Abweichung von AGB und AB, Vertragsrücktritt

28. Februar 2011 14:04 |
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Vertragsrecht


Ich habe am 01.12.10 über ein bekanntes Vergleichsportal einen neuen Gasversorger beauftragt. Vertragslaufzeit min. 12 Mon., ein Neukundenbonus und frei-kWh werden laut AGBs "nach 12 Monaten Belieferungszeit mit der ERSTEN Jahresrechnung verrechnet". Lieferbeginn 01.02.11. Obwohl mein Vorlieferant dem neuen Lieferanten den Wechsel bereits am 06.12.10 bestätigt hat, erhalte ich erst am 01.02.11, also zum Lieferbeginn, die Aufragsbestätigung des neuen Lieferanten per E-Mail. Dort heißt es nun kleingedruckt: "Der Bonus wird nach zwölf Monaten Belieferungszeit mit der NÄCHSTEN Jahresrechnung verrechnet... und ...erhalten Sie die angegebenen Frei kWh. Dieser Betrag wird nach 12 Monaten Belieferungszeit auf Ihr Vertragskonto gutgeschrieben und auf Ihrer Jahresrechnung verrechnet".

Da ich mir die Freiheit vorbehalte, den Vertrag nach 12 Monaten zu kündigen, müssen die Boni mit der ERSTEN Jahresrechnung verrechnet werden.

1. Ich verstehe unter der Formulierung "mit der nächsten Jahresrechnung", dass die Verrechnung nach 24 Monaten erfolgt, also nicht mit der ersten sondern eben mit der nächsten Jahresrechnung. Da ich als Neukunde noch nie eine Jahresrechnung erhalten habe, kann die „nächste" aber auch die "erste" nach 12 Monaten sein?! In Bewertungsforen monieren andere Kunden ebenfalls die Formulierung „mit der NÄCHSTEN Jahresrechnung....". Wie verstehen Sie das? Wie letztlich nach 12 Monaten Verfahren wird ist unbekannt, da die Firma erst Ende 2010 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen hat und deshalb noch keine Jahresrechnungen existieren können.

2. Was zählt nun, die Regelung in den AGB's (Verrechnung mit erster Jahresrechnung), die ich am 01.12.2010 erhalten habe, oder die in der Auftragsbestätigung vom 01.02.2011 genannte (Verrechnung mit der nächsten -zweiten?- Jahresrechnung)?

3. Da es mit Anbietern dieser Art meiner Erfahrung nach irgendwann Probleme gibt, möchte ich den Lieferanten sofort wieder loswerden und habe den Vertrag umgehend am 3.2.11 per Einschreiben wegen der mit der AB genannten neuen Vertragsbedingungen widerrufen und ersatzweise fristlos zum 31.01.11 gekündigt und um Rückabwicklung gebeten. Ich stütze mich dabei primär auf den Widerruf, da die 14 tägige Widerrufsfrist nach meiner Auslegung mit Zusendung der AB mit den geänderten Bedingungen erneut beginnt. Fristsetzung 18.02.11 für eine Bestätigung. Mein Vorlieferant hat mir für die Rückabwicklung bereits grünes Licht gegeben. Da die Frist 18.02.11 verstrichen ist und der Lieferant nicht geantwortet hat, was für sich schon nicht akzeptabel ist, stelle ich mir z.B. folgende Szenarien vor:

4. Abgebuchte Beträge binnen der 6 Wochen Frist für Lastschriften zurückbuchen lassen und den Lieferanten dann kommen lassen und ggf. auch juristische Auseinandersetzung mit der Zielsetzung der Rückabwicklung des Vertrages.

5. Zunächst nichts weiter unternehmen. Vertrag ordentlich zum Ende der Laufzeit (12 Monate) kündigen. Danach unter Berufung auf die AGB’s die Boni einfordern, ggf. auch juristisch.

6. Der Lieferant lenkt ein und bestätigt mir noch einmal ausdrücklich die Regelung in den AGB’s. Ich möchte den Vertrag auch in diesem Fall nach Möglichkeit nicht fortführen! Mein Vertrauen wurde missbraucht und ist dahin. Für mich ist hier bereits der Versuch „strafbar".

Welche Vorgehensweise empfehlen Sie?

Mein Schreiben an den Lieferanten enthält den abschließenden Satz:

„Ich bitte um entsprechende schriftliche Bestätigung bis zum 18.02.2011. Nach Ablauf dieser Frist setze ich Ihre bedingungslose Zustimmung voraus."

Er hat nicht geantwortet, also zugestimmt? Hat so etwas vor Gericht bestand?

Viele Grüsse
Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt.

Die nächste Jahresrechnung ist diejenige, die zeitlich früher als die folgenden Rechnungen gestellt wird. Somit ist die nächste Rechnung für Sie zugleich die erste Jahresrechnung. Ihre Auslegung, wonach die nächste Rechnung diejenige sei, die auf die erste Rechnung folge, lässt sich nicht stützen. Insoweit bedürfte es bei der Angabe "nächste" Rechnung einer weiteren Konkretisierung um so eine Annahme zu vertreten. So müsste die Bestätigung beispielsweise davon sprechen, dass die nächste Rechnung, die auf die erste folgt, zur Verrechnung herangezogen wird. Da eine solche Einschränkung nicht vorliegt, handelt es sich bei der nächsten Rechnung um die Rechnung, die Ihnen zeitlich zuerst zugeht.

Insofern liegt hier keine Abweichung zu den bei Vertragsschluss vereinbarten AGB vor.

Ein Widerrufsrecht ist zeitlich nicht mehr gegeben. Selbst wenn in der AB etwas anderes gestanden hätte, als in dem Vertrag vereinbart, würde keine neue Frist zu laufen beginnen. Denn maßgeblich ist der Vertragsschluss. Die AB hat rechtlich auch keine Relevanz, sondern ist eine bloße Information für Sie. Daher hat eine darin wiedergegebene, vom Vertrag abweichende Bestimmung keine Rechtswirkungen. In einem solchen Fall könnte zudem ein bloßer Irrtum in der Mitteilung (AB) vorliegen.

Es hätte sich also empfohlen, zunächst um Stellungnahme und Erläuterung zu bitten.

Auch ein Kündigungsrecht dürfte mangels Grund nicht gegeben sein, so dass nach wie vor vom Fortbestand des Vertrages auszugehen ist. Nur weil es immer wieder zu Problemen mit Anbietern kommt, ist dadurch noch kein Kündigungsgrund gegeben.

Das Schweigen auf Ihr Schreiben ändert nichts an der Rechtslage. Sowohl Widerruf als auch Kündigung bedürfen zu Ihrer Wirksamkeit nicht der Bestätigung des Vertragspartners. Da beide Rechte nicht in Betracht kommen ist der Vertrag nach wie vor existent.

Es ist nach alledem auch nicht zu empfehlen, Lastschriften zurückzugeben.

Sie sollten dem Anbieter mitteilen, dass Ihre Schreiben gegenstandslos sind und daher der Vetrag ungestört durchgeführt werden kann. Wünschen Sie dies nicht, so müssen Sie sich mit dem Anbieter über eine vorzeitige Vertragsaufhebung einigen.
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