. Beim Herstellungsprozess der Folie wurde eine Aluminiumbeschichtung zwischen zwei PE- Folien nicht Mangelfrei aufgebracht. Der Fehler liegt also beim Hersteller der Folie. Der Dachdecker könnte den Schaden auch nicht beheben ohne in die Insolvenz zu gehen. Es ist also wichtig den deutschen Lieferanten oder den österreichischen Hersteller in die Haftung zu bekommen. Diese sind in der Lage den wirtschaftlichen Schaden zu verkraften.
Wie schon geschildert ist die Folie zurzeit Luft und Wasser dicht, erfüllt also die Funktion der Dampfbremse. Nur wenn die UV- Strahlung die nicht mehr durch die Aluminiumschicht geschützte PE- Folie zerstört, erfüllt die Folie nicht mehr ihre Funktion. Ich bin mir sicher, dass ein Gutachter keine Aussage über die Lebensdauer der Folie machen wird. Das einzige was er vielleicht bestätigt ist, dass die Folie nicht mehr UV- beständig ist.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 22. September 2013 | 21:06

Sehr geehrter Ratsuchender,


bitte unterschätzen Sie die Fähigkeiten der Sachverständigen nicht, denn auch aufgrund der von Ihnen geschilderten Umstände wird der Mangel und die Beständigket der Folie festgestellt werden können.


Aufgrund der von Ihnen geschilderten Sonneneinstrahlung wird die Folie definitiv mit der Folge zerstört werden, dass die Funktion nicht gewährleistet werden kann.

Dieses kann dan soweit gehen, dass die Folie sich auflösen kann.

Daher nochmals der ernst gemeinte Rat, ein solches Verfahren nach Sichtung aller Unterlagen einzuleiten.


Das Ihnen vorgeschlagene Verfahren einer verlängerten Produkthaftung ändert nichts an der Tatsache, dass Sie dann zwar kein Verschulden beweisen müssen, gleichwohl aber den Mangel.

Und das können Sie eben nicht, ohne eine entsprechende Feststellung (die nicht in der Verlängerung der Garantiezeit liegt) durch Gutachten oder Anerkenntnis. Beides liegt derzeit nicht vor.

Dann aber nützt die Verlängerung der Zeitspanne Ihnen wirklich gar nichts. SXie benötigen die Feststellung der Haftung und des Haftungsumfanges.

Dann sollte der Austausch der Folie verlangt werden, da eben ansonsten nicht gewährleistet werden kann, dass der Mangel irgendwann auftritt und Sie keinen Haftungsgegner mehr haben.


Vielleicht rufen Sie mich einmal an, damit wir ggfs. Näheres besprechen können.




Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle
Damm 2
26135 Oldenburg

Tel: 0441 / 26 7 26
Fax: 0441 / 26 8 92
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