Kautionsrückzahlung: Entscheidungshilfe bei Vergleichvorschlag

| 25. Juni 2009 13:22 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich stehe momentan vor einer für mich schwerwiegenden Entscheidung und suche Sie deshalb um Rat auf. Die Sachlage ist relativ verworren und ich versuche es auf die wesentlichen Aspekte der für den Rat wichtigen Elemente zu kürzen:

- Umzug Anfang 2008, altes Mietverhältnis wurde gekündigt und Wohnung einwandfrei übergeben
- Rückzahlung der Kaution selbst 6 Monate nach Übergabe nicht erfolgt; keine Angabe von Gründen;
- diverse Schreiben an die Beauftragte Hausverwaltung bleiben unbeantwortet; Mieterschutz wird hinzugezogen, ebenfalls erfolglos; stetige Vertröstung auf "bald"
- Beauftragung eines Anwalts mit Hilfe der Rechtsschutzversicherung; Klage wird eingereicht; keine Reaktion der Gegenseite; Versäumnisurteil
- plötzliche Reaktion der Gegenseite mit der Behauptung wir hätten den Falschen verklagt; es stellt sich heraus, dass während unserer Mietzeit der Besitzer von "Firmenname GmbH" nach "Firmenname Hausvermietung KG" (sinngemäß) gewechselt hat, was uns aber nicht explizit mitgeteilt wurde sondern nur eine neue Bankverbindung
- Streitverkündung vor Gericht gegenüber der nun dritten Partei im Boot
- Vergleichsbereitschaft wird von der Gegenpartei signalisiert
- angebotener Vergleich von meinem Anwalt: x trägt der Angeklagte, y der Kläger (wobei x ca. 80%)
- Gegenpartei schlägt Vorschlag aus und macht Gegenvorschlag: sie würden die Kosten des Vergleichs tragen, wir die des bisherigen Rechtsstreits

Und damit kommen wir an den Punkt, an dem ich Sie um Ihre Meinung bitte. Mein Anwalt rät mir zu der Annahme des Vergleichs, da wir prinzipiell den Falschen verklagt haben und somit die Gefahr besteht, dass wir den Prozess verlieren. Ich stecke in dem Zwiespalt, dass ich aus rein rationaler Sicht denke, dass es der schnellste Weg wäre. Mein Gerechtigkeitsempfinden sagt mir, dass die Gegenseite damit aber viel zu gut wegkommt nach dem ganzen Verlauf der Angelegenheit. Zumal ich mich frage, wie die Rechtsschutzversicherung den Vergleich wertet.

Nun aber zu meinen konkreten Fragen:

a) Ist die Wahrscheinlichkeit dermaßen gering den Fall zu gewinnen, dass sich ein Vergleich unter diesen Bedingungen wirklich lohnt? Oder denken Richter i.d.R. ökonomisch und sagen z.B. "einer von euch beiden muss es doch eh an den Kläger zahlen, lasst es uns doch abkürzen"

b) Wie ist dieser Fall zu bewerten bzw. was würden sie empfehlen? Hat eine Fortführung des Verfahrens überhaupt noch Sinn unter diesen Bedingungen?

Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Antwort.
Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Frage und das damit entgegen gebrachte Vertrauen.

Ich darf Sie vorab darauf hinweisen, dass auf dieser Plattform nur eine überschlägige, erste rechtliche Einschätzung Ihres Problems aufgrund des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts erfolgen kann. Durch das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann sich die rechtliche Beurteilung zudem radikal verändern.

Dies vorangeschickt, komme ich nun zu Ihrem Anliegen.

Grundsätzlich ist dem Kollegen insoweit zuzustimmen, dass wohl der Falsche verklagt wurde. Ist der Verklagte nicht der richtige Anspruchsgegner, so kann die Forderung nicht gegen ihn geltend gemacht werden und die Klage würde deswegen abgewiesen. Sie würden also den Rechtsstreit tatsächlich verlieren. Dieses Risko sollte nicht unterschätzt werden. Wie hoch oder wie gering das Risiko des Unterliegens ist, kann im Rahmen dieser Plattform mangels ausreichender Aktenkenntnis nicht beurteilt werden. Nach Ihren Angaben gehe ich aber davon aus, dass ein Unterliegen deutlich wahrscheinlicher ist als auch nur ein teilweises Obsiegen.

