Ihre Anfrage darf ich wie folgt beantworten:
Leider kann ich Ihnen nur sehr geringe Hoffnung machen, dass der Sohn Ihrer Frau ein Visum zum Zweck der Familienzusammenführung erhalten wird. Er ist nach Ihren Angaben jetzt achtzehn Jahre alt, also volljährig. Das Verwaltungsgericht Berlin, bei dem die Klage gegen den Remonstrationsbescheid erhoben werden müsste, würde daher § 32 AufenthG, der nur das Aufenthaltsrecht minderjähriger Kinder regelt, gar nicht mehr prüfen, sondern seine Entscheidung ausschließlich auf § 36 Abs. 2 AufenthG stützen. Nach dieser Vorschrift kann "sonstigen Familienangehörigen", also unter anderem volljährigen Kindern, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden können, wenn dies zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist.
Dass eine außergewöhnliche Härte im Fall des Sohnes Ihrer Frau vorliegt, zu deren Behebung eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland erteilt werden müsste, ist beim besten Willen nicht erkennbar. Die allgemeinen Lebensbedingungen im Herkunftsstaat, von denen alle Bürger betroffen sind, sind nicht geeignet, eine außergewöhnliche Härte zu begründen. Da der Sohn volljährig ist, wird von ihm verlangt, dass er sich auf eigene Füße stellt und für sich selbst sorgt; eine außergewöhnliche Härte kann daher nicht mit der Erkrankung des Großvaters und dem Umstand, dass die anderen Großeltern nicht für eine Betreuung zur Verfügung stehen, begründen werden. Es wird unterstellt, dass er keine Betreuung mehr braucht.
Eine außergewöhnliche Härte wäre nur dann anzunehmen, wenn der Sohn selbst krank und pflegebedürftig wäre, gegebenenfalls auch dann, wenn die Mutter - Ihre Frau - nachweislich so stark unter der Trennung von ihrem Sohn leiden würde, dass ihr Grundrecht auf Leben oder körperliche Unversehrtheit durch Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis verletzt würde. Hierfür finden sich in Ihrer Schilderung jedoch keine Anhaltspunkte.
Alles in allem hätte eine Klage denkbar geringe Erfolgschancen. Sollten Sie es dennoch riskieren wollen, müssten Sie mit Gerichtskosten in Höhe von 363,00 EUR und ggf. Anwaltskosten in Höhe von rund 1.000,00 EUR rechnen. Zudem ist zu bedenken, dass sich die Aussichten des Sohnes, in Zukunft ein Besuchsvisum für Deutschland zu erhalten, durch eine Klage verschlechtern würden. Denn die Botschaft würde den Umstand, dass eine Klage erhoben wurde, mit großer Wahrscheinlichkeit zu Ungunsten des Sohnes bei Beantragung eines Besuchsvisums werten, da die Rückkehrbereitschaft des Sohnes nicht angenommen werden könnte. Allerdings wird er durch den abgelehnten Visumsantrag insoweit leider schon Schwierigkeiten bekommen.
Grundsätzlich kann der Sohn aber regelmäßig besuchsweise zu Ihnen nach Deutschland kommen, mit einem Besuchsvisum, mit welchem er sich für maximal drei Monate pro Halbjahr in Deutschland aufhalten darf. Die Entscheidung, ob der Sohn ein Besuchsvisum bekommt, liegt allerdings im Ermessen der Botschaft und dabei wird das abgelehnte Visum für die Familienzusammenführung leider als negativer Umstand mit einfließen. Andererseits hat sich der Sohn ja schon einmal besuchsweise komplikationslos in Deutschland aufgehalten und Sie dürften als Bundesbeamter einen guten Leumund bei den Behörden genießen, so dass die Beantragung eines Besuchsvisums nicht aussichtslos sein wird.
Es tut mir Leid, dass ich Ihnen keine günstigere Antwort geben kann. Die EU schottet sich stark gegen Zuzügler aus Drittstaaten ab und hierunter hat auch der Sohn Ihrer Frau zu leiden. Dies ist leider nicht zu ändern.
Für eine Rückfrage stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)
Sehr geehrte Frau Laurentius,
Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich halte es zunächst einmal nur für fair, dass der Sachverhalt des Zeitpunktes geprüft wird, der bestand, als der Antrag gestellt wurde, d.h. als der Junge noch 16 Jahre alt war. Daher ist m.E. weiterhin §32 anzuwenden und die Botschaft geht ja auch auf §32 Abs.2 ein, eben nur mit einer sehr fadenscheinigen Ablehnung. In §32 Abs.2 steht, dass eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist, wenn "gewährleistet erscheint,... dass sich das Kind ... in die Lebensverhältnisse in Deutschland einfügen kann". Ich denke, es gibt nicht den geringsten Zweifel, dass sich das Kind in die Lebensverhältnisse wird einfügen können.
Leider sind Sie überhaupt nicht darauf eingegangen, dass uns die Botschaft offenbar eine falsche Richtung vorgegeben hat. Die vermeintliche Brücke, die wir meinten zu erkennen, war retrospektiv nichts als eine Falle. Sämtliche Hinweise der Botschaft (Erkrankung des Großvaters, Trennung der Großeltern, Beziehung zum Vater) wurden in unserer Begründung aufgegriffen und mit Nachweisen belegt. Wenn diese Punkte nachher dann keine Rolle spielen sollen, dann fühle ich mich verschaukelt.
Sehr geehrter Fragesteller,
leider ist es nicht so, dass das Verwaltungsgericht den Sachverhalt zu dem Zeitpunkt, als der Visumsantrag gestellt wurde, prüft und sein Urteil hierauf stützt. Maßgeblich ist vielmehr die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht. Das Gericht würde daher ausschließlich prüfen, ob dem Sohn Ihrer Frau eine Aufenthaltserlaubnis gemäß dem von mir zitierten § 36 Abs. 2 AufenthG erteilt werden kann bzw. muss. Der § 32 AufenthG wird aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Volljährigkeit des Sohnes im Gerichtsverfahren keine Rolle mehr spielen.
Der Botschaft kann in Ihrem Fall jedoch, was die Anforderung von Nachweisen betreffend die Betreuungssituation des Sohnes in Kuba anbetrifft, wohl ebenfalls kein Vorwurf gemacht werden, da das Remonstrationsverfahren zu einem Zeitpunkt eingeleitet wurde, als der Sohn noch nicht volljährig war, es fehlten noch wenige Wochen bis zum achtzehnten Geburtstag des Sohnes. Die deutschen Auslandsvertretungen legen ihren Entscheidungen die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags (Visumsantrag, Remonstrationsantrag) zugrunde. Daher dürfte die Prüfung des § 32 AufenthG im Remonstrationsverfahren und die damit einhergehende Anforderung von Nachweisen betreffend die Betreuungsituation in Ordnung gewesen sein. Dies hat jedoch mit dem Gerichtsverfahren, welches nun eingeleitet werden könnte und in welchem, wie oben dargestellt, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung maßgeblich wäre, nichts zu tun.
Es tut mir wirklich Leid, dass es keine befriedigendere Lösung für Ihren Fall gibt. Ich kann Ihnen angesichts der klaren rechtlichen Maßgaben keine angenehmere Auskunft geben, so gern ich dies auch täte.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)