Insolvenzverwalterin beendet Verfahren nicht

| 27. August 2025 13:13 |
Preis: 60,00 € |

Insolvenzrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Sehr geehrtes Anwalts-Team,

folgende Situation: Privatinsolvenz mit RSB Beantragung läuft seit 03/2023. Die zugeteilte Insolvenzverwalterin wirkt völlig planlos und versucht mit allen Mitteln, das Verfahren in die Länge zu ziehen oder Schwierigkeiten zu machen. So beendet sie bis heute (!) das Verfahren (und damit den Beginn der Wohlverhaltensphase) nicht, was m.E. ja normalerweise nach 12-18 Monaten i.d.R. geschehen sollte, unter Begründungen wie "eine neue Forderung sei aufgetaucht" (was sich im Nachhinein als falsch herausstellte), oder "es wären zuwenig Gelder vom Arbeitgeber abgeführt worden" (was sich im Nachhinein ebenfalls als falsch herausstellte, es wurden sogar ca. 500 € zuviel abgeführt, die sie dann nachträglich erstatten musste). Eine Beschwerde meinerseits an das Amtsgericht blieb ohne Erfolg, die Verwalterin wurde zwar zu einer Stellungnahme aufgefordert, aber dabei blieb es dann auch. Die Verwalterin bekam daraufhin von mir ein Schreiben, das ich künftig aufgrund ihres Verhaltens nicht mehr mit ihr direkt kommunizieren werde, sie möge sich dazu bitte an meinen verfahrensbevollmächtigten Anwalt wenden (was sie dann auch getan hat). Eine Lohn-Steuerabrechnung für die Jahre 2023-2024 kann ich zeitlich aufgrund meiner 14-16 Stunden Schichtarbeit am Tag nicht fertigen (das Angebot meines Anwalts, das im Rahmen einer Nachtragsberechnung zu klären damit das Verfahren jetzt endlich erst einmal beendet werden kann hat sie rundweg abgelehnt), sie möge das bitte selbst tun. Das hat sie dann letztendlich auch getan, allerdings mit völlig dubiosen Werten, die nun zu einer (in ihren Augen) zu geringen Erstattung seitens des Finanzamtes geführt hat, gegen diese Bescheide des Finanzamtes hat sie nun diesen Monat Widerspruch eingelegt und benutzt dies nun derzeit als neue Begründung, warum das Verfahren nach wie vor nicht beendet werden könne. Mein Anwalt ist mittlerweile auch ziemlich ratlos, wie dieser Dame noch beizukommen ist, wenn auch seitens des Amtsgerichtes nichts unternommen wird. Ich hätte diesbezüglich nun die folgenden 2 Fragen:

1.) Hinsichtlich des aktuellen Verhaltens der Verwalterin: ist diese berechtigt, dann auch das reguläre offizielle Ende der gesamten Insolvenz (März 2026) dann ebenfalls unter irgendwelchen Begründungen (wie z.B. die Steuer für 2025 muss ja noch eingetrieben werden, was ja im Januar 2026 erst möglich wäre etc.) zu verweigern bzw. das Ende dann auch immer weiter hinaus zu zögern und das ganze einfach nicht abzuschließen ?

2.) Ist die Verwalterin rechtlich dazu befugt, eine Restschuldbefreiung von sich aus mir zu versagen mit der Begründung meines Schreibens, das ich ja nicht "in erforderlichem Umfang" mitgewirkt hätte oder das sie die Steuerabrechnung selbst erstellen musste ?

