Startup-Idee für nachbarschaftliche Fahrdienste mit Gewinnabsicht (PBefG)

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich arbeite an einem Startup, das eine App für nachbarschaftliche Fahrten entwickeln soll. Über die App können ältere oder weniger mobile Menschen Fahrten anfragen (z. B. Arztbesuch, Einkaufen). Private Helfer aus der Umgebung übernehmen diese Fahrten mit ihrem eigenen Auto.

Die Helfer erhalten für jede Fahrt eine Entlohnung von ca. 10–20 Euro. Ziel ist ausdrücklich, dass die Helfer sich damit etwas dazuverdienen können. Mein Geschäftsmodell sieht vor, dass das Startup von jeder Fahrt einen prozentualen Anteil einbehält, sodass auch die Plattform selbst auf Gewinnoptimierung ausgelegt ist.

Nach meiner Einschätzung fällt dieses Modell unter das Personenbeförderungsgesetz. Damit wäre eine Umsetzung in geplanter Form nicht möglich, da jeder einzelne Fahrer einen Personenbeförderungsschein und eine Genehmigung benötigen würde und auch das Startup selbst eine Lizenz bräuchte.

Meine Frage: Gibt es rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten oder Umwege, die es dennoch erlauben würden, dieses Geschäftsmodell wie geplant umzusetzen, ohne dass jeder Helfer zum lizensierten Taxi- oder Mietwagenunternehmer werden muss?

Vielen Dank vorab für Ihre Einschätzung.

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Das von Ihnen geplante Modell bewegt sich eindeutig im Anwendungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes, weil es sich nicht um reine Kostenerstattung im privaten Umfeld handelt, sondern um eine gewerbsmäßige Personenbeförderung gegen Entgelt. Entscheidend ist, dass die Helfer eine Vergütung erhalten, die über eine bloße Kostendeckung hinausgeht, und dass auch die Plattform gewinnorientiert arbeitet. Damit greift das volle Regime des Personenbeförderungsrechts. Das bedeutet grundsätzlich: Genehmigungspflicht für jedes Fahrzeug und jede Fahrerin oder jeden Fahrer, Personenbeförderungsschein, entsprechende Versicherung sowie eine Betriebserlaubnis für das Unternehmen.

Ein „Umweg" über Nachbarschaftshilfe, Ehrenamt oder bloße Fahrtkostenerstattung würde rechtlich nur tragen, wenn die Zahlungen tatsächlich nachweisbar auf die reinen Kosten (Benzin, Abnutzung, Parkgebühren) beschränkt wären und keine Gewinnerzielung durch die Fahrer stattfindet. Schon eine Pauschale von 10–20 Euro je Fahrt überschreitet diesen Rahmen regelmäßig. Sobald Fahrer damit ein Zusatzeinkommen erzielen, liegt keine reine Mitnahme im Sinne von Fahrgemeinschaften mehr vor, sondern ein Beförderungsgewerbe.

Eine Gestaltungsmöglichkeit besteht darin, die Fahrer formal als Partnerunternehmen zu führen, die über eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügen, ähnlich wie es bei großen Plattformen im Ride-Hailing-Markt gehandhabt wird. Diese Genehmigungen sind zwar aufwendig und kostenintensiv, aber sie sind der einzige rechtssichere Weg, wenn der Geschäftsansatz entgeltliche Beförderung als Dienstleistung vorsieht. Ohne diese Genehmigungen drohen Bußgelder, Untersagungsverfügungen und erhebliche Haftungsrisiken im Schadensfall.

Alternativ könnte das Modell in Richtung „Fahrtenvermittlung im Ehrenamt" entwickelt werden, etwa in Kooperation mit Wohlfahrtsverbänden oder Kommunen, bei dem Helfer eine Aufwandsentschädigung erhalten, die klar unterhalb gewerblicher Vergütung bleibt und rechtlich nicht als Entgelt eingestuft wird. Das würde jedoch bedeuten, dass die Plattform selbst nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sein dürfte, sondern eher gemeinnützig.

Eine Umsetzung mit entgeltlichen Fahrten, die über reine Kostendeckung hinausgehen, ist ohne die Einhaltung des Personenbeförderungsgesetzes nicht möglich. Eine tragfähige Lösung ist entweder die volle Einbindung in das Genehmigungssystem oder ein deutlich verändertes Modell auf Basis von Ehrenamt und Kostenerstattung.

Ich hoffe das hilft für die erste Einschätzung, viele Grüße und einen tollen Tag!


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