Außenklimagerät

4. April 2011 22:41 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Ein Miteigentümer plant die Montage eines Außenklimagerätes auf dem Dach seiner Wohnung im obersten Geschoss. Unmittelbar darunter befindet sich mein Schlafzimmer. Entfernung: etwa 10 Meter. Das Klimagerät strahlt in ein außerordentlich ruhiges Wohnkarree. Die Anbringung ist eine bauliche Veränderung, die eigentlich eines Allstimmigen-Beschlusses bedarf. Der Beschluss wird aber auch bestandskräftig, wenn er mehrheitlich zustande kommt und nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Eigentümer beim Amtsgericht angefochten wird.

Meine Fragen:

- Falls ich als betroffener Eigentümer überstimmt werde und daher gezwungen bin, den Beschluss anzufechten, wie gut sind meine Chancen, die Anbringung des Gerätes zu verhindern – 50, 80 oder 100 Prozent?

- Hat die Gegenpartei eine Möglichkeit, die Anbringung durchzusetzen, zum Beispiel durch einen Nachweis der Zumutbarkeit aufgrund geringer Immissionswerte?
5. April 2011 | 00:48

Antwort

von


(65)
Holstenbrücke 4-6
24103 Kiel
Tel: 04311284453
Web: https://www.ra-krause-kiel.de
E-Mail: info@ra-krause-kiel.de
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt summarisch beantworten möchte:

Im Falle baulicher Veränderungen, die über eine reine Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, müssen gemäß § 22 Absatz 1 Satz 2 WEG alle Eigentümer zustimmen, deren Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Andererseits haben Eigentümer, die durch die geplante Maßnahme nicht unzumutbar beeinträchtigt werden, demnach kein sogenanntes Vetorecht.

Als Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen, also eine solche, die den Grad der Bagatelle überschreitet (Senat NJW-RR 1994, 277; Merle in Bärmann WEG 10. Auflage 2008 § 22 Rdz. 170). Wann ein solcher Nachteil jedoch anzunehmen ist, hängt immer vom Einzelfall ab. Das OLG Düsseldorf hat in einer ähnlichen Frage betreffend einer angebrachten Außen-Klimaanlage mit Beschluss vom 16.11.2009 (Az: I-3 Wx 179/09) unter Bezugnahme auf ein vorgelegtes Gutachten entschieden, dass die von dem Gerät verursachten Geräuschimmissionen während der Nachtzeit (22:00 Uhr – 6:00) als Nachteil in diesem Sinne anzusehen sind. Ob dies jedoch auch in Ihrem Fall gilt, kann ohne ein entsprechendes Gutachten nicht beurteilt werden. Zwar hat das OLG offen gelassen, ob ein solches Gerät darüber hinaus auch als optischer Nachteil anzusehen ist, aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz spräche jedoch vieles dafür.

Steht ein Nachteil i.S.d § 14 Nr. 1 WEG fest, so ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob dieser das bei einem geordneten Zusammenleben der Wohnungseigentümer unvermeidliche Maß überschreitet. Maßstab zur Beurteilung, ob eine Umgestaltung beeinträchtigend wirkt, ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Situation bei objektivierter Betrachtung verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGH NJW 1992, 978, 979; Merle a.a.O. Rdz. 174). Das subjektive Empfinden eines Eigentümers allein spielt bei der Beurteilung keine Rolle (BayObLG WE 1987, 156, 157; Merle a.a.O.). Wann sich aber aus objektiver Sicht ein Wohnungseigentümer verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann, hängt ebenfalls immer vom Einzelfall ab. Im Falle der angesprochenen Entscheidung hat das OLG Düsseldorf aufgeführt, dass das Betreiben eines Klimageräts unter den hiesigen klimatischen Verhältnissen allenfalls bei besonderen Witterungslagen nützlich, indes keinesfalls zwingend erforderlich und schon von daher sein Betrieb eher vermeidbar erscheint, während die Nachtruhe zur Erholung und Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit und des seelischen Gleichgewichts eines jeden Menschen als nahezu unerlässlich anzusehen ist. Mit entscheidend wir daher auch in Ihrem Fall sein, ob ein Gutachten z.B. die Nachtruhe beeinträchtigende Geräuschimmissionen bescheinigt. Das gleiche gilt für den Fall einer optischen Beeinträchtigung. In der Regel wird das Vorliegen einer optischen Beeinträchtigung durch einen Ortstermin ermittelt.

Aus den genannten Gründen kann eine Prognose in Prozent ausgedrückt nicht abgegeben werden, ohne dass Einzelheiten in Bezug auf Geräuschimmissionen und optische Beschaffenheit bekannt sind. Wie sich aber aus dem oben genannten Beschluss ergibt, ist eine Anfechtung nicht aussichtslos. Soweit ein Gutachten lediglich zumutbare Geräuschimmissionen bescheinigt, bleibt noch eine Anfechtung wegen optischer Beeinträchtigung, welche dann vom Gericht in der Regel vor Ort geprüft wird. Die Klage müsste im Übrigen innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung beim Amtsgericht eingereicht werden.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen eine erste Orientierung bieten und stehe Ihnen für eine persönliche Rechtsberatung gerne zur Verfügung. Sollten noch Unklarheiten im Hinblick auf Ihre Frage bestehen, bitte ich Sie, von Ihrem Nachfragerecht Gebrauch zu machen.

Bitte nutzen Sie die Option »Direktanfrage«, wenn Sie Dokumente zur Prüfung vorlegen möchten.

Ich möchte abschießend darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine vollständige und persönliche Rechtsberatung kann hierdurch nicht ersetzen werden.
Auch führt das Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen unter Umständen zu einer völlig anderen rechtliche Beurteilung.

Thomas Krause, LL.M
Rechtsanwalt

www.ra-krause-kiel.de


Rückfrage vom Fragesteller 5. April 2011 | 01:47

Danke für Ihre ausführliche Antwort. Ich verstehe Sie also richtig: Falls sich die Mehrheit der Eigentümer über ein berechtigtes Einzelinteresse hinwegsetzt, muss der betroffene Eigentümer vor Gericht durch Gutachten und Begehungen vor Ort beweisen, dass er sich beeinträchtigt fühlt? Aber wie soll das funktionieren, wenn die Anlage noch gar nicht installiert ist? Im Fall des OLG Düsseldorf ging es um ein bereits montiertes und voll einsatzfähiges Gerät. In meinem Fall geht es darum, die Anbringung einer Außenklimaanlage schon im Vorfeld zu verhindern, so dass auch Kosten für den Ein- und Ausbau, die den Konflikt nur verschärfen, erst gar entstehen.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. April 2011 | 13:45

Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

sofern eine Beeinträchtigung im oben beschriebenen Sinne vorliegt, ist die Zustimmung des beeinträchtigten Eigentümers erforderlich.
Ob eine solche Beeinträchtigung anzunehmen ist, wird im Rahmen der Klage ermittelt.
Auch eine nur geplante bauliche Veränderung kann angegriffen werden - insbesondere ist es durchaus möglich, schon vor Montage Aussagen über die zu erwartenden Geräuschimmissionen zu treffen. Ggf. kann auch der Anbringende verpflichtet werden, die zu erwartenden Geräuschwerte darzulegen. Auch wird schon vor Montage möglich sein - eine zu erwartende optische Beeinträchtigung zu ermitteln.
Steht fest, dass ein Nachteil im Sinne des § 14 Satz 1 WEG zu erwarten ist - wird das Gericht dann im Wege einer Interessenabwägung ermitteln,
ob das Interesse des beeinträchtigten Eigentümers auf Unterlassung der baulichen Veränderung überwiegt.

Mit freundlichen Grüßen,

Thomas Krause, LL.M.
Rechtsanwalt

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