Die Richter haben aufgrund des geltenden Rechts zu entscheiden, so dass für rein ökonomische Gedanken oftmals kein Raum bleibt. Ist die Klage gegen den falschen Anspruchsgegner gerichtet worden, ist der Richter grundsätzlich verpflichtet, die Klage abzuweisen. Daran ändert auch die Streitverkündung zunächst einmal nichts. Ein Vergleich ist unter diesen Umständen oft schon die ökonomischste und gerechteste Lösung, wenn einer der beiden möglichen Anspruchsgegner auf jeden Fall zur Zahlung verpflichtet würde. Durch den Vergleich würde das vollständige Verlieren für Sie verhindert und es würde wahrscheinlich doch noch ein einigermaßen akzeptables Ergebnis gefunden.

Ausgehend von dem nicht unerheblichen Risiko, den Rechtsstreit vollumfänglich zu verlieren, kann sich ein solcher Vergleich tatsächlich "lohnen". Um das tatsächliche Kostenrisiko für eine Beendigung durch Vergleich und für den Falle des vollständigen Verlierens zu prüfen und für Sie verständlich zu machen, sollten Sie den Kollegen um Kostenrisikoberechnung bitten.

Wegen der Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung ist darauf hinzuweisen, dass die Kosten für einen Vergleich in der Regel dann übernommen werden, wenn diese in einem angemessenem Verhältnis zu dem mutmaßlichen Obsiegen oder Verlieren stehen. Dies ergibt sich aus der Deckungszusage, in der Sie ggf. noch einmal nachschauen sollten, ob diese Regelung enthalten ist.

Haben Sie Zweifel, ob die Voraussetzungen für die Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung erfüllt sind, haben Sie zudem die Möglichkeit, sich direkt bei der Versicherung zu erkundigen. Sie sollten der Versicherung den Sachverhalt genau darlegen und soweit noch nicht geschehen, die Unterlagen des Rechtsstreits dort vorlegen, um prüfen zu lassen, ob unter diesen Voraussetzungen die Kostenübernahme erfolgt. Auch Ihr Anwalt kann diese Frage vorab mit der Versicherung klären, um so das Kostenrisiko für Sie möglichst gering zu halten.

Ob es Sinn macht, den Rechtsstreit unter den von Ihnen geschilderten Umständen noch fortzuführen, kann ohne tiefergehende Aktenkenntnis und die bisherigen Feststellungen des Gerichts nicht seriös beantwortet werden. Eine Einschätzung, wie konkret weiter vorgegangen werden sollte, kann ich daher an dieser Stelle nicht abgeben. Sie sollten diese Frage, mit dem Kollegen eingehend besprechen und sich ggf. genau erläutern lassen, warum der Kollege eine Fortführen des Rechtsstreits ohne Annahme eines Vergleichsangebots für sinnvoll hält oder eben nicht.

Sicherlich ist es oft so, dass rationales Verständnis und Handeln und das eigene Gerechtigkeitsempfinden sehr gegensätzlich sein können. Das ist selbst noch bei Anwälten der Fall, obwohl man in diesem Beruf gelernt haben sollte, dass Recht und Gerechtigkeit nicht immer deckungsgleich sind. Insoweit kann ich Ihren Zwiespalt sehr gut nachvollziehen.

Manchmal ist es aber besser, die rationale Entscheidung zu bevorzugen, wenn dadurch wenigstens ein kleiner Gewinn und Ausgleich an Gerechtigkeit erzielt werden kann. Dies ist m. E. vielleicht doch noch besser als Gerechtigkeit, die für einen selbst in einem Verlieren und damit verbundenen hohen Kosten endet. Es ist insoweit immer zu bedenken, dass bei einem Vergleich immerhin erreicht werden könnte, dass wenigstens ein Teil der Forderung an Sie gezahlt wird - das ist meist allemal besser als ein vollständiges Verlieren.

Vielleicht besteht ja auch noch die Möglichkeit, über den Vorschlag der Gegenseite nachzuverhandeln, um so ein noch etwas günstigeres Ergebnis für Sie zu erzielen. Auch dies sollten Sie mit dem Kollegen noch einmal besprechen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen bei Ihren Überlegen ein wenig weiterhelfen konnte und wünsche Ihnen noch einen schönen Nachmittag.

Mit freundlichen Grüßen

Silke Jacobi
Rechtsanwältin
Bewertung des Fragestellers 27. Juni 2009 | 16:43

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