Begleiteter Umgangskontakt per Beschluß und fehlende Mitwirkung

3. März 2025 20:33 |
Preis: 51,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von


09:25
Folgender Sacherhalt:

8-jähriger Junge, wohnt bei der Mutter, Eltern waren nicht verheiratet, Mutter hat alleiniges Sorgerecht. Mutter trennte sich vor 2 Jahren vom Kindesvater und zog vor 1 1/2 Jahren zu ihrem neuen Partner. In der Partnerschaft wurde die Mutter geschlagen und sexuell belästigt. Nach dem Auszug wurden zunächst Umgänge untereinander vereinbart. Der Vater nutzte diese Umgänge jedoch dazu die Mutter sexuell zu belästigen und sie davon zu überzeugen die Trennung rückgängig zu machen. Daraufhin wurde der Umgang verweigert. Letzter Kontakt zwischen Vater und Sohn liegt 1 Jahr zurück.

Vor Gericht gab es einen Beschluß, dass über das Jugendamt ein begleiteter Kontakt angebahnt werden sollte. Der Junge sagte gegenüber dem Richter, dem Verfahrensbeistand und auch später bei der vom Jugendamt bestellten Umgangsbegleiterin, dass er seinen Vater nicht sehen wolle (auch nicht kurz) und das er vom Vater ebenfalls geschlagen wurde. Da der Junge schwere chronische Erkrankungen hat (Behindertenausweis), befinden sich in der Schule geschulte Lehrpersonen und auch ansonsten ist er nie alleine ohne die Mutter oder geschulte Personen.

Das Jugendamt hat nun mitgeteilt, dass bei den Umgangsterminen die Verantwortung nicht übernommen werden kann und die Mutter die volle Verantwortung trägt. Die Mutter kann bei den Terminen nicht anwesend sein (hat einen zu stillenden Säugling und möchte aufgrund erheblicher häuslicher (auch sexueller) Gewalt nicht persönlich dem Kindesvater begegnen).
Es wurde versucht dem Jugendamt klar zu machen, dass anhand der ärztlichen Indikation eine geschulte Person anwesend sein muss. Dies sei jedoch laut deren Antwort nicht deren Problem und es wurde gedroht ansonsten den Vorgang wegen fehlender Mitwirkung an das Gericht zurückzugeben, wenn nicht am Folgetag zurückgerufen wird und es zu keinem Terminvorschlag innerhalb der nächsten 3 Wochen kommt.

Dazu folgende Fragen:
1. Das Jugendamt droht mit der Rückgabe an das Gericht wegen fehlender Mitwirkung. Bislang wurden alle Termine zur Kontaktanbahnung eingehalten und auch der nun anstehende Termin wurde nicht abgelehnt, sondern aufgrund der medizinischen Umstände eine Lösung hinsichtlich der Verantwortung in diesem Termin erbeten. Ist es rechtens, dass dies einfach als fehlende Mitwirkung eingestuft wird?

2. Was passiert, wenn der Vorgang an das Gericht zurückgegeben wird? Entscheidet das Gericht dann anhand dieses Berichtes vom Jugendamt, kommt es automatisch zu einer neuen Verhandlung oder muss der Kindesvater daraufhin einen neuen Antrag bei Gericht stellen, dass er dies weiterverfolgen will?

3. Das Jugendamt beharrt immer wieder auf einen Telefontermin. Da die dort getätigten Aussagen jedoch dann nicht mehr nachgewiesen werden können und solche Anrufe falsch ausgelegt wurden, wird zeitnah von der Mutter per E-Mail geantwortet. Kann das Jugendamt trotzdem verlangen, dass man telefonisch Kontakt aufnimmt?
3. März 2025 | 21:25

Antwort

von


(2984)
Damm 2
26135 Oldenburg
Tel: 0441 26 7 26
Web: https://WWW.RA-BOHLE.DE
E-Mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
Sehr geehrter Ratsuchender,

angesichts der Vorgeschichte in der Partnerschaft, wird man hier nicht von einer fehlenden Mitwirkung der Mutter sprechen.

Zwar muss der Beschluss bekannt sein, wenn dort aber von einem begleitenden Kontakt die Rede ist, ist die Auffassung des Jugendamts nicht nachvollziehbar, die Mutter müsse die Verantwortung tragen.

Ein begleitender Kontakt wird gerade dann angeordent, wenn zwischen den Eltern erhebliche Differenzen bestehen und ein Umgang auch längere Zeit nicht stattgefunden hat.

Würde man einem Elternteil angesichts bestehender Differenzen die Verantwortung auferlegen, ist der Kontakt mit dem Kind zum Scheitern verurteilt.

So auch in diesem Fall, der Mutter ist der Kontakt nicht zuzumuten. Für das Kind wäre auch ein solcher mehr als angespannter Kontakt nicht zu vertreten. Das Kindeswohl ist dann sogar gefährdet.

Eine fehlende Mitwirkung der Mutter ist daher nicht ersichtlich.

Wenn der Vorgang zum Gericht zurückgegeben wird, muss der Vater keinen neuen Antrag stellen. Das Verfahren wird dann fortgesetzt.

Die Mutter wird aber auch die Möglichkeit gegeben zu dem Bericht, den das Jugendamt verfassen hat, Stellung zu nehmen.

Ein Telefonat ist angesichts der Differenzen mit dem Jugendamt tatsächlich nicht ratsam und kann auch nicht gefordert werden.

Die Mutter sollte daher, wie auch beabsichtigt, dem Jugendamt schriftlich zu antworten.

Die Mutter sollte auch zukünftig auf eine schriftliche Kommunikation bestehen.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin

Sylvia True-Bohle


Rückfrage vom Fragesteller 4. März 2025 | 08:59

Sehr geehrte Frau True-Bohle,

vielen Dank für die Antwort.

Hierzu noch folgende Nachfragen:

Da es nicht nachvollziehbar ist, dass die Mutter die Verantwortung tragen müsse, dürfte aufgrund des angeordneten begleiteten Umgangs die Verantwortung in den Terminen doch vermutlich beim Jugendamt liegen? Gibt es für diese angeordneten, begleiteten Umgänge rechtliche Grundlagen (Paragraphen), die sich hiermit beschäftigen?
Müsste das Jugendamt aufgrund der Verantwortung hier nicht dafür sorgen, dass eine geschulte Begleitperson anwesend sein muss?

Besteht die Möglichkeit bei Gericht einen Antrag zur Aussetzung des begleitenden Kontaktes zu stellen, bis hier eine Klärung der Verantwortlichkeit auch hinsichtlich der chronischen Erkrankung und der notwendigen Begleitperson erreicht wurde?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 4. März 2025 | 09:25

Sehr geehrter Ratsuchender,

für den begleitenden Umgang ist auf § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB zu verweisen.

[quote](4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre.[b] Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.[/b][/quote]
Die Hervorhebung ist von mir vorgenommen woren.

Daraus wird bereits deutlich, dass ein Umgang mit einen Dritten stattfinden muss.

Es muss sich demnach ein Dritter bereit erklären den Umgang zu begleiten.

Eine Person zu benennen liegt im Grunde im Pflichtbereich des Jugendamts. Dieses kann aber auch auf einen Verein verweisen. Jedenfalls ist nicht die Mutter in der Verantwortung.

Der Umgang soll in Begleitung eines Dritten stattfinden. Deswegen ist eine Aussetzung auch nicht notwendig, da offenbar das Jugendamt nicht dafür Sorge trägt, diesen Dritten zu finden und zu benennen.

Aber um dem Jugendamt zuvor zu kommen, kann die Mutter die Initiative ergreifen und dem Gericht mitteilen, dass das Jugendamt einen Dritten nicht benennt.

Dann wird das Gericht tätig.

Um aber die Ausseinandersetzung mit dem Jugendamt dadurch nicht noch mehr eskalieren zu lassen, kann sich die Mutter auch selbst um einen Verein bemühen über den die Begleitung erfolgen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin

Sylvia True-Bohle

ANTWORT VON

(2984)

Damm 2
26135 Oldenburg
Tel: 0441 26 7 26
Web: https://WWW.RA-BOHLE.DE
E-Mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
RECHTSGEBIETE
Familienrecht, Kaufrecht, Strafrecht, Vertragsrecht, Sozialrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
FRAGESTELLER
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...