Frage Mietrecht

24. November 2023 14:42 |
Preis: 55,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


16:13
Der Vermieter möchte die Miete erhöhen. Wie wir gerade ausgemessen haben ist Wohnung 75,5m2 gross, bislang gingen wir entsprechend der Vermieterangabe von 85m2 aus. Die Klausel im Mietvertrag lautet jedoch:

"13. Die vermietete Fläche wird mit 85,00 m vereinbart und stellt keine Zusicherung der Beschaffenheitsangabe dar. Sie ist jedoch als verbindliche Größe für flächenabhängig abzurechnende Betriebskosten und bei Mieterhöhungen vereinbart."

Ist diese Klausel juristisch angreifbar? Wäre bzgl. der Mieterhöhung die tatsächliche Größe als Grundlage durchsetzbar?

Vielen Dank für eine kurze Bewertung.
24. November 2023 | 15:30

Antwort

von


(138)
Wilhelmstraße 3
66663 Merzig
Tel: 068619932577
Web: https://rechtsanwaltskanzlei-enzweiler.de/
E-Mail: info@rechtsanwaltskanzlei-enzweiler.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die Klausel in Ihrem Mietvertrag scheint auf den ersten Blick widersprüchlich zu sein, da sie einerseits die Fläche von 85m2 als "verbindliche Größe" für flächenabhängige Betriebskosten und Mieterhöhungen festlegt, andererseits aber keine "Zusicherung der Beschaffenheitsangabe" darstellt.
Grundsätzlich ist es so, dass die tatsächliche Wohnfläche für die Berechnung der Miete maßgeblich ist. Eine Abweichung von mehr als 10% zwischen der tatsächlichen und der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche kann sogar einen Mangel der Mietsache darstellen, der zur Mietminderung berechtigt.
In Ihrem Fall liegt die tatsächliche Wohnfläche jedoch unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche. Daher könnte es schwierig sein, die tatsächliche Größe als Grundlage für eine Mieterhöhung durchzusetzen, insbesondere wenn der Mietvertrag eine andere Regelung trifft.

Die von Ihnen zitierte Klausel kann zudem als unwirksam angesehen werden, da sie den Mieter unangemessen benachteiligt. Dies wäre insbesondere der Fall, da die Klausel so zu verstehen ist, dass der Vermieter die Miete erhöhen kann, als ob die Wohnung 85m2 groß wäre, obwohl sie tatsächlich kleiner ist.

Da es sich bei dem Mietvertrag aller voraussichtlich um einen vorgeferttigten und damit um AGB handelt, ist die entsprechende Regelung unwirksam im Sinne des § 307 I BGB.

[quote]§ 307 Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.[/quote]

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwältin Jasmin Enzweiler

Rückfrage vom Fragesteller 24. November 2023 | 16:04

Vielen Dank für die schnelle Antwort! Die fragegegenständliche Klausel 13 befindet sich leider in einem separaten Beiblatt zu einem vorgefertigten Mietvertrag. Am Beginn des Beiblatts steht "Die nachfolgenden Vereinbarungen wurden zwischen Mieter und Vermieter eingehend erörtert und im beiderseitigen Einvernehmen in dieses Beiblatt aufgenommen"... danach folgen die Klauseln, am Ende steht unter 15) "...Dieses Beiblatt ist wesentlicher Bestandteil des Mietvertrags vom (genaues Datum) und diesem beigeheftet". Datum, Unterschriften."
Handelt es sich dann immer noch um AGB?

Wäre die Klausel auch entsprechend §536 (4) BGB unwirksam?
"Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam."

Könnte ich mich zudem auf dieses Urteil berufen?
"Für Mieterhöhungen kommt es stets auf die tatsächliche Wohnfläche an. Die Auffassung, dass die vereinbarte Wohnfläche maßgeblich ist, wenn die Abweichung zur tatsächlichen Fläche höchstens 10 Prozent beträgt, hat der BGH aufgegeben."
https://www.haufe.de/immobilien/verwaltung/wohnflaeche-bgh-koennte-10-prozent-grenze-kippen_258_316818.html

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. November 2023 | 16:13

Auf die Klausel des § 536 BGB können sie sich in diesem Fall nicht berufen. diese Klausel gilt ausschließlich für Fragen rund um die Thematik Mietminderung bei Mängel, regelt hingegen nicht den Fall der Mieterhöhung.

Auf das von ihnen zitierte Urteil können sie sich hingegen grundsätzlich berufen, da diese genau den Fall erfasst, welcher von ihnen hier auch geschildert wurde.

Problematisch ist in ihrem Fall einzig, dass es sich bei der entscheidenden Regelung um eine solche handelt, die nicht in dem Vertrag selbst enthalten ist, sondern diesem nur beigefügt wurde.
Wann allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen, bestimmt sich nach § 305 BGB.

[quote]§ 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
[/quote]

Hiernach ist erforderlich, dass die Bedingungen durch eine Partei aufgestellt wurden und die andere Partei diesen nur zugestimmt hat. In ihrem Fall könnte der Vermieter dem widersprechen, da es in der Formulierung heißt, dass sie sich beide auf den Inhalt geeinigt haben und über dessen Bedeutung im klaren waren.

Sie sollten dennoch versuchen, mit dem Urteil des BGH zu argumentieren. Lässt sich ihr Vermieter darauf nicht ein, so würde ich ihnen raten, in der Angelegenheit einen Anwalt auf dem Fachgebiet des Mietrechts zu beauftragen.

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