Drohung mit Anwalt nach Erstellung kostenloser Website

| 14. März 2023 16:28 |
Preis: 60,00 € |

Internetrecht, Computerrecht


Beantwortet von


07:03
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe im letzten Jahr für einen Bekannten kostenlos eine Website erstellt. Dabei habe ich Design, Programmierung und Beratung übernommen. Die mündliche Vereinbarung zwischen mir und meinem Bekannten war, dass ich einen Folgeauftrag bekomme.

Dieser Folgeauftrag wurde nun anders vergeben. Als Reaktion habe ich die von mir kostenlos erstellte Website vom Netz genommen, und mit folgenden Worten angeboten die Seite wieder online zu stellen:

>> Falls gewünscht schreibe ich dir eine Rechnung (2000,00 EUR zzgl. MwSt) für ****net, und stelle die Seite wieder online. <<

Besagter Bekannter behauptet nun die Seite sei sein Eigentum, und falls ich die Seite nicht bis morgen wieder online gestellt habe drohen rechtliche Schritte. Eine eventuell nötige Neuerstellung ginge auf meine Kosten. Außerdem sei mein Angebot eine Rechnung zu stellen Erpressung bzw. Nötigung.

Es gibt zwischen uns zahllose E-Mails die belegen, dass wir gemeinsam an der Seite gearbeitet haben. Ich habe aber zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Rechte abgetreten. Es gibt keinen Vertrag zwischen uns. Der einzige Beitrag von besagtem Bekannten waren die Texte.

Hat mein Bekannter irgendeinen Rechtsanspruch oder kann ich entspannt warten auf das, was da mit absoluter Sicherheit noch kommen wird?

Vielen lieben Dank und mit freundlichen Grüßen
Boris



Anbei noch die relevanten Stellen aus seiner E-Mail nach (angeblichem Kontakt) mit einem Anwalt:
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>> Du schreibst ja aber selber, dass ich die 2000 € für das Wiedereinstellen der Seite zahlen soll. Boris, das ist eine Nötigung, wenn nicht sogar eine Erpressung, und oh Mann: Das habe ich jetzt auch noch schriftlich von Dir. Niemand muss dem Boris, den ich kenne, erklären, dass da der eindeutig Spaß vorbei ist. Bitte frag Dich mal, wie Du jetzt an meiner Stelle reagieren würdest.
Ich will diesen Streit nicht, Boris. Kümmere Dich bitte umgehend darum - d.h. bis spätestens Mittwoch um 8 Uhr - den Status quo ante der Seite wieder herzustellen, sonst sehe ich mich wirklich gezwungen (und diesmal passt der Begriff sogar), rechtliche Schritte zu unternehmen, und die sehen dann so aus (ich zitiere mal aus der Mail meines Anwalts):

„Das haben Sie rechtlich nicht hinzunehmen, und der Programmierer ist zu umgehender Aktivierung der Webseite verpflichtet. Hierbei ist es rechtlich völlig irrelevant, dass dieser die Seite erstellt hat, denn allein maßgeblich ist, dass Sie Betreiber und damit Eigentümer der Seite sind. Sollte er daher Ihrer Aufforderung zu umgehender Freischaltung nicht freiwillig Folge leisten, so können Sie gegen ihn eine Eilverfügung bei Gericht erwirken. Diese würde ihn unter Androhung eines sehr hohen Zwangsgeldes gerichtlich verpflichten, die Seite unverzüglich wieder online zu stellen. Fordern Sie ihn daher unter ausdrücklicher Berufung auf die dargestellte Rechtslage zu umgehender Freischaltung auf, und kündigen Sie an, dass Sie widrigenfalls eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirken werden."

Auf meine Nachfrage, wie es sich verhält, wenn die Seite mit veränderter Funktionalität oder verändertem Design wieder eingestellt wird:

„Der Programmierer wäre Ihnen in diesem Fall gemäß § 249 BGB zum Schadensersatz, nämlich zur Wiederherstellung des Ursprungszustands, verpflichtet."

Und im Telefonat: Für den Fall, dass die Daten gelöscht sind, würde sich der Umfang des Schadensersatzes auch auf die Kosten für die Erstellung einer neuen Seite erstrecken - und nein, ich wäre nicht verpflichtet, Dich das machen zu lassen. <<
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14. März 2023 | 16:58

Antwort

von


(2753)
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
E-Mail: info@jan-wilking.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Nach Ihrer Schilderung haben Sie die Webseite unter der Bedingung erstellt, dass Sie den Folgeauftrag erteilt bekommen. Diese Bedingung ist nicht eingetreten. Sie haben daher das Recht, die Nutzungsrechte an den von Ihnen erstellten Inhalten zu widerrufen.
Ein konkreter Anspruch auf Zahlung einer bestimmten Summe besteht mangels vertraglicher Vereinbarung allerdings nicht. Es steht Ihnen aber natürlich offen, einen angemessenen Betrag zu fordern, wenn der Bekannte weiterhin Ihre erbrachten Leistungen nutzen will. Zwingen können Sie ihn zu der Zahlung aber nicht.

Zu beachten ist zudem, dass auch der Kunde eigene Rechte an der Seite (z.B. an zur Verfügung gestellten Texten und Bildern) haben kann, zudem ggf. Rechte an der Domain. Wird einem Webdesigner ein Auftrag erteilt, welcher auch beinhaltet, für den Kunden eine Domain zu registrieren, so darf er ebenfalls bei ausbleibender Zahlung die Domain des Kunden nicht einfach abschalten (LG Hamburg, 20.01.2009 - 312 O 706/08 ).

Im Gegenzug können Ihnen aber Unterlassungsansprüche zustehen, soweit das von Ihnen erstellte Material urheberrechtlich geschützt ist - denn die entsprechenden Nutzungsrechte wurden dem Bekannten laut Ihrer Schilderung nur unter der Bedingung der Erteilung des Folgeauftrags übertragen.

Kurz gesagt: Einfach die Seite komplett abschalten ist hier vermutlich tatsächlich zulässig. Wenn technisch möglich können Sie ggf. die von Ihnen erstellten Inhalte wieder von der Seite nehmen und ein Backup der ursprünglichen Inhalte aufspielen - auch dies kann aber kritisch sein, wenn Sie hierfür auf das Kundenkonto des Bekannten zugreifen müssen. Hier kommt man schnell in den Bereich der verbotenen Eigenmacht (§ 858 ff. BGB ), wenn der Bekannte bereits im Besitz der erstellten Dateien ist.

So ärgerlich das Vorgehen des Bekannten auch ist, so kann man dennoch bei einer "Selbstjustiz" schnell in eine Haftungsfalle geraten. Daher empfiehlt es sich eher, die Seite zunächst wieder aufzuspielen, aber die eingeräumten Nutzungsrechte wegen Nichteintritts der Bedingung ausdrücklich zu widerrufen und den Bekannten auf zukünftige Unterlassung der Nutzung in Anspruch zu nehmen, wenn er Ihnen keinen angemessenen Ausgleich für Ihre Leistungen zahlt.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

Rückfrage vom Fragesteller 15. März 2023 | 04:11

Lieber Herr Wilking,

Sie haben mir in einer Situation von enormem, emotionalem Stress mit Ihrer Kompetenz den Arsch gerettet. Dafür meinen ausdrücklichen Dank und alles Gute!

P.S: Ihre Webseite ist so retro — fast schon wieder cool :-)

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. März 2023 | 07:03

Vielen Dank für Ihr positives Feedback.

Bewertung des Fragestellers 15. März 2023 | 04:04

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

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"Bester Mann! Ich bin wirklich dankbar und habe die 65 EUR fuer die Auskunft gerne bezahlt."
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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 15. März 2023
5/5.0

Bester Mann! Ich bin wirklich dankbar und habe die 65 EUR fuer die Auskunft gerne bezahlt.


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