Stornierung Vertrag Lieferung und Leistung

27. Mai 2022 09:08 |
Preis: 75,00 € |

Vertragsrecht


Guten Tag,
Ich habe am 15.01.22 habe ich einen Vertrag über die Folierung meines Bootes geschlossen, also Lieferung der Folie inkl. Anbringen. Gesamtauftrag inkl. Fremdleistung (Kranen) beträgt 2057,87 inkl. 142,80 für Kranen. Ich habe bereits wie vereinbart 25% angezahlt und müsste jetzt noch 50% anzahlen, also insgesamt 75% Vorkasse. Die Ausführung war vereinbart für Mai, ich habe um Verschiebung auf Juni gebeten und später rann auf Ende September.
Nun habe ich zwischenzeitlich mein Boot verkauft und der Firma mitgeteilt, das ich den Auftrag wegen dem Verkauf des Bootes storniere und meine 25% Anzahlung zurück erhalten möchte.
Die Firma bestätigt mir zwar mein Storno, gibt aber an, dass geschlossene Verträge bindend sind und ich keinen ausreichenden Grund für reinen Widerruf habe. Sie teilen mir mit, dass ich eine Stornogebühr von 10% der Auftragssumme abzgl. Fremdleistung, also 191,51 zu tragen habe und man mir diese bei der Rückerstattung der Anzahlung verrechnet. So ist dann dann auch erfolgt, statt 514,47 wurden mir 322,96 zurück erstattet.
Ich habe bei dem Angebot lediglich einen Link zu deren AGB erhalten, folgt man diesem, steht dort was von diesen 10%. Aber nach Angebotsannahme erhielt ich nur eine Auftragsbestätigung mit Angabe der auszuführenden Folierung ohne Ubermittlung von AGB oder Widerrufsbelehrung.
Alles lief per E-Mail.
Frage: Konnte ich überhaupt stornieren? Ist dies ein Widerruf? Sind die Stornogebühren gerechtfertigt?
Vielen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Jeanette H.

Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Damit ich Ihren Fall abschließend einschätzen kann, bitte ich Sie ergänzend um Mitteilung, ob sie den Vertrag als Verbraucherin oder Unternehmerin abgeschlossen haben. Sie können mir diese Information gern per E-Mail übersenden, damit Ihnen die Rückfragefunktion auf dem Portal erhalten bleibt.

Mit freundlichen Grüßen

- Rechtsanwalt -

Ergänzung vom Anwalt 27. Mai 2022 | 14:51

Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

vielen Dank für Ihren Nachtrag.

Wenn als Verbraucherin mit einem Unternehmer per E-Mail einen Vertrag abschließen, so haben Sie grundsätzlich ein Widerrufsrecht. Dieses Widerrufsrecht können Sie innerhalb von 14 Tagen, nachdem der Unternehmer Sie über Ihr Widerrufsrecht belehrt hat, ausüben. Ist die Belehrung ausgeblieben, so verlängert sich die Frist um ein Jahr.

Für die Ausübung des Widerrufsrechts müssen Sie keine Gründe angeben. Das Vertragsverhältnis wird infolge der Ausübung des Widerrufsrechts rückabgewickelt. Sie schulden nur Wertersatz für bis dahin erbrachte Leistungen, darüber hinaus nichts. Anderweitige Vereinbarungen in den AGB des Unternehmers sind unwirksam.

Das Widerrufsrecht besteht ausnahmsweise nicht in den in § 312g Abs. 2 BGB genannten Fällen. Mit Blick auf Ihre Sachverhaltsdarstellung kommt insbesondere der Ausnahmetatbestand des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB in Betracht. Danach gilt, dass kein Widerrufsrecht besteht beim Verträgen

"zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind (...)"

Wenn der Unternehme infolge Ihrer Bestellung die Folie besonders angefertigt oder zugeschnitten hat, so besteht kein Widerrufsrecht. In diesem Falle würden die vertraglichen Regeln gelten, wonach Sie dem Unternehmer eine Stornogebühr schulden.

Meine Empfehlung ist es, dass Sie sich in jedem Falle auf die fehlende Widerrufsbelehrung stützen und mit Blick darauf den ausdrücklichen Widerruf des Vertrages erklären. Sie sollten den Unternehmer nicht auf die Ausnahme des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB lenken, denn diese Einrede müsste er selbst erheben. Erhebt er diese, sollten Sie diese auf Stichhaltigkeit überprüfen und den Unternehmer dazu um Nachweis der Maßanfertigung bitten. Wenn er diesen Beweis erbringen kann, sollten Sie die Stornierungsgebühr zahlen bzw. bei ihm belassen, andernfalls können Sie Ihre Anzahlung vollständig zurückfordern.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Auskunft behilflich sein und stehe Ihnen bei Rückfragen selbstverständlich gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

- Rechtsanwalt -

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