Jobcenter/Bürgergeld, Aufstocker, 3 Monate keine Hilfsbedürftigkeit? und dann...

18. September 2025 16:46 |
Preis: 60,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Guten Tag.
Folgender Fall:
Ich bin 63 Jahre alt und Arbeite in Teilzeit 15 Std. die Woche in einem sehr großen Unternehmen.
Ich verdiene dort ca. 1060€ (+/- 60€) monatlich netto. Ich erhalte aufstockende Leistungen vom Jobcenter und darf von meinem Arbeitslohn ca. 348€ als Freibetrag monatlich behalten. Mein Gesamtbedarf mit Miete etc. sind laut Jobcenter 1113 € zuzüglich 348€ Freibetrag vom Arbeitslohn.
Der Bewilligungszeitraum ist immer 6 Monate und vorläufig, da ich schwankenden Lohn, wie oben beschrieben, habe. Der jetzige Bewilligungszeitraum geht vom 01.08.2025 bis 31.01.2026.

Nun hat mein Arbeitgeber mich gefragt, ob ich von Oktober bis einschließlich Dezember, begrenzt wegen Weihnachtszeit, meine Wochenarbeitszeit (WAZ) von vertraglichen 15 Std. die Woche auf befristete 30 Std. erhöhen will. Hierfür unterschreibe ich dann alle 14 Tage eine sogenannte "HochWAZung". Das bedeutet ich verdiene dann Netto für die nächsten 3 Monate ca. 1650€ netto monatlich.

Nun die Frage(n):

1. Ich habe gelesen, dass das Jobcenter den vorläufigen Bewilligungsbescheid aufhebt, da ich für mindestens 3 Monate nicht mehr Hilfsbedürftig bin und damit aus dem Bürgergeldbezug raus bin. (Gilt das auch für befristete Arbeitszeithochsetzung, oder ist das alles falsch?).

2. Müsste ich dann für Januar einen Neuantrag Stellen? obwohl bereits bis 31.01.2026 vorläufig bewilligt ist?

3. Würde das Jobcenter den vielleicht zu stellenden Neuntrag ablehnen/darf es den Antrag ablehnen, weil ich vorrangige Leistungen, in meinem Fall Wohngeld, beantragen müsste?

Das habe ich mir schon ausgerechnet. Wohngeld würde ich bei einem Nettoverdienst von 1060€ ca. 90€ bekommen. Damit wäre ich knapp aus der Hilfsbedürftigkeit, raus (1060 + 90 = 1150€. Laut Jobcenter ist mein Bedarf aber nur 1113€). Ich hätte also die 348€ Selbstbehalt vom Lohn nicht mehr. Denn benötige ich aber für Auto (komme sonst nicht zur Arbeit), Fahrtkosten, Reparaturen und Arbeitskleidung etc.

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antworten.

18. September 2025 | 17:41

Antwort

von


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Gerne zu Ihren Fragen:

1) „Drei Monate nicht hilfebedürftig – hebt das Jobcenter den vorläufigen Bewilligungsbescheid auf?"

Ja, für diese drei Monate entfällt der Anspruch (Monatsprinzip/Zufluss).

Aber: Das Jobcenter muss den gesamten Bewilligungsabschnitt nicht vollständig aufheben. Es kann die Monate innerhalb des laufenden Abschnitts auf 0 € setzen und später endgültig festsetzen. Bitten Sie ausdrücklich um diese monatsweise Anpassung, da Ihre Einkommenssteigerung befristet ist.


2) „Neuantrag im Januar, obwohl bis 31.01.2026 vorläufig bewilligt ist?"

Nur wenn das Jobcenter den Bewilligungsbescheid ab Oktober insgesamt aufhebt, brauchen Sie für Januar einen neuen Antrag.

Wenn der Abschnitt fortbesteht (mit 0-Euro-Monaten), genügt Mitteilung + Lohnabrechnung, damit ab Januar wieder gezahlt werden kann (abschließende Festsetzung folgt).

3) „Darf das Jobcenter einen (Neu-)Antrag ablehnen, weil zuerst Wohngeld zu beantragen ist?"

Ja, wenn mit Wohngeld keine Hilfebedürftigkeit mehr bestünde, kann das Jobcenter auf Wohngeld verweisen und Bürgergeld ablehnen; parallel gibt es kein Bürgergeld. Dabei ist Ermessen auszuüben (BA-Weisungen der
Bundesagentur für Arbeit)

Ihre überschlägige Rechnung (1.060 € netto + ~90 € Wohngeld ≈ 1.150 €) würde Ihren Bedarf von 1.113 € wohl decken, mithin dann kein Bürgergeld. Prüfen Sie die Wohngeldhöhe sorgfältig (abhängig u. a. von Mietstufe/Bruttokaltmiete/Haushaltsgröße).

Was Sie vorsorglich jetzt tun sollten:

- Jetzt schriftlich mitteilen, dass Sie Okt–Dez befristet 30 Std./Woche arbeiten, und um monatsweise Anpassung (Zahlbetrag 0 € in Okt–Dez) innerhalb des laufenden Abschnitts bitten; keine vollständige Aufhebung ab Oktober. Begründung: Befristete Mehrarbeit.

- Lohnabrechnungen monatlich einreichen (Okt–Dez sowie Jan), damit die endgültige Festsetzung korrekt erfolgt.

- Januar 2026: Falls der Abschnitt doch aufgehoben wurde, unverzüglich im Januar Neuantrag stellen (wirkt ab Monatsanfang der Antragstellung).

- Wohngeld: Lassen Sie eine Proberechnung machen; wenn Wohngeld die Hilfebedürftigkeit beseitigt, müssen Sie es vorrangig nutzen (kein Parallelbezug).

- Weihnachts-/Jahresend-Zulagen beachten: Sie wirken nur im Zuflussmonat (ggf. Null-Monat im Dezember, ab Januar wieder Anspruch).


Dies ist eine allgemeine sozialrechtliche Einschätzung nach Ihrer Sachverhaltsschilderung und der aktuellen Verwaltungspraxis bzw. Rechtsprechung; keine individuelle Rechtsberatung im Einzelfall. Keine Prüfung von Tarif-/Arbeitsvertrag, Lohnsteuer-/SV-Abzügen, Betriebsvereinbarungen oder sonstigen Individualunterlagen. Zahlenbeispiele sind vereinfachte Prognosen; die tatsächliche Höhe hängt u. a. von Bruttoeinkommen, absetzbaren Beträgen, Unterkunftskosten, einmaligen Zahlungen und Haushaltskonstellation ab. Ich denke dennoch, Ihre Fragen hilfreich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Bedarf fragen Sie nach.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

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