Krankengeldbezug Freiberufler, Verrechnung mit Gewinnen, Zuflussprinzip?

21. August 2020 18:59 |
Preis: 35,00 € |

Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von

Hallo,
ich bin arbeitsunfähig und freiwillig gesetzliche versichert, ich bin Freiberuflerin. Ab dem 43. Tag der AU habe ich Anspruch auf Krankengeld.

Ich beschäftige freie und angestellte (Mini und Medijob) Mitarbeiter, die weiterhin Gewinn erwirtschaften. Mir ist bewusst, dass Einkünfte mit dem Krankengeld verrechnet werden. Mir ist nur nicht bekannt, wie die Verrechnung genau erfolgt.
Ich werde ab ca. September Anspruch auf Krankengeld haben. Werden dann für September die Einnahmen und Ausgaben angesetzt, die im September auf mein Konto fließen bzw im September. abfließen oder diejenigen, die im September entstehen (also Arbeiten, die Mitarbeiter im September erledigen bspw.) und erst später ausgezahlt werden?

Muss ich dann für die Zeiten der AU jeweils monatlich? Einnahme-Überschuss-Rechnungen für die Krankenkasse erstellen? Und muss ich mittels Kontoauszügen und Rechnungen etc. diese nachweisen?
Gibt es hierzu eine gesetzliche Grundlage?

Vielen Dank.
22. August 2020 | 08:30

Antwort

von


(849)
Alte Schmelze 16
65201 Wiesbaden
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:

1. Anrechnung von Zahlungseingängen
Die Anrechnung von Geldeingängen ist in § 49 Abs. 1 SGB V geregelt:

[quote]Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - § 49 Ruhen des Krankengeldes
(1) Der Anspruch auf Krankengeld ruht,
1.[b] soweit und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhalten; dies gilt nicht für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt,[/b]
2. solange Versicherte Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in Anspruch nehmen; dies gilt nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Elternzeit eingetreten ist oder das Krankengeld aus dem Arbeitsentgelt zu berechnen ist, das aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung während der Elternzeit erzielt worden ist,
3. soweit und solange Versicherte Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld beziehen,
3a. solange Versicherte Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld beziehen oder der Anspruch wegen einer Sperrzeit nach dem Dritten Buch ruht,
4.[b] soweit und solange Versicherte Entgeltersatzleistungen, die ihrer Art nach den in Nummer 3 genannten Leistungen vergleichbar sind, von einem Träger der Sozialversicherung oder einer staatlichen Stelle im Ausland erhalten,[/b]
5. solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt,
6. soweit und solange für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung (§ 7 Abs. 1a des Vierten Buches) eine Arbeitsleistung nicht geschuldet wird,
7. während der ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit für Versicherte, die eine Wahlerklärung nach § 44 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 abgegeben haben,
8. solange bis die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nach § 46 Satz 3 ärztlich festgestellt wurde.
[/quote]

Das in Nr. 1 genannte Arbeitsentgelt erfasst hier auch Zahlungen, die schon aufgrund vorher erfolgter Tätigkeit erst jetzt ausgezahlt werden. Der Begriff einmalige Zahlungen erfasst dabei leider nur Sonderfälle (z.B. unter gewissen Voraussetzungen Abfindungen) und ist nicht dahingehend zu verstehen, dass man hier mit einzelnen Aufträgen argumentieren kann. Weiterhin gilt hier das sogenannte Zuflussprinzip. Dabei kommt es auf das Datum des Geldeingangs, nicht der Rechungsstellung an.

In diesem Fall kann die Krankenkasse also mögliche Einnahmen anrechnen, falls möglich sollten Sie bei noch offenen Rechnungen und sonst keinen erkennbaren Nachteilen die Empfänger bitten die Zahlungen noch hinauszuzögern und erst nach Genesung zu überweisen.

Abrechnungszeitraum ist grundsätzlich immer der jeweilige Monat, soweit hier Belege gefordert werden dürfte es ausreichen, wenn Sie eine (vorläufige) BWA oder Einnahmen/Überschussrechnung und Kontoauszüge vorlegen.

Ich hoffe Ihre Frage trotz der wohl nicht ganz erhofften Auskunft inhaltlich zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag und ein schönes Wochenende.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke


Rückfrage vom Fragesteller 22. August 2020 | 13:11

Hallo,
vielen Dank.
Dass verrechnet wird mit Einnahmen war mir ja klar. Bzgl. der Einnahmen verstehe ich Sie so, dass es auf das Datum des Zugangs ankommt.

Wie steht es um meine Ausgaben (Mitarbeiterkosten sind nur 1 Teil davon, aber ein großer, hier habe ich freie MA und angestellte, oder auch Raumkosten etc. pp). Gilt hier auch das Zufluss bzw Abflussprinzip? Denn auch hier habe ich gewisse Freiheiten in der Gestaltung der Zahlungen.

Bzgl., des Zuflussprinzips, ist dies auch gesetzlich niedergelegt? Wo genau?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 22. August 2020 | 13:42

Sehr geehrter Fragesteller,

das Zuflussprinzip ist im § 11 Absatz 1 Einkommenssteuergesetz normiert.

[quote]§ 11 EStG
(1) [b]Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind[/b]. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.(...)..[/quote]

Eine Ausnahme hiervon ist im Grunde nur bei regelmäßigen Lohnzahlungen im Angestelltenverhältnis gegeben.

Das Zuflussprinzip ist dann auch auf die einzelnen Monate übertragbar, wenn Sie also in den betreffenden Monaten entsprechende Ausgaben tätigen werden diese auch in diesem Monat abgezogen, relevant ist das Ergebnis der Einnahmen/Überschussrechnung. Hier haben Sie dann einen gewissen Spielraum und in der Regel wird hier keine allzu strenge Überprüfung stattfinden. Allerdings sollte man solche Ausgaben vermeiden die dann Nachfragen aufwerfen könnten (z.B. gesamte Jahresmiete auf einmal zahlen o.ä.).

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke

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