Sehr geehrter Ratsuchender,
ich sehe hier zwei Ansatzpunkte, aufgrund derer eine Abweisung des Antrags auf Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung, und damit eine Kostentragung durch die Stadtwerke erreicht werden könnte:
Zum Einen ist eine einstweilige Verfügung nur statthaft, wenn „wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte“ (§ 935 ZPO
).
Zwar müssen die Stadtwerke eine Teilzahlung nicht akzeptieren (§ 266 BGB
). Spätestens mit der Überweisung eines nicht unerheblichen Teilbetrags haben Sie jedoch mittlerweile grundsätzlich Bereitschaft erklärt, die Schuld zu begleichen. Nehmen Sie also unbedingt den Überweisungsbeleg zur Verhandlung mit.
Allerdings kann die Klage nicht schon insgesamt als mutwillig bezeichnet werden, denn zum Zeitpunkt des Antrags hatten Sie sich ja darauf berufen, nicht mehr Vertragspartner der Stadtwerke zu sein, was aber nicht den rechtlichen Gegebenheiten entspricht. Insofern kommt es Ihnen nicht zugute, dass Sie durch das andere Versorgungsunternehmen falsch informiert waren, dies können Sie den Stadtwerken kaum entgegenhalten.
Zum Anderen können Sie sich aber auf § 33 Abs. 2 Satz der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) berufen:
(Abs.2)
„Bei anderen Zuwiderhandlungen, insbesondere bei Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung, ist das Gasversorgungsunternehmen berechtigt, die Versorgung zwei Wochen nach Androhung einzustellen. Dies gilt nicht, wenn der Kunde darlegt, dass die Folgen der Einstellung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen, und hinreichende Aussicht besteht, dass der Kunde seinen Verpflichtungen nachkommt. Das Gasversorgungsunternehmen kann mit der Mahnung zugleich die Einstellung der Versorgung androhen.“
(Abs. 3)
„Das Gasversorgungsunternehmen hat die Versorgung unverzüglich wieder aufzunehmen,
sobald die Gründe für ihre Einstellung entfallen sind und der Kunde die Kosten der Einstellung und Wiederaufnahme der Versorgung ersetzt hat. Die Kosten können pauschal
berechnet werden.“
Insofern können Sie auf die geleisteten Zahlungen und Ihr schriftliches Ratenzahlungsangebot verweisen und sollten außerdem die negativen Folgen einer Gassperre für Sie und Ihre Familie in dieser Jahreszeit ausführlich darlegen. Denn wie der oben genannten Vorschrift zu entnehmen ist, muss eine Interessenabwägung zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Kunden vorgenommen werden.
Dagegen können Sie in dem Rechtsstreit gegen die Stadtwerke meines Erachtens nicht so argumentieren, dass es zu dem Zahlungsrückstand nur aufgrund eines Verschuldens des anderen Versorgungsunternehmens gekommen ist (siehe oben). Gegebenenfalls müssten Sie dieses Unternehmen wegen Vertragsverletzung in Regress nehmen, falls es hier doch zu einer einstweiligen Verfügung kommt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein paar nützliche Hinweise für die anstehende Verhandlung geben und wünsche viel Erfolg. Zunächst haben Sie aber noch die Möglichkeit einer Nachfrage, falls für Sie noch Etwas unklar oder offen geblieben ist.
Die hier zitierten Vorschriften können Sie unter folgenden Links finden:
http://bundesrecht.juris.de/zpo/index.html
http://bundesrecht.juris.de/bgb/index.html
http://www.stadtwerke-heidenheim.de/download/AVB_GasV.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Vielen Dank für Ihre ANtwort es wäre nett wenn Sie mir den § 935 ZPO vielleicht kurz in "bürgerlichen" Deutsch verständlich machen würden . Was dieser § bedeutet vielleicht anhand eines Beispiels vielen Dank
Sehr geehrter Ratsuchender,
der § 935 ZPO
hat zwei Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen: Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund. Dies bedeutet:
a. die Stadtwerke müssen einen zivilrechtlichen Anspruch haben (Verfügungsanspruch), das wäre hier das Zutrittsrecht nach § 16 AVBGasV in Verbindung mit § 33 Abs. 2 Satz 1 AVBGasV (dem Sie auf der Grundlage von § 33 Abs. 2 Satz 2 AVBGasV entgegentreten sollten, wie bereits angeführt).
b. es muss eine vorläufige Sicherung im Eilverfahren notwendig sein, also eine Gefährdung von Rechten, die bei Abwarten eines Hauptsacheverfahrens nicht abgewendet werden kann. Diese besondere Dringlichkeit (Verfügungsgrund) kann generell z.B. darin liegen, dass der „Streitgegenstand“, also das worum gestritten wird, sonst zerstört, wertgemindert oder veräußert würde oder dies nach entsprechender Glaubhaftmachung zu befürchten ist. In diesem Fall müssen die Stadtwerke glaubhaft machen, dass ohne sofortige Sperre weitere Rückstände auflaufen, die nicht beglichen werden. Deshalb ist von Ihnen glaubhaft zu machen, dass jedenfalls eine Eilbedürftigkeit mittlerweile nicht mehr gegeben ist, aufgrund der jetzt aufgenommenen Zahlungen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt