Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Für die Wegnahme sowie den Einbehalt des Fahrscheins sehe ich keine Rechtsgrundlage. Der Fahrschein dürfte im Eigentum Ihres Sohnes stehen und kann deswegen wieder herausverlangt werden. Wenn Ihrem Sohn der Fahrschein unter Drohung/Zwang/Gewaltanwendung weggenommen wurde, ist dies möglicherweise sogar strafrechtlich relevant.
Von erhöhtem Interesse dürfte in Ihrem Fall zudem sein, dass Minderjährige nach der überwiegenden Rechtsprechung zur Zahlung eines sogenannten erhöhten Beförderungsentgelts nicht verpflichtet sind, da Minderjährige nicht eigenständig wirksam Verträge eingehen und somit auch den Beförderungsbedingungen nicht zustimmen können, aus denen sich die Verpflichtung zur Zahlung eines erhöhten Beförderungsentgelts ergibt.
Ich würde Ihnen daher anraten, die Zahlung der geforderten € 60,00 zu verweigern und den Fahrschein herauszufordern. Sollte das Beförderungsunternehmen Sie weiter zur Zahlung auffordern bzw. den Fahrschein nicht herausgeben, können Sie sich gern nochmals über mein Büro bei mir melden (Kontakdaten nebenstehend), ich helfe Ihnen dann gerne weiter.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort behilflich sein.
Mit freundlichen Grüßen
M. Shoja (Rechtsanwältin)
Falls wir die Zahlung verweigern kann das Unternehmen uns anzeigen?
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
vielen Dank für Ihre Rückfrage.
Der Straftatbestand der Erschleichung von Leistungen § 265a StGB
steht bei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ohne entsprechenden Fahrschein im Raume, jedoch nur, wenn dies absichtlich geschieht. Wenn Ihr Sohn es lediglich vergessen hat, den Fahrschein abzustempeln, dann ist sein Verhalten strafrechtlich nicht relevant.
Jeder hat zu jedem Zeitpunkt das Recht, eine Strafanzeige zu erstatten, wenn er meint, dass eine Straftat vorliegt - hieran ändert die Zahlung/Nichtzahlung eines erhöhten Beförderungsentgelts nichts. In dem Fall Ihres Sohnes wird das Verfahren - wenn Strafanzeige erstattet werden sollte - jedoch bereits mangels Tatverdachts eingestellt werden müssen, da keine Straftat vorliegt. Ohnehin wird im Falle der sogenannten "Erschleichung von Leistung" das Strafverfahren bei Ersttätern in aller Regel eingestellt. Lediglich bei notorischen "Schwarzfahrern" wird die Tat zur Anklage gebracht.
Mit freundlichen Grüßen
M. Shoja (Rechtsanwältin)