Vielen Dank für Ihre Mühe.
Mit freundlichem Gruß
27. August 2025 | 13:45

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Zunächst zum Verfahrensstand: Sie befinden sich seit März 2023 in der Privatinsolvenz, das Verfahren ist noch nicht in die sogenannte Wohlverhaltensphase übergeleitet worden, obwohl dies üblicherweise nach etwa 12–18 Monaten geschieht, sobald die wesentlichen Verwertungs- und Prüfungsarbeiten erledigt sind. Das von Ihnen geschilderte Verhalten der Insolvenzverwalterin – Verzögerungen mit wechselnden Begründungen, nachträglich unzutreffende Behauptungen über angebliche Forderungen oder fehlerhafte Lohnabrechnungen – ist zwar ärgerlich, rechtfertigt für sich genommen jedoch nicht ohne Weiteres eine formale Pflichtverletzung. Dennoch gilt: Die Insolvenzverwalterin hat kein Ermessen, das Verfahren „beliebig" in die Länge zu ziehen. Ihre Aufgabe ist es, das Insolvenzverfahren sachgerecht zu bearbeiten und sodann dem Gericht die Aufhebung des Verfahrens vorzuschlagen, damit die Wohlverhaltensperiode beginnen kann.

Zu Ihrer ersten Frage: Die Insolvenzverwalterin ist nicht befugt, den Eintritt in die Wohlverhaltensphase oder auch den Abschluss des Verfahrens bis 2026 nach eigenem Belieben hinauszuzögern. Maßgeblich ist allein, ob noch offene verwertbare Masse vorhanden ist oder wesentliche Verfahrenshandlungen notwendig sind. Steuererstattungen können zwar grundsätzlich Masse betreffen, doch rechtfertigt allein der Umstand, dass ein Finanzamtsbescheid noch nicht bestandskräftig ist oder ein Einspruch läuft, kein monatelanges Hinauszögern der Aufhebung. Der Regelfall ist, dass das Gericht nach angemessener Zeit – häufig nach 12 bis 18 Monaten – das Verfahren aufhebt. Sollte die Verwalterin weiterhin auf Zeit spielen, ist Ihr Anwalt gehalten, beim Insolvenzgericht einen förmlichen Antrag auf Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu stellen (§ 200 InsO). Das Gericht hat insoweit die Letztentscheidung; die Verwalterin kann den Fortgang nicht nach Gutdünken blockieren.

Zu Ihrer zweiten Frage: Die Restschuldbefreiung kann die Insolvenzverwalterin selbst nicht verweigern. Sie ist lediglich befugt, einen Versagungsantrag nach § 290 InsO (während des laufenden Verfahrens) oder nach § 296 InsO (während der Wohlverhaltensphase) zu stellen. Die Entscheidung trifft ausschließlich das Insolvenzgericht. Die Voraussetzungen für eine Versagung sind eng gefasst: etwa unrichtige Angaben, Verschweigen von Vermögen oder vorsätzlich pflichtwidriges Verhalten. Die Tatsache, dass Sie – aufgrund Ihrer erheblichen Arbeitsbelastung – die Steuererklärungen nicht selbst erstellt haben und die Verwalterin diese Aufgabe übernehmen musste, erfüllt diese Versagungsgründe nicht. Auch Ihr Schreiben, künftig nur noch über Ihren Anwalt kommunizieren zu wollen, stellt keine Obliegenheitsverletzung dar, sondern ist ein völlig zulässiges Vorgehen. Solange Sie Ihre Mitwirkungspflichten im Kern erfüllen – also Auskünfte erteilen, Unterlagen zugänglich machen und pfändbares Einkommen abführen –, gibt es keine tragfähige Grundlage für einen Versagungsantrag.

Zusammengefasst: Die Verwalterin kann weder das Verfahren nach Belieben bis 2026 verschleppen noch Ihnen eigenmächtig die Restschuldbefreiung verweigern. Sie kann allenfalls Anträge stellen, die das Gericht prüft. Ihr Anwalt sollte nun gezielt gegenüber dem Insolvenzgericht beantragen, das Verfahren gemäß § 200 InsO aufzuheben und die Wohlverhaltensperiode einzuleiten. Auf diese Weise wird der Verwalterin der Entscheidungsspielraum entzogen.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

El-Zaatari
Rechtsanwalt


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