StGB 77b im Zusammenhang mit wiederholten Vorwürfen (üble Nachrede).

24. Oktober 2023 10:34 |
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Strafrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich wurde 2020 Opfer übler Nachrede. Das lässt sich sehr gut belegen. Ich habe damals von einer Anzeige abgesehen. Ende 2022 wurde ich erneut Opfer übler Nachrede, durch die selbe Person und denselben Vorwürfen. Doch der Personenkreis, denen die Vorwürfe mitgeteilt wurden, ist nachweislich ein anderer. Es gibt sogar Nachweise, dass der zweite Personenkreis frühestens im April 2022 von den Vorwürfen erfahren hat. Folglich muss die üble Nachrede mindestens zwei Mal stattgefunden haben und dazwischen müssen fast 2 Jahre vergangen sein. Zudem ist davon auszugehen, dass es bis heute es regelmäßig zu weiteren Handlungen gegen mich kommt.

Dieses Mal habe ich rechtzeitig Anzeige erstattet, doch diese wurde mit Verweis auf StGB 77b eingestellt. Die SA begründet es damit, dass selbst wenn die Vorwürfe wiederholt wurde, die Frist in 2020 endete.

Ich kann das nicht nachvollziehen! Denn das beutet doch dann, dass der Täter nun auf Lebzeiten weitermachen kann. Das wäre doch eine Straffreiheit die nicht mit Art 1 GG vereinbar wäre. Für mich ist die Tat der üblen Nachrede mit dem Ende des Gesprächs vollendet und beendet. Ein zeitlich, räumlich unabhängiges, neues Gespräch, dazu noch mit einem neuem Personenkreis stellt für mich eine unabhängige Tat dar, für die §77B StGB gesondert anzuwenden ist.

Wie kann ich mich nun gegen diese Einstellung wehren? Wie Begründe ich das?

24. Oktober 2023 | 11:35

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

ich möchte diese anhand des geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes im Rahmen dieser Erstberatung wie folgt beantworten:

Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass diese Plattform dafür angedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Die Leistungen im Rahmen einer persönlichen anwaltlichen Beratung bzw. Vertretung können und sollen an dieser Stelle nicht ersetzt werden. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Tatsachen kann die Beurteilung Ihres Anliegens völlig anders ausfallen.

Zunächst einmal ist es in Ihrer Angelegenheit wichtig zu verstehen, dass die üble Nachrede gemäß § 186 StGB ein Antragsdelikt ist, das heißt, es wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt.

Gemäß § 77b StGB muss dieser Antrag innerhalb von drei Monaten gestellt werden, nachdem der Verletzte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt hat.

In Ihrem Fall scheint es so, als ob die Staatsanwaltschaft der Ansicht ist, dass die Frist für die Anzeige bereits abgelaufen ist.

Sie argumentieren jedoch, dass es sich bei der zweiten Tat um eine eigenständige Tat handelt, für die eine neue Frist gelten sollte.

Nach Ihren Schilderung kann davon ausgegangen werden, dass die Tat aus dem Jahr 2022 einen "wesentlich anderen Charakter hat, als bisher angenommen (als die Tat aus dem Jahr 2020), so dass die Frist (für die Tat aus dem Jahr 2022) erst mit dieser Kenntnis beginnt" (Fischer § 77b StGB Rn. 4). Die Tatsache, dass die Behauptungen gegenüber einem anderen Personenkreis erfolgten, müssten hierfür eigentlich ausreichend sein.

Sollte die StA dies jedoch anders sehen und von einer einheitlichen Tat ausgehen, so ist - wie Sie richtig vermutet haben - die Kenntnis der letzten Handlungsteils maßgeblich (somit die letzte Handlung gegenüber dem neuen Personenkreis). Eine Einstellung mit dem Verweis auf § 77b StGB scheint meines Erachtens somit fehlerhaft.

Um gegen die Einstellung des Verfahrens vorzugehen, können Sie Beschwerde nach § 172 StPO einlegen. Bitte beachten Sie, dass eine solche Beschwerde innerhalb einer zweiwöchigen Frist nach Bekanntmachung der Einstellung erfolgen muss.

In Ihrer Beschwerde sollten Sie Ihre Argumente darlegen und erklären, warum Sie der Meinung sind, dass es sich bei der zweiten Tat um eine eigenständige Tat mit wesentlich anderem Charakter handelt. Es könnte hilfreich sein, wenn Sie dabei auf die unterschiedlichen Personenkreise hinweisen, denen die üble Nachrede jeweils mitgeteilt wurde, und auf den zeitlichen Abstand zwischen den beiden Taten.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin
Jana Jürgen LL.M.


Rechtsanwältin Jana Jürgen, LL.M.

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