Die Bäume des Nachbarn...

| 21. Juni 2024 08:23 |
Preis: 50,00 € |

Nachbarschaftsrecht


Beantwortet von


11:30
Hallo,

unser Nachbar hat vor 8-10 Jahren an der Grenzmauer ca. 6-8 schnellwachsende Bäume gepflanzt, die Bäume sind teilweise lediglich 1,5 m von der Grenze entfernt. Nach dem hiesigen Saarländischen Nachbarrechtsgesetz ist es nach 5 Jahren nicht mehr möglich, die Entfernung eines Baumes zu verlangen, auch wenn dieser als stark wachsend eingestuft ist (und eigentlich 4 Meter Grenzabstand eingehalten werden muss). Dass die Bäume derart hoch wachsen, war mir seinerzeit nicht bekannt, so dass die 5 Jahresfrist nun seit geraumer Zeit und aus meiner Sicht ungenutzt verstrichen sind.

Die Bäume verschatten die Fassade unseres Hauses massiv und mehr oder weniger komplett, so dass wir nur noch sehr eingeschränkt bis gar kein Sonnenlicht mehr abbekommen. Seit 1-2 Jahren zeigt sich an der gesamten Fassade Moosbewuchs - wenn dies so weitergeht, wird die Fassade im Zeitablauf durch das fehlende Sonnenlicht großflächig von Moos und Algen bewuchert, was ja dazu führen kann/wird, dass die Fassade z.B. durch Feuchtigkeit beschädigt wird.

Ich weiß, dass ich die Beseitigung von Ästen, die auf mein Grundstück überhängen, vom Nachbarn verlangen kann - wie sieht es aus, wenn eine Beschädigung der Fassade durch den seit kurzer Zeit nachweislich vorhandenen Moos- bzw. Algenbewuchs droht (Moos + Algen an der Fassade waren damals beim Kauf des Hauses, als die Bäume noch nicht da waren, kein Thema)? Kann ich wenigstens das regelmäßige Zurückschneiden der (auf dem Grundstück des Nachbarn befindlichen) Bäume verlangen, damit wir nicht komplett vom Sonnenlicht abgeschnitten sind? Hat der Nachbar hier gegenüber uns nicht auch eine gewisse eine Fürsorgepflicht o.ä.?

Wir haben demnächst mit dem Nachbarn ein Gespräch bezüglich der Bäume - natürlich werde ich versuchen, den Sachverhalt freundschaftlich und einvernehmlich zu regeln, es geht mir hier und nun darum, dass ich weiß, ob bzw. was ich rechtlich unternehmen kann, wenn sich der Nachbar stur stellt.

Danke für Ihre Antwort
21. Juni 2024 | 08:51

Antwort

von


(1131)
Wiesenstraße 28
90443 Nürnberg
Tel: 015785075264
Web: https://www.kanzlei-ahmadi.de
E-Mail: info@kanzlei-ahmadi.de
Sehr geehrter Fragesteller,



Basierend auf den von Ihnen geschilderten Informationen und unter Berücksichtigung des saarländischen Nachbarrechtsgesetzes ergibt sich folgende rechtliche Einschätzung:

Da die 5-Jahresfrist nach Anpflanzung der Bäume ungenutzt verstrichen ist, haben Sie keinen Anspruch mehr auf Beseitigung der Bäume, auch wenn die vorgeschriebenen Grenzabstände von 4 Metern bei stark wachsenden Bäumen nicht eingehalten wurden. Dieser Beseitigungsanspruch ist nach 5 Jahren ausgeschlossen.
Allerdings haben Sie einen Anspruch auf Beseitigung der auf Ihr Grundstück überragenden Äste. Dies ergibt sich aus § 910 BGB. Demnach können Sie vom Nachbarn verlangen, dass er die Äste zurückschneidet, wenn diese Ihr Grundstück beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung liegt hier durch den drohenden Moos- und Algenbewuchs an Ihrer Fassade vor. Der Nachbar muss auf Ihr Verlangen die Äste also zurückschneiden. Kommt er dem nicht nach, können Sie nach Fristsetzung die Äste selbst entfernen.
Ein generelles regelmäßiges Zurückschneiden der auf dem Nachbargrundstück stehenden Bäume können Sie jedoch nicht verlangen, wenn diese die zulässige Höhe überschritten haben und die 5-Jahresfrist abgelaufen ist. Eine allgemeine nachbarliche "Fürsorgepflicht" gibt es insoweit nicht.
Zusammenfassend rate ich Ihnen, in dem Gespräch mit dem Nachbarn zunächst eine einvernehmliche Lösung anzustreben, z. B. dass er die Bäume freiwillig in regelmäßigen Abständen zurückschneidet. Rechtlich durchsetzen können Sie aber nur die Beseitigung der überhängenden Äste, nicht jedoch ein generelles Zurückschneiden oder gar eine Beseitigung der Bäume.




Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Milad Ahmadi
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 23. Juni 2024 | 11:11

Vielen Dank, das hat mir weitergeholfen - gestatten Sie mir bitte noch eine Nachfrage: muss der Nachbar für Schäden an der Hausfassade aufkommen, die durch das Vermoosen der Fassade entstehen? Die Vermoosung resultiert nachweislich durch den erheblich eingeschränkten Lichteinfall. Früher, als die Bäume kleiner waren und die Fassade noch vom Sonnenlicht beschienen wurde, war von Moos oder Algen an der Fassade nichts zu sehen. Danke für Ihre Antwort!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Juni 2024 | 11:30

Ob der Nachbar für Schäden an Ihrer Hausfassade durch Vermoosung aufkommen muss, lässt sich nicht pauschal beantworten und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Grundsätzlich ist jeder Grundstückseigentümer selbst dafür verantwortlich, sein Eigentum instand zu halten und vor Schäden zu bewahren. Eine Haftung des Nachbarn für Schäden an Ihrer Fassade durch Moosbewuchs kommt daher nur in Betracht, wenn er eine ihm obliegende Pflicht verletzt hat und dies ursächlich für den Schaden war.
Zwar kann der Nachbar, wie bereits ausgeführt, nicht dazu verpflichtet werden, seine Bäume generell zurückzuschneiden, wenn die 5-Jahresfrist abgelaufen ist. Allerdings muss er auf Ihr Verlangen die überhängenden Äste entfernen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach und führt dies nachweislich zu einer Beschädigung Ihrer Fassade, könnte eine Haftung des Nachbarn in Betracht kommen.
Ob die unterlassene Beseitigung der Äste tatsächlich ursächlich für die Schäden ist, müsste aber im Einzelfall durch einen Sachverständigen geklärt werden.
Ich rate Ihnen daher, zunächst den Nachbarn schriftlich aufzufordern, seiner Pflicht zur Beseitigung der überhängenden Äste nachzukommen. Dokumentieren Sie auch den Zustand der Fassade, um den Ursachenzusammenhang ggf. später nachweisen zu können. Sollte es tatsächlich zu Schäden kommen, müsste durch einen Gutachter geklärt werden, ob und inwieweit der Nachbar dafür haftet.

Bewertung des Fragestellers 23. Juni 2024 | 19:31

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"Vielen Dank, Sie haben mir mit einer ausführlichen Antwort auch auf eine Nachfrage weitergeholfen."
Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Dr. Milad Ahmadi »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 23. Juni 2024
5/5.0

Vielen Dank, Sie haben mir mit einer ausführlichen Antwort auch auf eine Nachfrage weitergeholfen.


ANTWORT VON

(1131)

Wiesenstraße 28
90443 Nürnberg
Tel: 015785075264
Web: https://www.kanzlei-ahmadi.de
E-Mail: info@kanzlei-ahmadi.de
RECHTSGEBIETE
Vertragsrecht, Strafrecht, Medizinrecht, Kaufrecht, Miet- und Pachtrecht, Arbeitsrecht, Grundstücksrecht