Gerne zu Ihrem Fall der steuerliche Behandlung Ihrer gemischt genutzten Immobilie.
1) Nutzung von Studio, Flur/Diele und WC
Bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Räumen ist entscheidend, ob diese nahezu (BFH-Rechtsprechung: mind. 90 %) ausschließlich betrieblich genutzt werden. In Ihrem Fall ist das Studio eindeutig ein rein betrieblicher Raum, der somit vollständig als Betriebsvermögen gilt und in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) berücksichtigt werden kann.
Flur/Diele und WC hingegen werden auch privat genutzt (z. B. für den Zugang zum Garten, für die Familie oder Gäste). Hier agieren die FA nach meiner Erfahrung zunehmend restriktiver. Selbst wenn die Diele baulich abgetrennt ist, reicht eine teilweise betriebliche Nutzung nicht aus, um diese Flächen steuerlich vollständig geltend zu machen. In der Praxis akzeptieren die Finanzämter hier meist keinen oder höchstens einen eher geringen anteiligen Ansatz, sofern nicht klar eine nahezu ausschließliche betriebliche Nutzung nachgewiesen werden kann.
2) Behandlung der Modernisierungs- und Renovierungskosten
Wenn Sie ein Gebäude erwerben und innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung mehr als 15 % der Anschaffungskosten (ohne Grundstück) in Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen investieren, gelten diese Kosten als anschaffungsnahe Herstellungskosten.
Diese müssen zusammen mit dem Kaufpreis aktiviert und über die Abschreibung (AfA) verteilt werden.
Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen umfassenden Modernisierungsmaßnahmen am gesamten Gebäude und kleineren, eindeutig dem betrieblichen Bereich zuzuordnenden Arbeiten. Kosten für das Gesamtgebäude (z. B. Elektroinstallation, Heizung, Fassade) sind in der Regel nicht sofort in voller Höhe abziehbar, sondern müssen aktiviert und über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden.
Elektroinstallation, Heizungsaustausch, Fassadenanstrich (gesamt):
Diese zählen regelmäßig zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten, wenn die 15 %-Grenze überschritten wird.
Folge: Sie müssen aktiviert und über die Restnutzungsdauer abgeschrieben werden
Nur Maßnahmen, die ausschließlich das Studio betreffen (z. B. Wasserleitungen, Malerarbeiten direkt im Studio), können als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Kleinere Renovierungen, die direkt dem Studio zuzuordnen sind (z. B. neue Wasserleitungen nur im Studio), können sofort als Betriebsausgaben berücksichtigt werden, sofern sie ausschließlich das betriebliche Vermögen betreffen. In diesem Fall ist es wichtig, dass die Aufwendungen klar und sauber dokumentiert sind (z. B. durch gesonderte Rechnungen).
Für den privaten Teil erfolgt keine sofortige steuerliche Berücksichtigung, sondern nur über die Gebäude-AfA.
Die Unterscheidung zwischen Material- und Lohnkosten betrifft übrigens nur die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im Privatbereich, nicht die Betriebsausgaben im Rahmen einer EÜR.
Für sämtliche Maßnahmen ist eine klare Aufteilung in einen betrieblichen und einen privaten Anteil erforderlich. Diese Aufteilung erfolgt üblicherweise nach dem Verhältnis der Fläche des Studios zur Gesamtfläche des Gebäudes.
Praktisches Vorgehen
Alle Rechnungen sollten möglichst einzeln und nachvollziehbar dokumentiert werden.
Bei gemischten Maßnahmen ist eine genaue prozentuale Aufteilung vorzunehmen, um spätere Nachfragen des Finanzamts zu vermeiden.
Die betriebliche Nutzung sollte nach Möglichkeit zusätzlich durch Fotos oder eine Nutzungsbeschreibung belegt werden.
Ich hoffe, Ihre Frage hilfreich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Diese Einschätzung basiert auf den von Ihnen mitgeteilten Informationen und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung. Ohne detaillierte Grundrisse, exakte Flächenberechnungen und vollständige Unterlagen ist eine verbindliche Beurteilung nicht möglich. Für eine rechtssichere Einordnung und Umsetzung empfehle ich die Konsultation eines Steuerberaters vor Ort. Nutzen Sie ggf. die Nachfrageoption.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
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E-Mail:
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Danke für die ausführliche Antwort. Eine kurze Rückfrage:
Abgeschrieben werden darf nur das Gebäude, nicht das Grundstück. Wie gehe ich bzgl. der Aufteilung des Kaufpreises am Besten vor?
Kann ich einfach die Arbeitshilfe des BMF nutzen (https://www.bundesfinanzministerium.de/Datenportal/Daten/frei-nutzbare-produkte/Anwendungen/Kaufpreisaufteilung-Grundstuecke/Kaufpreisaufteilung-Grundstuecke-Arbeitshilfe-Berechnung.html) bzw. genügt dem FA das als "Nachweis" üblicherweise, oder muss ggf. sogar ein Gutachter damit beauftragt werden?
Gerne zu Ihrer Nachfrage:
das Thema Aufteilung Kaufpreis in Gebäude und Grundstück ist entscheidend, da tatsächlich nur der Gebäudewert abgeschrieben werden darf, nicht der Grundstücksanteil. Denn das Grundstück ist nicht abnutzbar, es unterliegt also keiner Abschreibung. Nur der Gebäudeteil (und ggf. separat aktivierte Nebenkosten) darf über die Jahre abgeschrieben werden.
Leider lag mir ein Grundriss des Objekts nicht vor. Deshalb folgendes generell:
Der Kaufpreis muss nach den anteiligen Verkehrswerten von Gebäude und Grund & Boden aufgeteilt werden.
Verkehrswert Grundstück: Preis, den ein unbebautes Grundstück an diesem Standort erzielen würde.
Verkehrswert Gebäude: Wert des Hauses selbst (unter Berücksichtigung Alter, Bauzustand, Nutzung).
Sie sprechen die BMF-Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung an. Diese ist tatsächlich das gängige und anerkannte Hilfsmittel, das das Finanzamt meistens akzeptiert.
Vorteile: Kostenlos online verfügbar.
Transparent (rechenlogisch nachvollziehbar).
Von der Finanzverwaltung ausdrücklich empfohlen.
Der Ablauf wäre etwa so:
Es öffnet sich eine bearbeitbare Excel-Anwendung
Sie geben Lage, Grundstücksgröße, Bodenrichtwert, Gebäudeart, Baujahr und Wohn-/Nutzfläche ein. Das Tool berechnet einen Verteilungsschlüssel (prozentualer Anteil Grundstück/Gebäude) I
In den allermeisten Fällen genügt das dem FA. Denn die Finanzämter akzeptieren die Arbeitshilfe grundsätzlich, da sie auf deren eigenen Vorgaben basiert. Ich werde hier keine Werbung machen. Nach meiner persönlichen Erfahrung kann aber auch ein Abo z.B. bei der jährlich aktualisierten "WisoSteuer-App" hilfreich sein, die das Online im Interviewmodus macht (wobei es aber auch andere Anbieter gibt)
Nur wenn der ermittelte Wert erheblich vom regional üblichen Verkehrswert abweicht, kann das Finanzamt Nachweise verlangen. Oder es bestehen besondere Umstände, etwa:
- Sehr großes Grundstück mit atypischer Bebauung.
- Gebäude in besonders schlechtem oder besonders hochwertigem Zustand.
-Streit mit dem Finanzamt (z. B. wenn das FA einen viel höheren Grundstücksanteil ansetzen will, um die Abschreibung zu verringern).
In solchen Ausnahmefällen kann ein Gutachten sinnvoll sein.
Ihnen gutes Gelingen und beruflichen Erfolg im neuen Objekt wünscht,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt