Abwehr von Zwangsvollstreckung

| 7. Januar 2006 11:00 |
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Familienrecht


Sehr geehrter Rechtsanwalt,

ich bitte um folgende Auskunft:

Ich hatte bereits seit 1992 zahlreiche Zwangsvolstreckungen und sogar 1 Jahr Haft wegen Unterhaltszahlungen hinter mir. Die Vorletzte pfändet mein Gehalt. Ich arbeite jedoch seit Monaten nur 4 Std., da es für mich (56 Jahre alt) faßt keine Arbeit mehr gibt.

Die letzte Pfändung kam über einem Gerichtsvollzieher im Hause. Er wollte von den Haussachen pfänden.

Seit 8 Jahre bin ich wieder verheiratet. Wir haben Gütertrennung mit Zugewinausgleich vereinbart. Obwohl die Sachen im Hause alle der Ehefrau gehören, belerte mich der Gerichtsvollzieher, dass er mich zur Abgabe einer eidestaatliche Erklärung vorladen würde, oder er würde erneut mit einem Vollstrecker zurückkommen und aus dem Hause pfänden.

Er sage, er würde aus dem Hause, egal wem die Sachen gehören, pfänden. Danach soll ich mich mit der Ehefrau gerichtlich aussereinander setzen und über die gepfändeten Sachen streiten.

Unter diesen Umständen will meine jetzige Ehefrau sich von mir trennen. Wir haben ein Kind von ca. 7, 5 Jahre. Ich würde ungern meine jetzige Familie aufgeben und bezahlen kann ich ebenfalls nicht.

Gibt es eine Chance die Sachen aus dem Hause nicht zu Pfänden. Ich habe mit der Ehefrau seinerzeit ein Mietvertrag beim Bezug des Hauses abgeschlossen. Die Mieträume sind nicht in einzeln abschließbar und im ganzem Hause verteilt, da im Hause eine klare Trennung der Räume nicht möglich ist.

Vielen Dank für Ihre Antwort.

MfG
Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Diese beantworte ich auf Grundlage Ihrer Sachverhaltsschilderung gerne wie folgt:

1.
Die Position des Gerichtsvollziehers ist im wesentlichen zutreffend, siehe zunächst § 1362 BGB:


(1) 1Zugunsten der Gläubiger des Mannes und der Gläubiger der Frau wird
vermutet, dass die im Besitz eines Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen
beweglichen Sachen dem Schuldner gehören. 2 Diese Vermutung gilt nicht, wenn die
Ehegatten getrennt leben und sich die Sachen im Besitz des Ehegatten befinden,
der nicht Schuldner ist. 3 Inhaberpapiere und Orderpapiere, die mit
Blankoindossament versehen sind, stehen den beweglichen Sachen gleich.

(2) Für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmten
Sachen wird im Verhältnis der Ehegatten zueinander und zu den Gläubigern
vermutet, dass sie dem Ehegatten gehören, für dessen Gebrauch sie bestimmt sind.



2.
Auf die Gütertrennung kommt es hierbei nicht an (LG Aachen, NJW-RR, 97, 713).

Allerdings wird der Gerichtsvollzieher diejenigen Sachen, welche erkennbar zum persönlichen Gebrauch Ihrer Frau bestimmt, außer Acht lassen müssen. Der Gesetzgeber denkt hier an zB an Arbeitsgeräte, Kleidungsstücke und Schmucksachen. Hier ist nur eine Entscheidung im Einzelfall möglich (OLG Nürnberg, FamRZ 00, 1220). So pauschal, wie Sie den Gerichtsvollzieher zitieren, dürfte er unrecht haben.

3.

Der obig genannte § 1362 hilft –wenn überhaupt- nur ggü. der Gefahr, die Zwangsvollstreckung in schuldnerfremde Gegenstände zu betreiben. Diese selbst orientiert sich am Gewahrsam, weswegen in § 739 Abs.1 ZPO eine entsprechende Vorschrift mit einer entsprechenden Gewahrsamsvermutung geschaffen wurde:


§ 739 Gewahrsamsvermutung bei Zwangsvollstreckung gegen Ehegatten und Lebenspartner

(1) Wird zugunsten der Gläubiger eines Ehemannes oder der Gläubiger einer Ehefrau gemäß § 1362 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vermutet, daß der Schuldner Eigentümer beweglicher Sachen ist, so gilt, unbeschadet der Rechte Dritter, für die Durchführung der Zwangsvollstreckung nur der Schuldner als Gewahrsamsinhaber und Besitzer.



Verfahrensrechtlich bedeutet dies, dass in der Tat ein Zwangsvollstreckungstitel gegen EINEN der Ehegatten genügt. Ist dieser wie in Ihrem Fall die Ehefrau, nicht der Schuldner UND gehört ihm/ihr die Sache nicht, ist die Pfändung unzulässig.

Der Gerichtsvollzieher prüft aber i.d.R. nur, ob die Parteien nicht getrennt leben oder die zu pfändenden Sachen sich im Gewahrsam oder Besitz nur eines der Beteiligten befinden. Insbesondere darf er die Vollstreckung nicht schon wegen der Vorlage eines Gütertrennungsvertrages abbrechen (LG Verden, DRVZ 81, 79).

Die Ehefrau ist also nicht ganz schutzlos. Allerdings muss sie selbst über eine Drittwiderspruchsklage oder u.U. Erinnerung (das ist im einzelnen streitig) initiativ werden – was ja im Ihrem Fall nicht gerade die „passenden Lösung“ ist.

Im Ergebnis haben Sie deswegen bei dem von Ihnen beschriebenen Sachverhalt eher „schlechte Karten“, falls die Ehefrau nicht einlenkt.

Ich hoffe trotzdem, Ihnen mit dieser Antwort zunächst einmal weitergeholfen zu haben. Für eine Rückfrage stehe ich Ihnen im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion von „Frag einen Anwalt“ gerne zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüssen!

Dr. Thomas Schimpf
- Rechtsanwalt -

ra.schimpf@gmx.de
www.anwalt.de/rechtsanwalt_schimpf

Rückfrage vom Fragesteller 8. Januar 2006 | 10:33

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Schimpf,

Hier meine Nachfrage,

hilft mir in der Abwehr der Zwangsvollstreckung, wenn ich mich ab dem 01.01.2006 im Haus meiner Ehefrau getrennt lebend melde?

Seit dem Bezug des Hauses haben wir ein Mietvertrag abgeschlossen, so dass meine Ehefrau mich nicht vor die Tür setzen kann.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 8. Januar 2006 | 11:28

Sehr geehrter Herr B.,

danke für Ihre Nachfrage.

Ob es auf die Meldeverhältnisse ankommt, ist –wie so häufig- streitig (dafür: AG Berlin-Wedding, DGVZ 98, 129; dagegen: AG Karlsruhe-Durlach, DGVZ 99, 78). Aber einen Versuch ist es bei der von Ihnen beschriebenen mißlichen Lage allemal wert. Je besser Sie i.Ü. das tatsächliche Getrenntleben auch dokumentieren können, desto grösser sind natürlich die Chancen, den Gerichtsvollzieher "in die richtige Richtung zu leiten".

Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüssen

Dr. Thomas Schimpf
- Rechtsanwalt -


ra.schimpf@gmx.de


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