Anwaltiche Hinweispflicht Im Rahmen nach mutmaßlichem Behandlungsfehler

20. November 2016 15:40 |
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Anwaltsrecht, Gebührenrecht, Verfahrensrecht


Beantwortet von


19:59
Sehr geehrte Damen und Herren,

der Fachbereich Medizinrecht ist ein großes Rechtsgebiet, welches verschiedenste juristische Disziplinen berührt, sowohl das Zivil- und Strafrecht als auch Verwaltungs- und Sozialrecht.

Im Rahmen eines mutmaßlichen Behandlungsfehlers habe ich mich an einen Fachanwalt für Medizinrecht gewandt, da ich davon ausging, dass dieses Spezialgebiet nur durch diesen entsprechend fachlich korrekt bearbeitet werden kann.

Im Rahmen des Mandats tauchten verschiedene Fragestellungen unter anderem Behandlungskosten, Verdienstausfall etc. auf, welche derart diskutiert wurden wie eine effektive Erstattung erfolgen konnte.
Unter anderem erfolgte der Rat dahingehend, dass eben nicht nur die gegnerische Haftpflichtversicherung eintrittspflichtig sein könnte, sondern
dass es zunächst wesentlich günstiger sei diverse Positionen zunächst bei der Sozialversicherung (Krankenversicherung) geltend zu machen, da diese selbst Regress nehmen kann.

Wie weit reicht hier die anwaltiche Hinweis- Beratungs- und Aufklärungspflicht? Ein Hinweis, dass bei bestehender Arbeitsunfähigkeit eben auch Anspruch auf Arbeitslosengeld (Nahtlosigkeitsregelung) bestünde erhielt ich nicht, so dass diese Leistungen nunmehr "verfallen" sind.

Was sagt die aktuelle Rechtsprechung?

Gruß





20. November 2016 | 16:10

Antwort

von


(2495)
Karolinenstr. 8
33609 Bielefeld
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Web: https://www.reinhard-otto.de
E-Mail: reinhard-otto-bielefeld@t-online.de
Guten Tag,

ich beantworte Ihre Anfrage dahingehend, dass auf den ersten Blick hin der unterlassene Hinweis auf denkbare ALG-Ansprüche eine Verletzung der einem Anwalt obliegenden Beratungspflichten darstellen könnten.

Nach wie vor gilt die Entscheidung des BGH vom 20.10.1994, Az.: IX ZR 116/93, in der es heisst:

"Der Rechtsanwalt ist seinem Auftraggeber zu einer umfassenden und erschöpfenden Belehrung verpflichtet. ... Dem Mandanten hat der Anwalt diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Er muß den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind."

Wenn Sie den Anwalt mit der umfassenden Bearbeitung des Falles beauftragt haben, gehört die Prüfung solcher denkbaren Ansprüche zu seinen Pflichten.


Mit freundlichen Grüßen


Rückfrage vom Fragesteller 20. November 2016 | 19:47

Sehr geehrter Herr Otto,

vielen Dank für Ihre Ersteinschätzung. Grundsätzlich ist mir klar, dass
ein Anwalt zu einer umfassenden und erschöpfenden Belehrung verpflichtet.... Dem Mandanten hat der Anwalt diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Er muß den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind."

Nun stellt sich aber die Frage, ob der Anwalt lediglich dazu verpflichtet ist Schritte im Wege Schadenersatzansprüche gegen die behnadelnde Klinik aufzuzeigen oder ob er nicht selbst auch den Rat dahingehend zu erteilen hat zunächst einmal Leistungen aus der Sozialversicherung zu beziehen?

Liegt also der Fokus primär auf Schadenersatzanspruch oder auch darüber hinaus? Also auch eine Prüfung ob zusätzlich noch an anderer Stelle etwas "zu holen" ist?

"Wenn Sie den Anwalt mit der umfassenden Bearbeitung des Falles beauftragt haben, gehört die Prüfung solcher denkbaren Ansprüche zu seinen Pflichten. "

Wie sind denn die Aufgaben des Anwalts definiert? Eine allumfassende Bearbeitung eines Fachanwaltes für Medizinrecht setze ich bei einem Behandlungsfehler mit mehrjähriger Arbeitsunfähigkeit voraus.
Vor allem deshalb, da der Anwalt ohne "expliziten Auftrag" von sich aus darauf hingewiesen hat, dass a) die PKV zunächst alle Behandlungskosten zu erstatten hat ( was über 1 Jahr nicht der Fall war) und b) die PKV auch Krankentagegeld zu leisten hat.
Das mir aber auch Leistungen eines weiteren Sozialversicherungsträgers (ALG I) zustünden könnten wurde aber überhaupt nicht ansatzweise ins Feld geführt.

Auf Nachfrage warum man mir dies nicht mitgeteilt habe erhielt ich nur die Info, dass man das nicht wissen und mir sagen müsse.

Gruß

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 20. November 2016 | 19:59

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Nachfragefunktion nicht dazu benutzt werden darf, weitergehende Fragen oder alternative Sachverhalte zu klären. Und eine allgemeine Darstellung der Definition anwaltlicher Tätigkeit ist da schon gar nicht drin.

Bei geltend zu machenden Schadensersatzansprüchen ist die Schadensminderungspflicht zu berücksichtigen, in deren Zusammenhang natürlich auch geklärt werden muss, ob und von welchen Stellen ggf. Leistungen bezogen werden können, die Ihren Schaden mindern. Von daher ist die Auffassung des Kollegen, man habe Ihnen das nicht mitteilen müssen, in dieser allgemeinen Form nicht richtig.

Ebenfalls Gruß

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