Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Das Nacherbe muss dem Insolvenzverwalter angegeben werden.
Gemäß § 35 InsO fällt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Verfahrenseröffnung gehört, in die Insolvenzmasse. Auch ein Anwartschaftsrecht, wie es bei einem Nacherben besteht, ist ein Vermögenswert, der angegeben werden muss.
2.
Der Insolvenzverwalter kann jedoch nicht direkt auf das Nacherbe zugreifen, solange der Nacherbfall (also der Tod der Vorerbin, in diesem Fall der Mutter) nicht eingetreten ist.
Der Nacherbe hat lediglich ein Anwartschaftsrecht, das erst mit dem Eintritt des Nacherbfalls zu einem tatsächlichen Erbrecht wird.
3.
Sollte der Nacherbfall während der Insolvenz oder der Wohlverhaltensphase eintreten, könnte der Insolvenzverwalter unter Umständen auf den dann tatsächlich anfallenden Erbteil zugreifen. In der Wohlverhaltensphase müsste die Tochter 50% des Erbes an den Treuhänder abführen, gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO.
4.
Es ist wichtig, dass alle Vermögenswerte, einschließlich Anwartschaftsrechte, wahrheitsgemäß angegeben werden, da unrichtige Angaben zu haftungs- und strafrechtlichen Konsequenzen führen können und die Restschuldbefreiung versagt werden könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Klare und verständliche Antwort, herzlichen Dank!
Nachfrage:
Wäre ich Gläubiger und erführe von der Nacherbschaft meines Schuldners, würde ich versuchen, meinen Titel (30 Jahre Gültigkeit) vor der Privatinsolvenz zu retten und den Erbfall abwarten. Als Kapitalanlage sozusagen.
Kann ein Gläubiger aus der Privatinsolvenz bzw. der Restschuldbefreiung "ausscheren"?
Vielen Dank!
Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Ein Gläubiger kann grundsätzlich nicht "ausscheren" und seine Forderung außerhalb des Insolvenzverfahrens oder der Restschuldbefreiung durchsetzen, wenn diese Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet und festgestellt wurde.
Die Restschuldbefreiung führt dazu, dass die Forderungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, nicht mehr durchgesetzt werden können, es sei denn, sie sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen.
2.
Ausnahmen von der Restschuldbefreiung:
Es gibt bestimmte Forderungen, die von der Restschuldbefreiung ausgenommen sind, wie z.B. Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen (§ 302 InsO). Diese Forderungen können auch nach der Restschuldbefreiung noch durchgesetzt werden.
3.
Das Anwartschaftsrecht des Nacherben ist ein Vermögenswert, der im Insolvenzverfahren angegeben werden muss.
Solange der Nacherbfall nicht eingetreten ist, kann der Gläubiger nicht direkt auf das Nacherbe zugreifen. Sollte der Nacherbfall jedoch während der Insolvenz oder der Wohlverhaltensphase eintreten, könnte der Insolvenzverwalter auf den Erbteil zugreifen, und der Gläubiger könnte im Rahmen des Insolvenzverfahrens eine Quote erhalten.
4.
Fazit:
Ein Gläubiger kann nicht einfach "ausscheren" und auf das Nacherbe zugreifen, solange der Nacherbfall nicht eingetreten ist und die Restschuldbefreiung nicht erteilt wurde. Die Forderung muss im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden, und der Gläubiger erhält eine Quote aus der Insolvenzmasse, sofern der Nacherbfall während des Verfahrens eintritt.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt